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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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sechs der Lederstreifen ab und schob die Seitenstangen in einem spitzen Winkel zusammen. Dann legte er die Querleisten darauf und band sie fest. Dabei vergewisserte er sich, daß die oberste Querleiste breit genug für seine Hüften war. Turmfalke umwand die Verbindungsstellen dreimal, bevor sie die Lederstreifen verknotete.
    »Möchtest du wissen, warum meine Großmutter auf deiner Seite steht?« fragte Berufkraut. Er stand auf und zerrte das fertige Schleppgestell neben Sonnenjägers hünenhaften Körper.
    Turmfalke ging um Berufkraut herum und drehte Sonnenjäger sanft auf die Seite. »Schieb das Schleppgestell unter ihn«, bat sie.
    Als Berufkraut die Bahre in die richtige Stellung gebracht hatte, ließ sie Sonnenjäger auf den Rücken zurückgleiten. Er lag nun über fünf Querleisten ausgestreckt. Seine Arme hingen schlaff herab.
    Vorsichtig band sie seine Beine fest, damit sie nicht über den Boden schleiften. Als sie aufstand, band sie ihr kleines Bündel von der Hüfte los und legte es als Kissen unter Sonnenjägers Kopf.
    »Er ist so blaß«, murmelte sie.
    »Er bleibt am Leben. Da bin ich sicher. Wir müssen ihn nur zu meiner Großmutter bringen. Sumach wird ihn gut pflegen.«
    »Ist sie eine Heilerin?«
    »Nein, aber sie weiß, wie man sich um Menschen kümmert. Das kann sie sehr gut. Sie hat mich und meinen Bruder und meine Schwester nach dem Tod unserer Eltern großgezogen.«
    Turmfalke schlug die Augen nieder. »Das klingt, als wäre sie eine gute Frau. Eine Frau, die Kinder liebt… Komm, los! Machen wir uns auf den Weg.«
    Berufkraut hob seine Waffen auf, steckte den Speer in den Köcher und band den Atlatl an die Gürtelschlaufe. Dann reichte er der Frau ihre Waffen. Sie nahm sie und sagte: »Danke. Nach dem, was ihr von Stechapfel über mich gehört haben müßt, bin ich überrascht, daß du mir meine Waffen zurückgibst.«
    Berufkraut hob das schmale Ende der Schleppbahre an und schlüpfte hinein, so daß die oberste Querleiste gegen seinen Bauch drückte und die Längsstangen auf seinen Hüften auflagen. Die Enden der Längsstangen benutzte er als Handgriffe. »Gerade weil ich deinen Mann getroffen habe, gab ich sie dir zurück, Turmfalke. Er ist … Nun, vielleicht wirst du sie brauchen.«
    Er setzte sich langsam in Bewegung und prüfte, ob das Gestell stark genug war. Es schien stabil zu sein. Er zog es auf den Pfad und dann hinter sich her.
    Mit zusammengekniffenen Augen blickte er über den vom Mond beschienenen Pfad den Berg hinauf.
    Er mußte es unbedingt bis zum Dorf schaffen, irgendwie die Kraft und Ausdauer aufbringen, aber es würde kein Spaß sein.
    Turmfalke ging neben Sonnenjäger her. In der einen Hand trug sie ihre Waffen, und die andere Hand hatte sie in die Fetzen seines linken Ärmels verschlungen. Sie achtete darauf, daß der schlaffe Körper nicht von der Bahre rutschte, wenn der Pfad holprig wurde. Helfer lief vor ihnen her und erkundete witternd den Weg.
    Als Berufkraut den Gipfel der ersten Erhebung erreicht hatte, blieb er stehen, um Atem zu schöpfen und sich umzuschauen.
    Turmfalke schrie »Oh!«, trat zur Seite und hob ihr Bündel wieder auf, das unter Sonnenjägers Kopf hervorgerutscht und zu Boden gefallen war.
    Berufkraut blickte sich um. »Hier muß die Stelle sein, wo er angegriffen worden ist. Hier, auf der Hügelkuppe. Aber das ergibt keinen Sinn. Raubtiere legen sich normalerweise auf die Lauer und greifen aus einem Hinterhalt heraus an. Sie jagen nicht im offenen Gelände.«
    Turmfalke band ihr Bündel erneut an dem Schleppgestell fest, und Helfer trottete mit erhobenem Schwanz vor ihnen den Pfad hinunter. Berufkraut machte sich wieder an die Arbeit, doch das Gefühl, daß etwas Unheimliches und Falsches bei der Sache war, blieb wie Morgentau an einem Spinnennetz in seiner Seele haften.
    Die Hügel waren mit schimmerndem Mondlicht überpudert, das an den Schnee während des Monds-Wenn-Der-Wind-Singt erinnerte. Sie waren atemberaubend schön. Jeder Grashalm auf den Wiesen schimmerte. Zarte Federwölkchen trieben über den bleichen Bauch von Bruder Himmel. Berufkraut atmete den feuchten Duft der Nacht tief ein und zog das Gestell mühsam weiter.
    Irgendwo dort draußen war ein verwundetes Tier versteckt. Außer sich vor Wut und Schmerz würde es Rache nehmen wollen. Er warf einen Blick auf den Atlatl an seinem Gürtel, um sich zu vergewissern, daß er notfalls griffbereit war. Da er durch die Schleppbahre behindert war, würde es ihm jedoch schwerfallen, einen

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