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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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So war ich gezwungen, nach meinem Tod mit ihnen zu ringen. So wie du jetzt ringst, Junge.«
    »Aber was hast du gelernt?«
    »Ich habe gelernt, daß mein Schmerz erst aufhörte, als ich leer war.«
    »Ich würde diesen verwesten Körper gerne leeren, Mann. Um meine Seele zu befreien. Nichts würde mich glücklicher machen. Aber ich weiß nicht, wie ich hier herauskommen soll. Befreie mich, Mann.
    Bitte! Ich ertrage das nicht mehr.«
    » Wenn du frei sein möchtest, Junge, mußt du lernen, deine Seele zu leeren, dich selbst so leer wie das blutleere Herz von Alter-Mann-Oben zu machen.«

33. KAPITEL
    Turmfalke hatte sich hinter Sonnenjäger auf dem Felsen zusammengerollt. Immer wieder wachte sie aus qualvollen Träumen auf, in denen sie wie von Furien gejagt zur Kreuzung des Pinyon-Kiefer-Rinden-Weges rannte, während Tannins Mokassins hinter ihr bei jedem Schritt dumpf zu hören waren.
    Nach dem Sonnenuntergang war die Temperatur stark gesunken und die Nacht bitterkalt. Sie hatte die eine Felldecke über SonnenJägers bloße Schultern gelegt und sich selbst und ihre Tochter in die andere gewickelt.
    Wolkenmädchen schlief fest auf Turmfalkes Rücken. Sie hatte den Kopf auf Helfers schwarzen Schwanz gebettet. Der Hund war auch auf den flachen Felsen geklettert, hatte gezittert und mitleidheischend mit dem Schwanz gewedelt. Turmfalke hatte daraufhin die Wapitihaut quer gelegt, so daß sie damit sowohl Helfer als auch sich selbst und Wolkenmädchen bedecken konnte. Das bedeutete, daß nun nichts als ihr Kleid sie vor der aus dem Granitfelsen dringenden Kälte schützte. Die Kälte war beißend, aber nicht unerträglich.
    Turmfalke hatte nicht gewagt, Sonnenjägers Schwitzhütte abzubauen, weil sie annahm, sie später in der Nacht noch brauchen zu müssen. Mondbeleuchtete Wolken trieben eilig über den Himmel wie Geister auf der Suche nach Deckung. Hinter ihnen hatte ein dunkler Schleier Mutter Ozeans Schimmer verdeckt.
    »Das ist doch hoffentlich kein Regen«, murmelte Turmfalke besorgt.
    Die Mammutkuh am Fuße des Felsens hob den Kopf. Ihre Augen glitzerten in der Dunkelheit. Sie stieß einen leisen Laut aus und schlug mit einem Ohr. Ein eiskalter, nach Gras riechender Wind strich an Turmfalke vorbei. Das kleine Kalb hatte das Espenwäldchen verlassen und sich in ein dichtes Farngebüsch gelegt. Die Dunkelheit ließ von seinem mit kastanienbraunem Haar bedeckten Körper nur den Umriß erkennen.
    »Es tut mir leid, daß ich dich geweckt habe, Mutter«, flüsterte Turmfalke. »Du kannst wieder einschlafen. Sonnenjäger träumt noch immer.«
    Die Kuh griff mit der Rüsselspitze nach den dichten Grasbüscheln, die an der Vorderseite der Felsplatte wuchsen. Sie riß ein Büschel aus, steckte es ins Maul und kaute geräuschvoll.
    Mit den Zehen schlug Turmfalke den unteren Teil der Wapitihaut um, so daß sie ihre kalten Füße in der Falte wärmen konnte.
    Als sie die Augen schloß, tauchten vor ihrer Seele Traumbilder wie Schemen auf, die nur kurz schimmerten und dann wieder verschwanden.
    Turmfalke hörte, wie Sonnenjäger sie rief. Seine tiefe Stimme klang so eindringlich, daß sie glaubte, er sei erwacht, doch als sie sich aufsetzte, um ihn anzuschauen, stellte sie fest, daß er noch immer träumte. Sein Körper hob sich als Silhouette vor dem Hintergrund der grünen Blätter und weißen Baumstämme ab. Sein ausdrucksloses Gesicht mit den tiefliegenden Augen hatte sich nicht verändert.
    Noch immer umrahmte das weiße Haar seine hohen Wangenknochen. Der Zopf hing ihm über die linke Schulter.
    Turmfalke schloß die Augen wieder, und seine Stimme wurde lauter…
    »Turmfalke! Turmfalke! Kannst du mich hören?«
    »Ja, ich höre dich.«
    Er rief sie immer wieder, und sie folgte dem Klang seiner Stimme und stellte fest, daß sie auf einem schmalen Pfad durch eine großartige, vom Wind geformte Landschaft lief. Eine Vielzahl von Schluchten zerschnitt diese Wüste wie in Rippen. Rote Felskämme und orangefarbene Sandsteinkegel schnitten in den leuchtend blauen Bauch von Bruder Himmel. Keine Vögel kreisten im Aufwind, und es hockten auch keine auf den Felsen. Eine unnatürliche Stille und Hitze lagen auf diesem Ort.
    Schweiß rann ihr den Oberkörper hinab und kitzelte sie zwischen den Brüsten. Ihr langes Haar tanzte in den heißen Windstößen. Ihre Füße hämmerten auf den trockenen Boden, und die Muschelschalen an ihrem Kleid klingelten melodisch dazu.
    In einiger Entfernung lag rundgeschliffenes Felsgestein wild

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