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Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Titel: Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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der Verschmelzung mit dem Großen Einen auf, sobald sie darum kämpfte, die letzte Schwelle zu überschreiten und vollkommen in den grauen Nebel zu sinken.
    Verwirrt und verärgert zugleich, biß sie die Zähne zusammen. Was ist nur mit mir los? Vielleicht hin ich nicht die Retterin, für die mich die anderen halten. Es ist zuviel verlangt von einem Menschen.
    An Singende Steine gewandt sagte sie: »Es tut mir leid. Das hätte ich nicht sagen dürfen.«
    Der alte Mann nickte, eine denkbar knappe Kopfbewegung. »Ich kenne das Gefühl, das dich quält. Du fühlst dich wie ein Kleinkind, das gerade gelernt hat zu stehen und den ersten Schritt nicht machen kann, ohne zu torkeln und hinzufallen.«
    Weiße Esche zupfte am Saum ihres Hirschlederkleides. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob du überhaupt gehen kannst, Alter.
    Singende Steine kniff die Augen zusammen und sah sie an, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Das Große Eine ist überall.« Nacheinander zeigte er auf die Decke, den Boden und die Wände der Höhle.
    »Trotzdem bleibst du blind und siehst es nicht. Du ringst erbittert darum, ein ganzes Leben der Illusion zu überwinden, doch dein Verstand sagt dir, daß dies nicht möglich ist. Solange du auf deine eigene Stimme hörst, wirst du Fehlschläge erleiden.«
    Sie biß sich auf die Unterlippe. Nach kurzem Zögern entgegnete sie: »Ich habe nur dein Wort…
    ansonsten habe ich ein einziges Mal gesehen, wie du inmitten einer Wapitiherde gesessen hast. Dafür gibt es vernünftige Erklärungen. Vielleicht täuschte der Wind den Geruchssinn der Tiere. Oder du hast sie gefüttert, oder was weiß ich.«
    Stilles Wasser ließ sie nicht aus den Augen und nestelte nervös an seinem Bettzeug.
    Die Falten in Singende Steines Gesicht verzogen sich nachdenklich. »Würde es dir helfen, wenn du die Überwindung der Illusion sehen kannst? Die Samen des Zweifels sind in deinem Kopf gesät. Du darfst sie nicht mit weiteren Illusionen nähren, sonst keimen sie und wachsen!«
    »Die Überwindung der Illusion sehen?« fragte Stilles Wasser erstaunt. Die Skepsis in seinem Gesicht war offensichtlich.
    Singende Steine schielte kurz zu Stilles Wasser hinüber, dann sah er Weiße Esche gütig an. »Ich fühle den Kampf deiner Seele. Getrieben von Verzweiflung, erlebst du das Große Eine nie. Verzweiflung ist nur eine Illusion. Ignoriere sie.«
    Sie ballte die Fäuste so fest, daß sich ihre Nägel schmerzhaft in ihre Handflächen gruben. »Sie ignorieren? Angesichts von Tapferer Mann und seinem irregeleiteten Verstand und der von ihm freigesetzten Macht? Du hattest Visionen von der Zukunft, die Tapferer Mann mit seinen Träumen erschaffen will. Du hast gehört, was Stilles Wasser von seinen Visionen erzählt hat. Wir können doch nicht die Tatsache ignorieren, daß Tapferer Mann versucht, die Menschen vom Großen Einen zu trennen? Er träumt den Weg für ein entsetzliches Leben!«
    »Du mußt das ignorieren.« Singende Steine ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Aber du mußt darauf achten, nicht in dieselbe Falle zu stolpern wie ich. Du mußt da weitermachen, wo ich versagt habe. Du mußt das Große Eine träumen und dennoch seiner Verlockung widerstehen. Sonst wirst du wie Singende Steine , ein vom flackernden Licht des Feuers magisch angezogener Nachtfalter, der nicht imstande ist, sich den Flammen zu entziehen.«
    Erneut wallte Zorn in ihr auf. »Du erwartest von mir und ich kann noch nicht einmal die Grenze zum Großen Einen überschreiten , daß mir etwas gelingt, wobei du versagt hast?« Weiße Esche schlug sich mit beiden Händen klatschend auf die Knie. Wütend starrte sie zu den rußverkrusteten Felsen an der Decke hinauf. Entfacht durch eine neue Windbö, stob ein Funkenregen aus der Glut des Feuers.
    Singende Steine nickte. »Versprichst du mir, deine Seele von Zorn und Verzweiflung zu reinigen, wenn ich es dir zeige? Vertraust du mir dann?« »Mir was zeigen?« fragte sie mißtrauisch.
    Singende Steine schloß die Augen und stimmte einen monotonen Singsang an. Er zog sich in sich selbst zurück, wie er es Weiße Esche gelehrt hatte. Mit steifem Rücken saß er vor dem Feuer, sein vollkommen entspanntes Gesicht schien alterslos. Die leise Melodie seines Liedes weckte die Elster.
    Der Vogel lugte von seiner Stange herunter und trippelte unruhig hin und her. Nach einiger Zeit beruhigte er sich, gebannt vom rhythmischen Singsang des Träumers.
    Der Gesang des alten Mannes hob und

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