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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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richtete sich auf, nahm einen Schluck und schmatzte genußvoll. Die Stimme war kalt, als er fragte: »Was machst du hier, Eisenholz? Du bist nicht mehr der Kriegshäuptling. Was könntest du von mir wollen?«
    Eisenholz ließ die Arme fallen. »Ich hatte gehofft, daß du - aus Anerkennung der vielen Sommer treuer Dienste für deinen Vater mir helfen könntest zu verstehen, was in meiner Abwesenheit hier geschehen ist. Man erzählt mir, daß du Spannerraupe -«
    »Ja, das habe ich.« Sein Mund verzog sich zu einem hämischen Lächeln. »Ich habe meinem Kriegshäuptling Anweisung gegeben, die elende Brut meiner Mutter zu finden und zu töten. Mehr brauchst du eigentlich nicht zu wissen, Krieger. Nun, wenn du weiter nichts Wichtiges auf dem Herzen hast - ich bin sehr beschäftigt.« »Aber ich verstehe nicht, warum du den Tod des Jungen wünschst. Der ist doch keine Bedrohung für dich.«
    Schlangenhaupt schwenkte den Tee in der schwarzweißen Tasse. »Es ging gar nicht um meine Wünsche, Eisenholz. Es war der letzte Befehl meines Vaters.«
    »Und was ist mit deiner Mutter? Wie lange willst du sie noch gefangenhalten?«
    »Das geht dich nichts an.«
    »Ich lebe hier, Schlangenhaupt. Natürlich geht mich das etwas an. Erkennst du nicht -« »Ich erkenne alles, was ich erkennen muß, Eisenholz!« Schlangenhaupt drehte sich um und duckte sich. In dieser Haltung rechtfertigte er seinen Namen. »Und jetzt geh!«
    Eisenholz kreuzte ungerührt die Arme. »Mit jedem Atemzug, den sie als Gefangene macht, wird das Volk unruhiger. Ich glaube nicht, daß du in der Lage bist, eine Revolte zu unterdrücken, Schlangenhaupt - nicht, wenn dein Kriegshäuptling mit dreißig deiner besten Krieger zu einem Überfall unterwegs ist.«
    Schlangenhaupt sah ihn böse an.
    »Bitte hör mich an«, bat Eisenholz. »Die Leute protestieren nicht mehr auf der Plaza. Aber das heißt nur, daß sie zu Hause sitzen und sich beim Abendessen flüsternd erzählen, was sie wissen, und sich fragen, was die Wahrheit ist. Wenn du dem nicht bald ein Ende bereitest, werden sie die Wissenslücken mit Vermutungen ausfüllen und zu einer völlig neuen Darstellung kommen. Zu einer, die dieses Dorf auseinanderreißen könnte.«
    Schlangenhaupt setzte sich auf die Matte vor seine Platte mit der Mahlzeit, ohne von Eisenholz Notiz zu nehmen. Mit einem Hornlöffel begann er, eine Melone zu essen. Die Leute vergruben Melonen, Eier und bestimmte Kürbissorten in großen Sandmieten, um sie in kalten Wintern zu konservieren. Die Melonen wurden dadurch süßer, und das Kürbis-Fruchtfleisch trocknete nicht so schnell aus. Die so aufbewahrten Eier hielten sieben oder acht Monde lang.
    Eisenholz zuckte die Achseln. »Wenn es dazu kommt, zerschlagen sie ganz Krallenstadt und dich dazu. Willst du das etwa?«
    Schlangenhaupt löffelte sich noch mehr Melone in den Mund und kaute. Er nahm sich nicht die Mühe zu antworten.
    Eisenholz seufzte und spähte durch die Tür hinaus.
    Dunkelheit senkte sich über die Wüste und weichte die scharfen zerklüfteten Klippenränder auf; die Farben der Welt liefen aus. Am klaren Himmel drängten sich die Abendleute. Eisenholz betrachtete sie und sog die kühle Luft ein, die durch den Canyon strich; sie roch nach dürrem Gras und Staub. Früher einmal hätte sie noch das Salbeiaroma parfümiert, aber jetzt waren alle Salbeibüsche im Umkreis von zwei Tagesmärschen als Brennholz verwendet worden. Der Wind trug das Gewinsel ferner Coyoten heran. Kein Wunder, daß das Land ausgelaugt war und sich weigerte, noch etwas wachsen zu lassen.
    »Hast du gewußt, daß meine Mutter eine Hure war?« fragte Schlangenhaupt.
    Eine ganze Weile war Eisenholz nicht bereit, seinen Blick von den Abendleuten abzuwenden; dann schaute er Schlangenhaupt an. Der Jüngling hatte seine Melone gegessen und nahm die Teetasse wieder auf. Er hatte einen merkwürdigen Gesichtsausdruck - war er neugierig, oder wollte er ihn auf die Probe stellen?
    »Mich interessiert der Klatsch der Leute nicht, Schlangenhaupt. Das hat er noch nie.« »Aber zufällig weiß ich, wie oft du mit den Sklaven von Krallenstadt sprichst, und dieses Gesindel klatscht. Ich dachte, du hättest vielleicht einmal mitbekommen -«
    »Nein.«
    Schlangenhaupt stand auf und ging auf Eisenholz zu. In den Falten seines Wildlederhemds fing sich ein silberner Schein der Fackeln. Die Muscheln auf seinen Sandalen klickten. Eine Körperlänge vor Eisenholz blieb er stehen und legte den Kopf zur Seite. »Also du hast

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