Voyager 012 - Der Garten
an. Auf längere Sicht
hingegen… Janeway verbannte diesen Gedanken aus ihren
bewußten Überlegungen. Längerfristig kam nur eine Lösung des
Problems in Frage: Sie mußten die Ursache der
Mangelkrankheit finden und beseitigen.
»Halten Sie mich auf dem laufenden«, sagte sie und verließ
die Krankenstation.
Fähnrich Harry Kim blickte auf seinen Teller hinab, der ihm
schlichte runde Körner als Reisersatz präsentierte. Plötzlich war
er froh darüber, daß er einen zusätzlichen Löffel von Neelix’
Gemüsecurry genommen hatte. Die hellgrüne Farbe erinnerte
ihn an jene billigen sauren Zitronenbonbons, die er als Kind so
gern gemocht hatte, aber wenigstens schmeckte das Etwas nach
Kurkuma und Ingwer. Das Aroma stammte von einer gelben
Frucht, die sie auf einem namenlosen, unbewohnten Planeten
gesammelt hatten. Vor seinem inneren Auge sah Kim weite
Grasebenen und glaubte fast, die über sie hinwegstreichende
kühle Brise zu spüren. Es war eine wundervolle Welt gewesen,
reich an Vegetation und fast völlig ohne tierisches Leben – ein
perfekter Ort, um die Lebensmittelvorräte zu erneuern, ohne
dabei befürchten zu müssen, irgendwelche Einheimischen zu
beunruhigen. Hinzu kam: Das gesammelte Obst und Gemüse
hatte nicht nur einen hohen Nährwert, sondern schmeckte auch
noch gut. Kim senkte die Lider und stellte sich die Landspitze
vor, wo seine Gruppe Messungen vorgenommen hatte. Die Luft
roch nach dem Salz des nahen Ozeans. Eine weite Ebene
erstreckte sich bis zu einem Wald, dessen Bäume gelbe Früchte
trugen. Ja, ein herrlicher Ort. Allerdings… Es herrschte eine
seltsame Stille. Wie sonderbar, dem Ufer des Meeres so nahe zu
sein, ohne das Krächzen von Möwen zu hören. In Kims
Vorstellung waren solche Geräusche integraler Bestandteil
maritimer Szenen.
»Mögen Sie heute abend kein Curry?« erklang eine vertraute
Stimme. Kim öffnete die Augen, als der Navigator der Voyager
ihm gegenüber Platz nahm. »Ich kann’s Ihnen nicht verdenken.
Hab die pikanten Tomaten allmählich satt.«
»Das erklärt, warum Sie eine so kleine Portion genommen
haben«, erwiderte Kim trocken und blickte auf den gut gefüllten
Teller seines Kollegen. Lieutenant Tom Paris lächelte
unbefangen.
»Oh, ich möchte nur ganz sicher sein, alle Vitamine zu
bekommen, Harry. Haben Sie nichts davon gehört?«
»Wovon?« fragte Kim argwöhnisch und schnitt eine Grimasse,
als Paris’ Lächeln in die Breite wuchs. Inzwischen hätte er
eigentlich imstande sein sollen, einen Köder des Navigators als
solchen zu erkennen. Trotzdem fiel er immer wieder darauf
herein, indem er eine Frage stellte.
»Wir haben ein kleines Problem«, verkündete Paris fröhlich
und schob sich einen Löffel Curry in den Mund. Eine halbe
Sekunde später riß er die Augen auf und griff rasch nach einem
Glas Wasser.
Kim schmunzelte. »Neelix hat wieder mit den Gewürzen
experimentiert.«
»Sie hätten mich warnen sollen. Meine Güte, wo hat er hier im
Delta-Quadranten Paprika aufgetrieben?« Paris atmete tief durch
und probierte das Curry noch einmal, diesmal jedoch
vorsichtiger.
»Wer weiß?« Kim beugte sich vor und stützte beide
Ellenbogen auf den Tisch. »Welches ›kleine Problem‹ meinen
Sie, Tom?«
Paris lächelte erneut – seine Geschmacksknospen schienen
sich bereits an das Curry zu gewöhnen. »Sie erraten es nie, und
deshalb sage ich es Ihnen gleich: Einige Besatzungsmitglieder
leiden an Skorbut.«
»Skorbut?« Kim schüttelte den Kopf und griff nach seiner
Gabel. »Nein, Tom, darauf falle ich nicht herein.«
»Es ist die Wahrheit«, betonte Paris. »Ich hab’s von Fähnrich
Renehan – sie gehört zu den Erkrankten.«
»Vielleicht wollte sie damit nur verhindern, von Ihnen noch
einmal zu einem Rendezvous eingeladen zu werden«,
spekulierte Kim und grinste, als Paris das Gesicht verzog. »Im
Ernst, Tom – so etwas ist völlig ausgeschlossen. Ich meine, man
kann Skorbut ganz einfach vermeiden. Ich bin an den Analysen
der letzten von uns gesammelten Nahrungsmittel beteiligt
gewesen, und daher weiß ich, daß mit ihnen alles in bester
Ordnung ist.«
»Vielleicht sind Ihnen Fehler unterlaufen«, erwiderte Paris.
»Oder jemand anders hat etwas übersehen. Rennie meinte, daß
noch acht andere Personen die gleichen Probleme haben.« Er
lächelte erneut, diesmal mit schelmischer Boshaftigkeit. »Wie
fühlen sich Ihre Zähne an, Harry?«
»Gut.« Kim runzelte die Stirn, vergaß den
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