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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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verwirrt.
    Dunkle Gebilde aus moosüberwachsenem, kahlem Geäst schienen im Nebel zu schwanken. Faulige Stämme und verrottende Äste standen in merkwürdigen Winkeln hoch um sie herum .Weich und schwammig sank der Waldboden unter ihren Füßen ein. Um die Baumwurzeln wuchsen Pilze dicht an dicht. Wie konnte sie jemals einen Weg durch diesen Wald finden, ohne Spuren zu hinterlassen?
    Turmfalke ließ den Zweig los und konzentrierte sich auf einen umgefallenen Baumstamm direkt vor ihr. Der Waldboden war verräterisch geworden - naß, an manchen Stellen vereist. Sie wagte sich nicht auf den Stamm, weil sie fürchtete, dort auszurutschen. Vielleicht würde sie den Fall überstehen und vielleicht würde auch Wolkenmädchen nicht verletzt werden -, aber sie durfte das Risiko nicht eingehen, einen Kratzer auf der Rinde zu hinterlassen. Wie sollte sie bloß um den Baumstamm herumkommen? Ihr Gehirn weigerte sich zu arbeiten. Selbst das einfachste Problem, das sie zu lösen versuchte, hielt sie viel zu lange auf.
    Halbbetäubt schlüpfte sie unter ein Gewirr trockener Äste und kroch hindurch. Trotz ihrer Vorsicht übersah sie einen dürren Zweig. Der schrammte über den verschorften Messerschnitt auf ihrer Stirn und riß ihn wieder auf. Turmfalke schrie vor Schmerzen auf. Warmes Blut rann ihr die Wange hinunter. Wütend schlug sie nach dem Zweig und brach ihn ab. Dann atmete sie tief ein, um sich zu beruhigen. Als sie weiterkroch, verursachte der schwammartige Teppich aus vermodernden Tannennadeln unter ihren Händen und Knien ein schmatzendes Geräusch. Wolkenmädchen wimmerte leise in ihrem Kaninchenfellsack auf Turmfalkes Rücken.
    »Es ist alles in Ordnung, kleine Tochter«, beruhigte Turmfalke sie und blickte zu den in den Himmel ragenden Küsten-Mammutbäumen auf. Wenn die Nebelschwaden für einen Moment wegzogen, konnte sie deren Äste gerade erkennen. »Heute werden wir einen geschützten Platz finden. Und dann werden wir schlafen, das verspreche ich.«
    Wieder traf ihr müder Blick auf einen Stapel trockener Bäume. Kleine Tannen waren durch das Gewirr der Äste gewachsen und hatten einen undurchdringlichen Wall gebildet.
    Turmfalke schlug mit der Faust auf den Waldboden und schluckte die Tränen des Zorns hinunter, die ihr in der Kehle saßen. Sie sehnte sich danach, sich hinzulegen und in den Schlaf zu weinen. Was würde es schon schaden, sich eine Weile auszuruhen? Ja … In ihrem Kopf antwortete eine elende Stimme: »Was würde es schon schaden?«
    Ich könnte ein Loch in diesen weichen Waldboden graben. Untendrunter ist er bestimmt trocken. Ich könnte mich dort zusammenrollen und es warm haben. Warm! Sie. strich sich das feuchte, schwarze Haar aus dem Gesicht. Was würde es schon schaden? Angenehme Gedanken woben sich träumerisch durch ihren trägen Verstand …
    Heftig sprang sie auf die Beine. Ihre Knie zitterten. Das Entsetzen hielt sie grausam in seinem festen Griff. »Wo ist der Pfad, Alter-Mann-Oben? Hilf mir! Wo ist der Pfad?«
    Ein Eichhörnchen keckerte, und Turmfalke hörte ein lautes Knacken. Atemlos drehte sie sich um. Das Eichhörnchen kletterte den Baum hinab, sprang auf den Boden und jagte dem Kiefernzapfen nach, den es hatte fallen lassen. Es versenkte die Zähne hinein und zerrte ihn auf einen umgefallenen Stamm, wo es den Kiefernzapfen nach und nach aufbrach und dabei die Samen fraß.
    Wider Willen mußte Turmfalke lächeln.
    Doch ihr Lächeln erstarb, als sie hinter dem Eichhörnchen eine Bewegung wahrnahm. Ein riesiges Auge starrte sie aus dem Nebel heraus an. Sie blickte genauer hin und entdeckte den fellbedeckten Rüssel eines Mammuts, der sich durch die Zweige hoch über seinem Kopf hindurchwand, um einen Streifen Moos von einem Ast abzureiße n.
    Wie ungewöhnlich, ein Mammut hier im Wald. Mammuts lebten in der grasbewachsenen Ebene.
    »Hallo, Mutter«, flüsterte Turmfalke.
    Das Mammut zerkaute geräuschvoll das Moos und sah Turmfalke aufmerksam an. Dann drehte es sich um und verschwand geräuschlos.
    Turmfalke kroch durch das trockene Geäst zurück und suchte, bis sie die Spur des Mammuts im Schlamm eines Wildwechsels fand.
    Ein breiter Wildwechsel.
    Wie hatte sie ihn verfehlen können? Wäre sie auf dem Hang nur etwas tiefer gegangen …
    Auf dem Pfad vor ihr stand das Mammut, als würde es warten. Turmfalke schüttelte den Kopf, um das Gefühl von Dumpfheit loszuwerden. Ob sie wohl träumte? Das Mammut wirkte durchscheinend und verschwommen. Hatte sie sich wider besseres Wissen

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