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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Eulenfalter hob eine Hand. Schote drehte sich erwartungsvoll zu ihm um. Mit müder, sanfter Stimme sagte Eulenfalter: »Kupferkopf hat uns vor zehn und einem Tag einen Läufer geschickt. Vater lebt. Er ist im Dorf des Stehenden Horns gefangen.«
    Schote senkte den Kopf. Er schwieg eine Weile und flüsterte dann: »Ich werde es jetzt deiner Mutter sagen.«
    »Ja, Großvater.« Eulenfalter warf einen Blick auf Teichläufer.
    Teichläufer biss sich auf die Lippen und schloss die Augen. Herzlich sagte er: »Den Geistern sei Dank.«
    Aber ich möchte helfen, Schote.« »Nein, Teichläufer. Das ist nicht deine Sache. Du bist neu hier. Ich fürchte, deine Gegenwart wird nur weitere Unruhe bringen. Bitte. Du zitterst immer noch. Geh zur Hütte von Muschelweiß. Wir werden uns um unsere eigenen Toten kümmern.«
    Teichläufer nickte und wandte sich ab.
    Es hatte länger als eine Zeithand gedauert, bis die ersten wieder ins Windeck-Dorf zurückfanden.
    Einige Männer kamen als Erste, dann folgten Frauen und Kinder.
    Teichläufer betrat die Hütte von Muschelweiß und kniete neben der kalten Feuerstelle nieder. Er hörte die Klagelaute seiner neuen Verwandten, die durch die Reihen der Toten gingen, Speerschäfte abbrachen und ihre Lieben zur Südseite des Dorfes brachten. Man hatte viele schön gefärbte Decken über die Toten gebreitet. Morgen würde man sie waschen, neu bekleiden und für die Bestattung vorbereiten. Teichläufer würde ein Außenseiter sein, nur als Beobachter zugelassen. Es machte ihm nichts aus, aber er fühlte sich einsam. Er war hier ein Fremder. Fehl am Platze. Niemand außer den nächsten Verwandten von Muschelweiß hatte ihm bis jetzt überhaupt in die Augen gesehen.
    Und Muschelweiß war noch nicht zurückgekommen. Er verzehrte sich nach ihr. War sie noch am Leben? Oder hatten sie Kupferkopfs Krieger getötet und irgendwo im finsteren Wald liegen gelassen?
    Genau davor hatte er Angst, dass er sie nicht mehr finden könnte und sie dazu verdammt wäre, auf ewig in der Welt herumzuirren.
    Teichläufer zog die Kapuze hoch, um sich vor dem eisigen Nachtwind zu schützen. Aber er würde sie finden! Was immer er dafür tun müsste! Selbst wenn es nötig wäre, das Werkzeug seines eigenen Todes zu fragen, das Blitzvogeljunge, das im Käfig seiner Brust glühte. Dieses Geschöpf schlief nie; dauernd musste er zusammenzucken, denn dauernd stieß es gegen seine Rippen, als wollte es seine blauweißen Flügel unbedingt stärken, um sich möglichst bald in die Höhe schwingen zu können. In dem Augenblick, da Teichläufer aus den Bäumen herausgetreten war und die Arme vor den Feinden ausgebreitet hatte, war ein Donnergrollen durch seine Adern gerast, ohne aufzuhören. Noch immer zitterte sein ganzer Körper.
    Er flüsterte: »Vogeljunges, ich bitte dich, damit aufzuhören.« Aber es hörte nicht auf, und Teichläufer seufzte und blickte auf das Meer hinaus. Seinen schwachen Augen erschien Schwester Mond wie ein riesiger silberner Schmierfleck, der den halben Nachthimmel ausfüllte, und das Mondlicht auf dem Wasser glich dem Strand am hellen Tag, weiß und schimmernd. Als sie einst noch recht klein gewesen waren, hatte Rotalge versucht, ihm beizubringen, wie die Dinge in Wirklichkeit aussahen. Da er in der Nähe alles erkennen konnte, hatte sie eine Schneckenmuschel auseinander geschnitten, so dass sie kreisförmig etwa so groß war, wie Schwester Mond am Himmel erschien, und sie ihm in die Hand gelegt. Verdutzt hatte er gesehen, wie klein sie war. Wie denn? Ein Silberkreis, nur ein wenig größer als seine Kinderhand? Als ihm seine Großmutter versichert hatte, dass das die Wahrheit war, hatte er den Nachthimmel nie mehr so wie früher angeschaut. Wenn Schwester Mond schon so klein war, wie stand es dann mit den riesigen und herrlichen Leuchtleuten? Waren sie dann etwa nur mehr Stachel aus Licht? Das war alles sehr verwirrend gewesen. Er dankte der Sonnenmutter, dass er Rotalge gehabt hatte, die ihn solche Dinge lehren konnte.
    Teichläufer senkte den Kopf und betrachtete die welken Blätter, die auf die grob gewebten Bodenmatten geweht worden waren. Rotalge fehlte ihm. Seine Großmutter auch. Er vermisste sie alle, die von Kernholz-Dorf. So sehr er auch mit Muschelweiß hier zusammen sein wollte, so wenig konnte er offenbar seine Seelen zufrieden stellen.
    Muschelweiß trat aus dem Wald, höchstens vierzig Handbreiten entfernt. Ein kräftig gebauter Krieger tauchte hinter ihr auf; Teichläufer sprang auf die

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