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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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auch noch kein Mammut getötet hatte. Niemand außer Melisse. Fast ohne sich dessen bewußt zu werden, hatte er begonnen, mehr Verantwortung auf Berufkraut zu übertragen. Er gab ihm Dinge auf, die er ihm noch vor einem Mond niemals zugetraut hätte, und verließ sich auf ihn, als wäre er ein gereifter Mann.
    Merkwürdig, wie Sonnenjäger Menschen beeinflussen konnte.
    Er betete, daß Sonnenjäger sich seine Worte, er solle aus dem Dorf verschwinden und nie mehr zurückkommen, nicht zu Herzen genommen hatte. Der Gedanke, Sonnenjäger vielleicht nie wiederzusehen, quälte Melisse. Er glaubte an Sonnenjäger und dessen Träume.
    »Ich wünschte, du wärest jetzt bei uns, Sonnenjäger«, flüsterte er klagend. Irgend etwas hastete über Melisses Kopf durch die Zweige und weckte die schlafenden Vögel, die flügelschlagend aufflogen und in ein schrilles Geschrei ausbrachen. Ein von Ast zu Ast springender kleiner schwarzer Schatten hob sich gegen die Sterne ab. Dann schrie das Tierchen plötzlich auf, stürzte und landete nicht weit von Melisse auf dem Boden. Er setzte sich auf. Das Hörnchen wand und krümmte sich und schrie wie vor Schmerz. Melisses und Sumachs Feuer war zu roter Glut herabgebrannt. Es warf nicht genug Licht, um das Tier gut erkennen zu können.
    »Was ist das?« fragte Sumach. Sie drückte die Schlafdecke gegen die Brust und richtete sich auf ihrem spindeldürren Arm auf. Weiches, graues Haar umrahmte ihr Gesicht.
    »Es ist ein Hörnchen. Irgend etwas mit ihm ist nicht in Ordnung.«
    Sumach betrachtete das Tier genau, und ihre Augen weiteten sich. Rauh flüsterte sie: »Es ist etwas oben darauf.«
    »Was meinst du mit darauf?«
    »Ich meine, an dem Hörnchen daran. Schau doch. Sind das nicht Flügel?« Sie zeigte auf das Tier.
    Melisse kniff die Augen so eng zusammen, daß seine Nase ganz faltig wurde, doch noch immer konnte er nichts erkennen. »Ich sehe keine Flügel.«
    »Bitte, steh auf, damit wir wissen, was es ist. Wenn es für ein Hörnchen gefährlich ist, könnte es auch für unsere Kinder gefährlich sein.«
    »Heilige Mutter Ozean!« flüsterte er verärgert. »Wahrscheinlich ist es eine Eule mit ihrem Abendessen, und du willst, daß ich mich jetzt auf sie stürze.«
    »Pst, geh doch jetzt und schau nach!«
    Melisse warf die Decke ab und zwang sich auf seine schmerzenden Knie, doch er hatte erst vier Schritte gemacht, als er schaudernd anhielt. Das Hörnchen lag einen Meter von ihm auf dem Bauch, die Beine in alle Richtungen gestreckt und mit zuckenden Pfoten.
    Am Rücken des Hörnchens hatte sich eine Fledermaus festgeklammert. Sie hatte ihre Flügel um das Hörnchen geschlungen und zwang es so, ruhig zu liegen. Die Fledermaus sah riesig aus. Nur die weiße Kehle und der Kopf des Hörnchens lugten unter ihren nachtdunklen Flügeln hervor. Das Hörnchen stieß leise, mitleiderregende Töne aus. Die Fledermaus hielt die Schulter des Hörnchens zwischen ihren scharfen Zähnen und betrachtete Melisse aus schwarzen, glänzenden Augen.
    Melisse hatte seit seiner Jugend keine solche Fledermaus mehr gesehen. Diese Fledermäuse lebten in den Vorbergen. Auf der Jagd oder bei Kriegszügen war er ihnen früher oft begegnet, aber seit so vielen Jahresumläufen, vielleicht zwanzig oder mehr, hatte er sich an beidem nicht mehr beteiligt, daß er praktisch vergessen hatte, daß es die Fledermäuse überhaupt gab.
    Das Hörnchen fiepte schwach und versuchte noch einmal, sich freizukämpfen, aber die Fledermaus versenkte die Zähne noch tiefer in sein Fleisch und stützte sich mit gespreizten Flügeln auf dem Boden ab, bis das Hörnchen alle Kraft verloren hatte.
    Melisse hockte sich nieder, und die Fledermaus erstarrte. Sie hielt ihre Flügel noch immer weit ausgebreitet, als versuchte sie, mit der Dunkelheit zu verschmelzen. Aber ihre Augen funkelten wild.
    Je länger Melisse in diese schwarzen, glitzernden Augen blickte, desto mehr verschwand der Unterschied zwischen Mensch und Tier. Als ein Raubtier das andere, schienen die Augen des Tieres zu sagen, bitte ich dich, mir mein Hörnchen nicht wegzunehmen. Ich habe lange und ausdauernd jagen müssen, um es zu fangen. Verstehst du? Ich muß fressen. Laß mich mein Hörnchen haben.
    »Mach dir keine Sorgen, kleiner Kerl«, murmelte Melisse. »Du hast einen guten Fang gemacht und dir dein Abendessen verdient.«
    Sehr langsam, als wollte er die Fledermaus nicht erschrecken, stand Melisse auf und machte drei große Schritte zurück. Die Fledermaus legte die

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