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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Wohnte er allein? Bei den vielen Überfällen hier - er mußte geistesgestört sein.
    Sie trat näher. Ihr heiligen Götter - er war nur Haut und Knochen. Und seine Haut; sie glühte rot. Der Sonnenbrand hatte den ganzen Körper erfaßt, einschließlich Penis und Scrotum. Blasen bildeten sich auf den Schultern und der Hakennase. Hatte er etwa tagelang nackt in der Sonne gestanden? Sie kreuzte die Arme und fragte: »Bist du ein Kolibri oder eine Hummel?«
    Er hielt ruckhaft inne, aber seine Augen wanderten immer noch im Kreise herum, und er fiel bäuchlings in ein Beifußgestrüpp. »Wer bist du?« Er wälzte sich herum und mühte sich aufzustehen. Sein Kopf schwankte. »Bist du … Kenne ich dich?«
    »Bleib flach liegen, bis du dich wieder gefaßt hast.«
    »Ich - ich glaube, ich muß mich übergeben«, sagte er und schob einen Gegenstand von einer Backe in die andere.
    Maisfaser kroch bis auf eine Körperlänge an ihn heran und betrachtete seinen gerösteten Körper. Er hatte langes schwarzes Haar. »Was hast du gemacht? Du drehst dich herum wie verrückt und flatterst mit den Armen?«
    Seine Augen waren heftig in Bewegung, als ob er versuchte, sie auf einen Punkt zu fixieren. »Ich habe versucht zu lernen, wie eine Motte zu sein. Du weißt doch, wie sie immer herumtaumeln und flattern, besonders wenn Feuer in der Nähe sind.« Er holte Atem und fügte hinzu: »Vorher hab ich versucht, ein Käfer und eine Schabe zu sein, aber die fressen wirklich abscheuliche Sachen. Hast du das gewußt?«
    Maisfaser hob die Brauen. »Warum willst du lernen, ein Insekt zu sein? Bist du der Schüler eines Schamanen?«
    Er stützte sich auf die Ellbogen und verzog den Mund. »Sieh dich um. Siehst du einen Schamanen hier?«
    »Ich hab mich schon umgeschaut. Ich sehe keinen.«
    »Weil er mich verlassen hat.« Vorsichtig setzte er sich auf, atmete tief ein und fühlte sich offensichtlich besser. Er schob den runden Gegenstand wieder in die andere Backe, und dabei klickte er gegen die Zähne. »Aber bevor er ging, hat er mir aufgetragen, ich soll üben, ein Käfer zu sein.« »Als Strafe?«
    Er blinzelte. Sein Gesicht nahm einen merkwürdigen Ausdruck an. »Wie komisch, daß ich daran nie gedacht habe.«
    Maisfaser wies auf seine blasenbedeckten Schultern hin. »Du brauchst einen Balsam auf den Brand, und zwar bald, sonst bekommst du Narben.«
    »Was?« fragte er und schaute auf seinen mageren Körper. »Was für ein Brand?«
    Maisfaser stand auf. »Vielleicht hat dein Kreiseln noch mehr durcheinandergebracht als deinen Gleichgewichtssinn.«
    Er verzog das Gesicht, stand auf und stolperte in sie hinein. Maisfaser ergriff ihn am Arm, um ihn aufrecht zu halten, aber seine Füße bewegten sich hin und her, als wollte er weitertanzen, ohne Einverständnis seines Gehirns. Er stolperte in dorniges Gebüsch und fiel fast hintenüber. Maisfaser keuchte erschreckt und zog ihn entschlossen an sich. Er stellte sich breitbeinig hin und zwinkerte mit den Augen, als fragte er sich, warum sie das machte.
    »Geht es wieder?« fragte sie und spürte dabei die Gluthitze, die von seinem sonnenverbrannten Fleisch ausging.
    »Ach, es ist nur, daß ich seit Tagen nichts gegessen habe; mir wird schwarz vor den Augen, wenn ich ganz plötzlich aufstehe.«
    »Du hast nicht gegessen? Was ist das in deinem Mund?«
    »Ein Kiesel.«
    »Du hast einen Stein im Mund?«
    »Hmmm.« Er lächelte und nickte glücklich.
    Sie ließ seine Arme los und betrachtete ihn. »Seit wieviel Tagen fastest du?«
    »Weiß ich nicht genau. Ich habe den Überblick verloren. Vielleicht sieben oder acht.« Die Spannung in ihrem Gesicht ließ nach, als sie seinen ausgemergelten Körper ansah. »Heilige Ahnen. Du hast aber hoffentlich Wasser getrunken?«
    »O ja. Sonst müßte ich wohl sterben, hab ich gedacht.«
    »Na«, sagte sie entschieden, »wenn du erst mal deinen Sonnenbrand spürst, dann wär's dir womöglich lieber, du wärst gestorben.«
    Er streckte die Arme aus, um sich zu untersuchen; verwundert betrachtete er die Blasen auf Brust, Schenkeln und Armen. »Glaubst du wirklich, daß es so schlimm ist? Ich fühle überhaupt nichts. Nur meine Haut spannt sich, so als ob sie auf einen Färberahmen aufgezogen worden ist.« »Du solltest mal deinen Rücken sehen.«
    »Schlimm?« »Rohes Fleisch.«
    Maisfaser spähte auf das heruntergekommene Häuschen. Große placken von weißer Tünche lagen, zerstreut im dem Beifuß-Dickicht, das um drei Wände herumwuchs. Nur die Vorderseite war

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