Voyager 012 - Der Garten
daumengroßes Geschöpf stieß sich mit einem lauten
Klacken vom Rand eines Blattes ab. Kim duckte sich aus einem
Reflex heraus, als das Wesen an ihm vorbeisummte und auf
einem höheren Blatt landete. Das Grün seines Körpers
verschmolz mit dem der Blätter, und dadurch wurde das Insekt
praktisch unsichtbar. Es verriet sich nur durch sein Gewicht –
das Blatt hing durch.
»Ich verstehe.« Janeway lächelte kurz und wurde sofort wieder
ernst. »Sie haben einen wichtigen Hinweis geliefert, Mr. Kim.
Wo auch immer sich die Kirse jetzt aufhalten: Da hier alles in
Ordnung ist, müssen sie erst vor kurzer Zeit an diesem Ort
gewesen sein.«
Kim nickte, und im gleichen Augenblick erklang Torres’
Stimme auf der anderen Seite der Baumreihe.
»Captain, ich glaube, ich habe eine Straße zur Zitadelle
gefunden.«
Kim drehte sich um und sah, daß die Chefingenieurin von
einem steinernen Band aus winkte, das auf perfekte Weise in
den sorgfältig gepflegten Rasen eingelassen war. Hinter ihr
neigte sich der Boden nach unten. Etwas, das wie Unkraut
aussah, verwehrte dort den Blick aufs Gras, aber es wirkte wie
eine gezielt angelegte Hecke. Weitere Früchte schienen sich
unter den herzförmigen Blättern zu verbergen. Kim duckte sich
unter den letzten Bäumen hinweg und trat zu Torres. Janeway
folgte ihm etwas langsamer.
B’Elanna betrachtete die Anzeigen ihres Tricorders.
»Diese Straße scheint auf direktem Weg zur Zitadelle zu
führen. Wenn es wirklich eine Straße ist.«
Kim kratzte mit dem Stiefel über das matte, goldfarbene
Material. Aus der Ferne gesehen, schien es sich um
Eruptivgestein zu handeln, doch wenn man näher kam… Die
Ränder waren viel zu glatt, als daß es eine natürliche Formation
sein konnte. Aber wie hatte man sie geschaffen? Es sah nach
natürlich gewachsenem Gestein aus, nach Granit oder fleckigem
Tergonit. Doch nirgends entdeckte Kim feine Linien, die auf
einzelne, zusammengesetzte Blöcke hinwiesen.
»Es sieht nach einer Straße aus«, sagte er, hörte jedoch
Zweifel in seiner Stimme.
»Ja«, pflichtete ihm Janeway bei. »Und sie führt zur
Zitadelle?«
Torres rückte. »Das Rohr verläuft darunter, in einer Tiefe von
mehr als einem halben Meter.«
»Gut.« Janeway lächelte. »Da wir ohnehin zur Zitadelle
wollen, sollten wir dem Verlauf der Straße folgen.« Sie blickte
kurz auf ihren Tricorder. »Und wir beeilen uns besser. Immerhin
sind wir noch mehr als drei Kilometer von den nächsten
Gebäuden entfernt.«
Sie setzte sich in Bewegung, ohne eine Antwort abzuwarten.
Die anderen folgten ihr. Nur Kim zögerte, um seinen Tricorder
auf die niedrigen Gewächse neben der Straße zu richten. Die
roten Objekte darin hatte er zunächst für Früchte gehalten, doch
jetzt erkannte er sie als kleine, kugelförmige Blumen. Die
dicken, fast schwarzen Blätter wiesen einen hohen
Kalziumgehalt auf und schienen eßbar zu sein. Der Fähnrich
schüttelte den Kopf und staunte einmal mehr über die
Fruchtbarkeit dieser Welt.
Paris schritt an ihm vorbei und summte eine fröhliche
Melodie.
»Kommen Sie!« rief er über die Schulter hinweg. Kim
speicherte die von den Tricordersensoren ermittelten Daten, um
sich später eingehender mit ihnen zu befassen. Erneut vernahm
er die von Paris gesummte Melodie, und sie klang irgendwie
vertraut. Er runzelte die Stirn und versuchte, sich an den Text
des Lieds zu erinnern. Es stammte aus einem Kinderfilm, und
zwar aus einem sehr alten, aber mehr fiel ihm nicht ein.
Kim schüttelte den Kopf, besann sich wieder auf die
Gegenwart und folgte dem Rest der Gruppe.
Die steinerne Straße führte einen Hang hinab. Auch dort gab
es die niedrigen Gewächse mit den dunkelgrünen Blättern. Am
Fuß des Hanges formten kniehohe Hecken komplexe Muster,
die auf dem Sechseck zu basieren schienen. Alle auf diese
Weise separierten Sektionen enthielten unterschiedliche
Pflanzen. Im Zentrum eines jeden Musters stand ein Baum auf
einem Teppich aus leuchtendblauen Blumen, bildete mit seinen
Blättern ein zartes gelbes Dach. Oder waren es keine Blätter,
sondern Blüten? Kim wagte kaum mehr zu atmen, als sich ganz
unten am Baum etwas bewegte. Sofort hielt er den Tricorder in
die entsprechende Richtung und sah aus den Augenwinkeln, daß
in Renehans Hand wie durch Magie ein Phaser erschien.
»Was ist los?« fragte Paris.
Kim schüttelte den Kopf und betrachtete die Anzeigen des
Displays.
»Ich weiß noch nicht genau…«
Er
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