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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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den er beiseite gezogen hatte, und setzte sich auf den sandigen Waldboden. Er war Zeuge gewesen, wie mindestens zweimal zehn seiner Krieger gefallen waren. Er wollte im Grunde nur noch eines: nach Hause gehen zu seiner Frau und seiner kleinen Tochter. Der Überfall war ein Wahnsinn gewesen. Was wollte Kupferkopf beweisen? Dass er jedes Dorf an der Küste vernichten konnte? Zu welchem Zweck? Wenn es denn stimmte, dass der Untergang der Welt bevorstand, was spielte es dann für eine Rolle, ob diese unbedeutenden Clans ihre restlichen Tage noch in Frieden verbringen konnten oder nicht?
    »Was ist denn mit Fledermausfisch und Fleckpfote?« fragte Maulbeere, um der Frage von Eistaucher auszuweichen, während er den Wald beobachtete. »Hast du gesehen, wohin sie gegangen sind?«
    »Fledermausfisch wollte Spinnweben suchen, um das Blut in der Wunde von Fleckpfote zu stillen. Ich hab nicht gesehen, in welche Richtung sie gegangen sind, aber sie kommen sicher bald zurück.
    Spinnweben finden sie unter jedem umgestürzten Baum.«
    »Ja«, flüsterte Maulbeere und schaute düster vor sich hin.
    Vor zwei Sommern hatte er noch aus ganzem Herzen an Kupferkopfs Traum geglaubt, aber jetzt hatten ihn Zweifel befallen. Der Geistälteste hatte offenbar einfach den Verstand verloren. Maulbeere verspürte den dringenden Wunsch, ins Dorf des Stehenden Horns zu schleichen, seine Familie heimlich zu versammeln und mit ihr in die Nacht zu fliehen, bevor Kupferkopf ihn töten lassen konnte.
    Er wandte sich an Eistaucher. »Hast du einmal daran gedacht, ich meine, wenn wir den Blitzjünger umbringen, dann könnten wir sicherstellen, dass Kupferkopfs Traum nicht in Erfüllung geht.
    Vielleicht gibt es gar keinen Weltuntergang mehr, wenn es keinen Blitzjünger mehr gibt, der die Vier Leuchtenden Adler abschießt.«
    Eistaucher schluckte nervös. »Ja, daran habe ich auch schon gedacht.«
    Sie starrten sich an. Eine erschreckte Gans schrie in den Bäumen, und dann raschelten viele Flügel, als ein ganzer Schwarm mit einem Mal in den Nachthimmel aufflog, schreiend und quakend über das, was sie aufgestört hatte.
    Eistaucher flüsterte: »Ich will nicht, dass die Welt untergeht.«
    »Ich auch nicht.«
    Beide spähten wieder zum Blitzjünger. Der Jüngling lag vollkommen schutzlos da. Einer könnte von hinten kommen und der andere von vorn. Selbst wenn er aufwachte, hätten sie den Vorteil der Überraschung.
    »Pst! Was war das? Hast du das gehört?« fragte Eistaucher.
    »Was?«
    Eistaucher schaute plötzlich an Maulbeere vorbei. Als er aufstehen und den Mund aufmachen wollte, durchbohrte der Speer sein rechtes Auge und schnitt durch sein Gehirn. Still wie eine Feder glitt er in den Sand. Maulbeere riss den Dolch aus dem Gürtel und wirbelte zu seinem Angreifer herum.
    Der Arm, der sich hart um seine Kehle schloss, hob ihn vom Boden hoch. »Lass den Dolch fallen«, zischte die Stimme.
    Mit seinem ganzen Körpergewicht warf er sich herum, den Dolch erhoben …
    Sie stieß ihn so heftig zurück, dass er taumelte. In dem Augenblick, den er brauchte, um sein Gleichgewicht zu gewinnen, sah er ihre Kriegskeule durchs Dunkel sausen, die Feuersteinspitzen blitzten im Sternenlicht. Instinktiv stürzte er auf sie zu, aber die Wucht der Keule schmetterte ihn kopfüber in den Sand. Betäubt rappelte er sich auf, ihm war so übel, dass er sich mehrmals übergeben musste. Er hörte Schritte auf dem Sand, konnte aber nicht deutlich sehen. Ein grauer Nebel umwogte ihn wie zehnmal zehn Fledermausflügel. Er grub die steifen Finger in den Sand, keuchend, krampfhaft um Bewusstsein bemüht, aber die Muskeln ließen ihn im Stich. Er fiel.
    Das hohle Krachen der Kriegskeule, die ihm den Schädel zerschlug, war das letzte Geräusch, das Maulbeere hörte.
    Aber nein, mein Kind, die Schildpattpuppe hat tatsächlich existiert. Einmal habe ich sie gesehen. Ich durfte sie nicht berühren, das ließ keiner zu, denn sie war so mit Macht aufgeladen, und ich war nur ein kleiner Junge, aber ich habe sie mit meinen eigenen Augen gesehen.
    Hm?
    Lass mich nachdenken. Das war kurz nach dem Tod vom alten Schneckenfuß. Der war damals der Hüter der Heiligen Puppe, dreimal oder viermal zehn Sommer lang. Ich war beim Übergaberitual dabei, als die Puppe in die Hände der neuen Hüterin überging. Sie hieß Ziehende Wolke. Ich weiß noch genau, mit welcher Furcht und welcher Ehrfurcht sie die Puppe berührte. Sie nahm sie, wickelte sie in eine Windel und wiegte sie langsam in ihren Armen

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