Voyager 012 - Der Garten
ihnen
gegenüber, und ein zweiter wandernder Tisch – kleiner als der
erste, aber ebenso schwer beladen – kam herein. Hinter ihm
schloß sich der Zugang wieder. Der Kirse gestikulierte einmal
mehr, und daraufhin verharrte der Tisch. Hände und weniger
menschlich wirkende Gliedmaßen rückten Teller zurecht.
»Danke«, sagte Janeway.
Der Mann sprach, bevor sie etwas hinzufügen konnte. »Die
Kirse sind beleidigt, wenn Sie ablehnen, Captain.«
Janeway sah ihn an und verbarg ihre Neugier nicht ganz.
»Bitte nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich so direkt frage:
Wer sind Sie?«
Der Mann lächelte ungezwungen. Er war attraktiv, wenn auch
ein wenig zu hager: groß, blaß, das lange dunkelbraune Haar im
Nacken zu einem lockeren Zopf zusammengebunden. An einer
Schläfe zeigte sich eine graue Strähne, doch ansonsten fiel es
schwer, sein Alter zu schätzen.
»Mein Name lautet Thilo Revek. Ich bin vor einer Weile auf
dieser Welt abgestürzt, und die Kirse nahmen mich bei sich auf.
Unnachgiebig hat mich gebeten, bei Ihrer Begrüßung zu
helfen.«
»Unnachgiebig«, wiederholte Janeway und blickte zum Kirse.
Der Sprecher neigte erneut den Kopf – eine Geste, die er
vermutlich dem Menschen abgeschaut hatte –, und wieder zeigte
seine Miene sonderbare Nachsicht. »Er nennt mich
Unnachgiebig. Es steht Ihnen frei, seinem Beispiel zu folgen.«
»Danke«, sagte Janeway.
»Und mich nennt er Nachtgeflüster«, ließ sich der geflügelte
Kirse vernehmen. Seine Stimme war etwas heller, ohne nach der
einer Frau zu klingen, und ein subtiler Unterton darin wies auf
leises Lachen hin. »Sind Sie bereit, mit uns zu speisen,
Captain?«
»Es wäre uns eine Ehre«, erwiderte Janeway, und diesmal
zögerte sie nicht. »Aber wenn Sie gestatten… Zuerst möchte ich
Mr. Revek einige Fragen stellen.«
»Selbstverständlich«, sagte Unnachgiebig. »Bestimmt haben
Sie sich viel zu erzählen. Für uns hingegen gibt es erst dann
ausreichend Gesprächsstoff, wenn wir uns besser kennengelernt
haben. Wobei uns Thilo hoffentlich behilflich sein kann.«
Die letzten Worte klangen fast mahnend. Kim musterte Revek
neugierig und beobachtete, wie der Mann schief lächelte.
»Keine Sorge, Unnachgiebig. Sie wissen ja, was ich von diesem
Ort halte.«
»In der Tat. Dann sorgen Sie bestimmt dafür, daß sich die
Besucher wohl fühlen.« Unnachgiebig trat zu dem Tisch. »Bitte,
Gäste von der Voyager, bedienen Sie sich.«
Kim richtete einen unsicheren Blick auf Janeway, und sie
nickte. »Nur zu, Mr. Kim. Das gilt für Sie alle. Ich leiste Ihnen
Gesellschaft, sobald ich mit Mr. Revek gesprochen habe.«
Die letzten Worte verhießen nichts Gutes für den Mann. Kim
zögerte noch etwas länger und fragte sich, ob er Janeway mit
seiner Präsenz Unterstützung gewähren sollte.
Paris klopfte ihm auf die Schulter.
»Kommen Sie, Harry. Ein so gutes Angebot haben wir schon
seit langer Zeit nicht mehr bekommen. Riechen Sie nur!«
Kim schnupperte und nahm einen Duft wahr, den er nicht
mehr gerochen hatte, seit er an Bord der Voyager gekommen war. Bestimmt braucht Captain Janeway meine Hilfe überhaupt
nicht, dachte er. Um wen auch immer es sich bei Revek handeln mochte – die Kirse waren ganz offensichtlich nicht feindselig.
Die Kommandantin kam bestimmt allein zurecht. Warum sollte
ich nicht die gute Gelegenheit nutzen und etwas essen?
Kim gab sich einen Ruck und folgte Paris zum Tisch.
Janeway maß den Mann mit einem aufmerksamen Blick. Weiter
hinten hörte sie Stimmen und das leise Klirren von Metall – ihre
Begleiter hatten inzwischen am Tisch Platz genommen und
speisten. Nach den Geräuschen zu urteilen, blieben sie taktvoll
und zurückhaltend. Janeway hoffte, daß sie es nicht an der
nötigen Vorsicht fehlen ließen. Ganz gleich, wie freundlich die
Kirse zu sein schienen: Auf dieser Welt gab es noch immer viele
Dinge, die rätselhaft blieben. Das galt auch für Thilo Revek.
»Wie kommen Sie hierher, Mr. Revek?« fragte sie. Sie sprach
in dem Tonfall, den sie bei Empfängen der Admiralität benutzte:
kühl, sachlich, distanziert. Sie lauschte der eigenen Stimme und
stellte zufrieden fest, daß sie genau richtig klang.
In Reveks Mundwinkeln zuckte es kurz, und Janeway fragte
sich, ob er ihren Tonfall zu deuten wußte. »Meinen Sie mit
›hierher‹ den Delta-Quadranten oder diesen Planeten?«
»Beides.« Janeway deutete ein Lächeln an, um die
Atmosphäre ein wenig aufzulockern. »Aber beginnen
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