Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze
was ihr geblieben, war.
Mondschnecke beugte sich vor und sagte: »Ich liebe dich auch, Enkelin. Also vernasch endlich die letzten Palmbeeren. Ich habe Schwemmstock versprochen, ihm in seiner Hütte zu helfen …«
Sie sah auf, als ein Schwarm Kinder Arme schwenkend vom Strand herangelaufen kam und schrie:
»Schwanzfeder! Schwanzfeder ist da!«
Mondschnecke winkte Rotalge. »Gib mir meinen Wanderstab, Mädchen. Wollen mal hören, was unser neuer Kommandant zu sagen hat.«
Schwanzfeder trabte ins Dorf, von Kindern umringt, die am Saum seines Gewandes hingen und ihn mit zehnmal zehn Fragen plagten. Erwachsene ließen alles liegen und stehen und standen auf.
Allmählich sammelten sich alle.
»Gib mir deinen Arm, Rotalge«, sagte Mondschnecke. »Ich bin heute nicht mehr sicher auf den Beinen.«
»Ja, Großmutter.« Rotalge streckte ihr den Ellbogen entgegen.
Gestützt von dem kräftigen jungen Arm humpelte Mondschnecke aus der Hütte ins helle Tageslicht.
Rotalge machte kleine Schritte, um Mondschnecke Zeit zu lassen, den Stock und jeden Fuß vorsichtig aufzusetzen. Als sie Schwanzfeder erreichten, hatte die Menge ihn umringt.
Als er Mondschnecke erspähte, löste sich Schwanzfeder aus der Menge und zwängte sich zu ihr durch.
Er war ein hoch gewachsener Jüngling, zweimal zehn und einen Sommer alt, mit einem dreieckigen Gesicht, einer flachen breiten Nase und Ohren, die durch sein schulterlanges schwarzes Haar hervorragten. Das Atlatl hatte er im Lendenschurz festgesteckt, in der linken Hand hielt er drei Speere.
Sein muskulöser Körper war von einer feinen Schweißschicht überzogen.
»Ich grüße dich, Geistälteste«, sagte er zu Mondschnecke.
»Du hast dich sehr beeilt«, erwiderte sie. »Was hast du vorgefunden? Ist der Platz geeignet?«
Schwemmstock trat neben Mondschnecke, sein schütteres weißes Haar zerzaust, als wäre er gerade nach einem Morgenschläfchen aufgestanden. Seine verblichene blaue Tunika war völlig zerknittert, er hatte sicher darin geschlafen. Er gähnte breit und fragte: »Also, ist es ein guter Platz?«
Schwanzfeder nickte und rammte seine Speere neben sich in den Boden. »Ja, sehr gut, glaube ich. In der Seekuh-Lagune finden wir alle möglichen Krebse und Muscheln, Austern und Schnecken.
Außerdem ist der Teich, von dem Schote gesprochen hat, ziemlich groß, wenn auch seicht, und ich habe viele Palmen und Fächerpalmen gesehen. Da haben wir keine Schwierigkeiten, Fäden für unsere Stoffe zu spinnen. Und ich möchte auch -«
»Wie steht es mit der Verteidigung?« fragte Mondschnecke weiter. Ein großes Stimmengewirr erhob sich, und jedes Wort wurde nach hinten weitergegeben. »Können wir den Platz verteidigen, wenn wir angegriffen werden?«
Schwanzfeder atmete tief ein und wieder aus. »Ideal ist es dort nicht gerade. Der Wald ist dicht und gibt jedem, der sich anschleichen will, genügend Deckung. Aber wir könnten unser Dorf zwischen Teich und Lagune bauen.« Er kniete nieder und machte eine Zeichnung in den Sand. »Das Meer macht hier einen Bogen, und der Teich befindet sich hier. Dann wären wir von drei Seiten von Wasser umgeben und könnten uns notfalls gut verteidigen.«
»Wie sieht es mit Rotwild aus?« fragte Schwemmstock. »Hast du Hirsche gesehen?«
»Keinen Einzigen, Ältester. Ein paar Fährten hab ich gesehen, aber Schote hatte wahrscheinlich Recht, viele Hirsche gibt es da nicht.«
Mondschnecke nickte. »Das haben wir ja schon vermutet. Je eher wir alles zusammengepackt haben, umso besser.«
»Aber da ist noch etwas, Älteste.« Schwanzfeder blickte abwechselnd zu Mondschnecke und Schwemmstock.
»Nämlich?« fragte Mondschnecke.
Schwanzfeder trat von einem Bein aufs andere und schob sich die Speere in die rechte Hand.
»Hundszahn ist dort. Ich habe mit ihm gesprochen. Er hat gesagt, er wolle jetzt bei uns leben, und außerdem -«
Rotalge stieß einen kleinen Schrei aus.
»Heilige Geister! Wieso denn das?« entfuhr es Schwemmstock.
»Ich fand es nicht angebracht, danach zu fragen«, antwortete Schwanzfeder. »Außerdem sagte er noch -«
»Du Große Moschusratte im Himmel!« schrie Schwemmstock. »Da bringt er uns doch -«
»Seh!« machte Mondschnecke und sah ihn übellaunig an.« Wenn Hundszahn bei uns leben will, sollten wir uns geehrt fühlen.«
»Da bringt er uns noch dazu, dass wir uns gegenseitig im Schlaf abstechen«, sagte Schwemmstock.
»Du weißt doch, wie er ist. Läuft immer herum und erzählt die unmöglichsten Geschichten.«
Das
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