Vorübergehend tot
wieder.“ Mittlerweile protestierte Andy nicht mehr, sondern ließ sich einfach schwer auf das Bett fallen, während ich den Raum verließ und die Tür hinter mir zuzog.
Der Hund war mir gefolgt, während ich Andy zu Bett brachte, und nun sagte ich zu ihm, in einem ganz anderen Ton als dem, in dem ich vorher mit dem Detective gesprochen hatte: „Du ziehst dich jetzt auf der Stelle an!“
Andy steckte den Kopf aus der Schlafzimmertür. „Sookie, mit wem redest du da?“
„Mit dem Hund,“ sagte ich. „Er bringt mir jeden Morgen sein Halsband, und ich lege es ihm dann an.“
„Warum nimmst du es überhaupt ab?“
„Das Metall daran klingelt. Davon werde ich in der Nacht wach. Geh zu Bett!“
„Schön.“ Andy wirkte ganz so, als hätte ihn meine Erklärung zufriedengestellt und schloß seine Tür wieder.
Ich kramte Jasons Kleider aus dem Wandschrank im Flur, legte sie vor den Hund auf das Sofa und drehte mich so, daß ich dem Tier den Rücken zukehrte. Aber dann mußte ich feststellen, daß ich alles im Spiegel über dem Kaminsims mit ansehen konnte.
Die Luft, die den Collie umgab, wurde neblig und schien zuerst vor Energie zu summen und zu vibrieren. Dann veränderte sich die Gestalt im Mittelpunkt dieser elektrischen Konzentration, und als der Dunst sich letztlich auflöste, tauchte Sam auf, der splitterfasernackt auf dem Boden kniete. Ach du meine Güte: was für ein knackiger Po! Ich mußte mich wirklich zwingen, da nicht hinzusehen, sondern mir standhaft zu versichern, daß ich Bill gar nicht untreu geworden war, auch nicht in Gedanken. Bill, so versicherte ich mir streng, hatte einen ebenso schönen und knackigen Po!
„Ich bin fertig“, verkündete Sam dann, und zwar so dicht hinter mir, daß ich vor Schreck einen kleinen Satz machte. Rasch stand ich auf und drehte mich um, wonach sich mein Gesicht ganze zehn Zentimeter von dem seinen entfernt befand.
„Sookie“, murmelte er hoffnungsvoll, und seine Hand landete auf meiner Schulter, um diese zu streicheln und zu liebkosen.
Ich war sehr wütend, denn eine Hälfte von mir hätte nur zu gern auf diese Liebkosung reagiert.
„Hör mal, Kumpel, du hättest dich mir in den letzten paar Jahren jederzeit anvertrauen können. Wir kennen einander immerhin - wie lange, vier Jahre? Oder sogar noch mehr! Und dennoch hast du gewartet, bis Bill Interesse an mir zeigte, obwohl wir uns fast jeden Tag gesehen haben, und hast dann erst ...“ Unfähig, den Satz zu beenden, warf ich verzweifelt beide Hände in die Luft.
Sam zog sich zurück, und das war auch gut so.
„Ich habe nicht gesehen, was direkt vor meiner Nase war, bis die Gefahr bestand, daß es mir jemand wegnahm“, sagte er, und seine Stimme klang ganz leise.
Dazu hatte ich nichts zu sagen. „Es wird Zeit, daß du heimgehst“, teilte ich ihm mit. „Wir sollten dafür sorgen, daß du da hinkommst, ohne daß dich jemand sieht. Das meine ich ernst, Sam.“
Diese ganze Sache war riskant genug, auch ohne daß irgendeine Person mit nichts als Flausen im Kopf - z. B. Rene - Sam in den frühen Morgenstunden in meinem Auto sah, daraus falsche Schlüsse zog und diese dann an Bill weitergab.
Also machten wir uns auf den Weg, Sam kauerte auf dem Rücksitz. Ich bog vorsichtig auf den Angestelltenparkplatz hinter dem Merlottes ein. Da stand ein Pick-up. Schwarz, mit rosa und hellblauen Flammen an beiden Seiten. Jasons Pick-up.
„Oha!“ sagte ich.
„Was ist?“ Sams Stimme klang ein wenig gedämpft; das lag an der Haltung, die einzunehmen ich ihn gezwungen hatte.
„Ich gehe erst mal nachsehen“, sagte ich und fing an, mich zu sorgen. Warum sollte Jason hier parken, auf dem Angestelltenparkplatz? Mir schien außerdem, als befände sich irgendeine Gestalt dort in seinem Wagen.
Ich öffnete meine Wagentür, wobei ich davon ausging, daß das Geräusch die Person im Pick-up auf mich aufmerksam machen würde. Ich wartete, ob sich in Jasons Wagen irgend etwas bewegte. Als das nicht der Fall war, ging ich los. Ganz vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen und schlich langsam über den Kies auf Jasons Wagen zu, verängstigter, als ich es bei Tageslicht je zuvor gewesen war.
Als ich dicht genug beim Wagenfenster stand, konnte ich erkennen, daß es sich bei der Gestalt im Wageninnern um Jason handelte, der hinter dem Steuer zusammengesunken war. Weiterhin konnte ich sehen, daß Jasons Hemd voller Flecken war, daß sein Kinn auf seiner Brust ruhte und seine Hände schlaff zu beiden Seiten seines
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