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Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Titel: Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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und blickte in die rote Glut. Verzweifelt hatte sie gehofft, der Schnee würde ihre Spuren verwischen und vielleicht hatte er das ja auch. Jedenfalls für die anderen der Sippe. Ihn hatte sie ganz vergessen. Im stillen verfluchte sie sich wegen ihrer Nachlässigkeit.
    »Was willst du?« fragte sie barsch.
    »Im Augenblick nur meinen Bauch füllen.« Er holte ein Stück gefrorenes Fleisch aus seinem Beutel, spießte es auf den langen Wurfspeer und hielt ihn über das Feuer.
    »Und dann?«
    Seufzend ließ er sich gegen die Wand fallen und rekelte sich.
    Seine Augen schienen sie zu durchbohren. »Das kommt darauf an.« Nach einer Weile fügte er hinzu:
    »Du jagst also meinem nichtsnutzigen Bruder hinterher?«
    »Ich …« Ein Kloß schnürte ihr die Kehle zu. »Er …« »Er hat eine Spur für dich gelegt, das ist mir nicht entgangen. Ich glaube, auch das alte Einauge hat es bemerkt.«
    Trotz seiner gleichgültigen Stimme trafen sie die Worte wie ein Schlag in den Magen. Ob er recht hatte? Nein, Krähenrufer hätte sie unverzüglich bestraft. Rabenjäger hatte seine eigene Art, die Dinge zu bereinigen, und dieses wohlüberlegte Vorgehen entsprach seinem Naturell, nicht Krähenrufer. »Du bist ein Lügner.«
    Er lachte. »Tatsächlich? Licht ist nicht so furchtbar schwer zu durchschauen, oder findest du? Ich meine, diese drollige Szene oben auf dem Schneewall, als deine Augen sich in die seinen versenkten.
    Also weißt du, nur ein Narr …«
    »Nur ein Narr? Wie kommt es dann, daß du uns durchschaut hast?« fragte sie spöttisch.
    Aus den Augenwinkeln warf er ihr einen Blick zu. Ein kaum sichtbares Lächeln spielte um seine Lippen. »Du willst mir doch nicht erzählen, daß du ihn noch immer liebst? Ich war überzeugt davon, nach Krähenrufers Zärtlichkeiten hättest du ihn dir längst aus dem Kopf geschlagen.«
    »Ich hasse diesen widerlichen alten …«
    »Na, na, wo bleibt denn die Hingabe einer liebenden jungen Frau?«
    »Dieses alte Einauge. Hast du das nicht auch gesagt? O doch So nennst du den mächtigsten Mann unseres Volkes? Soviel Respekt von einem jungen Jäger einem Alteren gegenüber.«
    Er gluckste vor Vergnügen. »Vielleicht verstehen wir beide uns noch ganz prächtig.«
    Sie machte ein mißtrauisches Gesicht. Seine schmeichelnde, freundliche Stimme war trügerisch.
    Rabenjäger hatte was Bestimmtes im Sinn.
    »Natürlich«, fuhr Rabenjäger fort, »hat dich mein dummer Bruder erst gefragt, ob du ihn heiraten willst, als dich dein Vater bereits Krähenrufer gegeben hatte. Ein passender Zeitpunkt, nicht wahr?«
    »Sei nicht so gemein.«
    Er riß überrascht die Augen auf und zeigte mit dem Finger auf sich. Flüsternd sagte er: »Aber ich bin der einzige Freund, der dir geblieben ist.«
    »Freund«, höhnte sie.
    »Bis jetzt habe ich dich noch nicht zu deinem Mann zurückgebracht, oder?« Er beugte sich vor und drehte den Wurfspeer, um die andere Seite des Fleisches zu rösten. In seinen eigenartigen schwarzen Augen tanzten die roten Lichtpunkte des Feuers. »Wundert dich das nicht?«
    »Der Sturm ist zu stark.«
    »Ich habe den Weg schon in weit schlimmeren Stürmen gefunden.«
    Ihr Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. Es schien, als wisse ihr Körper, was ihr Verstand sich zu glauben weigerte. Instinktiv rückte sie so weit wie möglich von ihm ab. »Warum dann?«
    Lässig streckte er sich der Länge nach aus und schlug die langen Beine übereinander. »Ich wollte mit dir reden.«
    »Warum?«
    Kopfschüttelnd lächelte er. »Wir beide hatten bis jetzt noch keine Gelegenheit zu einem Gespräch unter vier Augen.«
    Eine grimmig kalte Sturmbö brach in die Höhle ein. Die Schneeflocken gefroren sofort auf ihren Gesichtern, die Flammen zischten auf. Schützend schlug Tanzende Füchsin die Arme vors Gesicht.
    Rabenjäger klopfte den Schnee von seinen Pelzen und blies sacht in die Glut, um das Feuer erneut anzufachen.
    »Zwingst du mich, mit dir zurückzugehen?« fragte sie und bemühte sich, ihre Stimme gleichmütig klingen zu lassen.
    »Ich habe mich noch nicht entschieden.«
    »Und wann triffst du deine Entscheidung?«
    »Hast du es so eilig?« Er hob die Hände und mimte Erstaunen.
    Dann blickte er sie mit ungewohntem Ernst an. »Ich habe dich übrigens immer bewundert. Weißt du noch, wie dein Vater dich zu Beginn der Langen Finsternis Krähenrufer gegeben hat?«
    »Glaubst du, das könnte ich je vergessen?«
    Er sah hinaus in den tanzenden Schnee. Die Dämmerung senkte sich bereits über das Land.

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