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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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dazu aufgebracht. Ich -«
    »Mut? Um mit mir zu sprechen?«
    »Ja, ich - ich weiß, es war dumm. Aber nachdem Schlangenhaupt dich so unehrenhaft entlassen hat, habe ich befürchtet, daß du vielleicht denkst, ich hätte meine Hand im Spiel gehabt.« Eisenholz sagte freundlich: »Mein Fehler. Ich hätte gleich anschließend mit dir reden sollen. Spannerraupe - wenn es meine Entscheidung gewesen wäre, hätte ich dich ausgewählt, meine Stelle einzunehmen. Von all meinen Kriegern warst du der Tüchtigste. Ich wünsche dir nur Erfolg. Wenn du jemals meinen Rat brauchst - oder mich selbst als Kämpfer -, ich bin immer für dich da.« Wieder knarrte das Dach. Leise sagte Spannerraupe: »Du bist mein Freund, Eisenholz.« »Ja. Aber jetzt leg dich hin. Bei deinem Ausflug nach Süden mußt du ausgeruht sein.« »Ja, du hast recht. Gute Nacht, Eisenholz.«
    »Gute Nacht.«
    Eisenholz überquerte wieder das Dach und stieg die Leiter hinunter.
    Nachtsonne sah ihn herunterkommen. Sein knielanges Wildlederhemd betonte die Breite seiner Schultern und die schmalen Hüften.
    Die Fransen an Ärmeln und Saum schwankten im Sternenlicht. Er trug sein graues Haar als Knoten auf dem Hinterkopf.
    Als er auf den Boden trat, flüsterte Nachtsonne: »Erschrick nicht. Ich bin's nur.«
    Eisenholz fuhr herum und starrte sie an. Dann blickte er zum Dacheinlaß, um sich zu vergewissern, daß niemand sie hören konnte. »Nachtsonne? Was machst du hier?«
    »Anscheinend braucht heute abend jeder deinen Rat.« Mit gerunzelter Stirn ging er durch den Raum und kniete vor ihr nieder. Das Licht der Sterne fiel auf sein schönes ovales Gesicht und spiegelte sich in seinen braunen Augen. »Alles in Ordnung mit dir?« »Nein. Mit keinem von uns beiden, fürchte ich.« »Wieso?«
    Nachtsonne verschränkte die Hände und hielt sie sich eine Weile vor den Mund, bevor sie antwortete: »Ich bin heute in der Frühe in Krähenbarts Zimmer gegangen, einfach… um es zu sehen. Schlangenhaupt hat mich da vorgefunden. Er hat mir Sachen gesagt, die mich zu Tode erschreckt haben.«
    Ihre Hände fingen an zu zittern, und Eisenholz umschloß sie mit seinen Fingern. »Was für Sachen?« »Schlangenhaupt weiß über uns Bescheid.« Eisenholz drückte ihre Hände. »Ich habe so etwas gefürchtet.« »Du…« Sie hob den Kopf und starrte ihn an. »Du hast das gewußt?«
    »An dem Abend, als er dich einsperren ließ, bin ich zu ihm gegangen, um ihm klarzumachen, daß es ein Fehler wäre, dich festzuhalten, daß es das Volk nur spalten würde. Daraufhin hat er zu mir gesagt, er habe weder mir noch meinem Urteil je getraut. Als ich erwiderte, sein Vater habe mir allerdings vertraut, sagte er: ›Aber er hat ja auch nichts von der Zuneigung meiner Mutter zu dir gewußt.‹ An der Art, wie er das Wort ›Zuneigung‹ betont hat, habe ich es gemerkt.« Er hob liebevoll ihr Kinn auf und blickte in ihr angespanntes Gesicht. »Hat er erzählt, wieso er von uns wußte?« Sie nickte. »Er ist uns immer gefolgt. Immer, wenn wir - wir zusammen waren, hat er …« Sie schluckte den Klumpen in ihrer Kehle hinunter. »Und er hat so viele Einzelheiten von unseren wundervollen Zusammenkünften beschrieben, Eisenholz, daß kein Zweifel möglich ist.« Eisenholz rührte sich nicht, aber die Fältchen um seine Augen wurden tiefer. »Und was hast du gesagt?«
    »Ich habe mich sehr dumm benommen. Ich habe ihm gedroht und gesagt, sollte er etwas verraten, dann würde ich dafür sorgen, daß er genauso viel leiden müßte wie ich.«
    Eisenholz ließ sie los und setzte sich mit untergeschlagenen Beinen auf den Boden. Die Fransen an seinem Hemd fegten über die Erde. »Diese Drohung wird er ernst genommen haben, Nachtsonne, und er überlegt sich jetzt schon, wie er deine Anschuldigungen widerlegen kann.«
    »Nun gut, auch ich muß mir einiges überlegen, Eisenholz. Ich … ich kann nicht mit dir weggehen. Ich muß wieder heiraten. Das verstehst du doch, nicht wahr? Das ist der einzige Ausweg.« Eisenholz hob den Kopf und schien den Bär-Thlatsina grimmig anzuschauen. Er sprach sehr liebevoll. »Du kannst nicht gewinnen, Nachtsonne. Siehst du das nicht? Ja sicher, wenn du wieder heiratest, wirst du Schlangenhaupt absetzen, aber er wird dafür sorgen, daß du mit ihm untergehst. Jeden Zeugen, den er finden oder bestechen kann, wird er herbeizerren, und was du auch sagen wirst, der Verdacht, der hängenbleibt, wird ausreichen, dich zu vernichten.«
    Sie schaute ihm forschend in die Augen. Er hatte recht.

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