Voyager 012 - Der Garten
wir mit
dem Delta-Quadranten.«
Der geflügelte Kirse – er hatte sich selbst als ›Nachtgeflüster‹
vorgestellt – stand in Hörweite und hatte die Schwingen
andeutungsweise gehoben. Er teilte seine Aufmerksamkeit
zwischen Janeway und der Gruppe am Tisch. Das Geschöpf
wirkte nicht bedrohlich, aber die Kommandantin der Voyager
war sich sehr wohl seiner Präsenz bewußt.
Revek ignorierte den Kirse einfach, zuckte mit den Schultern
und zeigte erneut ein offenes, ungezwungenes Lächeln. Seine
Augen waren seltsam: Ihre Farbe lag irgendwo zwischen Grau
und Nußbraun; im goldenen Licht des Zimmers schienen sie
gelb zu glühen. Außerdem waren ihre Bewegungen nicht exakt
synchron – das linke Auge drehte sich immer ein wenig stärker
als das rechte. In der Föderation wurden solche Dinge während
der Kindheit korrigiert. Janeway machte sich eine gedankliche
Notiz und beschloß, sich später mit dieser Beobachtung zu
befassen.
»Ich stamme aus jenem Raumsektor, den die Föderation den
Cardassianern überließ. Ich machte dort gute Geschäfte und
verspürte nicht den geringsten Wunsch, für irgendeinen Gul zu
arbeiten. Deshalb schloß ich mich dem Maquis an.«
»Woraus bestand Ihre Tätigkeit, Mr. Revek?« Janeway
vernahm entspannt klingende, plaudernde Stimmen, und eine
seltsame Benommenheit erfaßte sie. Plötzlich roch sie die
Speisen viel deutlicher als zuvor: Der Duft von geschmorten
Zwiebeln wetteiferte mit den süßen Aromen von frischem Obst.
Der Geruch erinnerte sie daran, wie wenig sie in letzter Zeit
gegessen hatte. Fast übermächtig wurde der Wunsch, sich dem
Rest der Einsatzgruppe am lisch hinzuzugesellen.
»Ich habe mich vorwiegend mit Computern beschäftigt«,
erwiderte Revek, und sofort kehrte Janeways Aufmerksamkeit
zu ihm zurück. »Bordsysteme und insbesondere Autopiloten
wurden bald zu meiner Spezialität – all jene Dinge, die dafür
sorgen konnten, daß ein Maquis-Schiff weniger
Besatzungsmitglieder brauchte. Beim Test einer Software-
Hardware-Matrix traf mich ein kohärenter Tetryonenstrahl. Kurz
darauf sah ich eine eigenartige Raumstation auf dem Bildschirm.
Wer auch immer dort wohnte – er schien mich nicht sehr zu
mögen oder kaum Interesse an mir zu haben. Nun, die Leute auf
einem nahen Planeten erwiesen sich nicht als sonderlich
freundlich. Ich begann damit, das Schiff wieder
zusammenzuflicken – glücklicherweise hatte ich bei den
automatischen Systemen so gute Arbeit geleistet, daß eine
Reparatur möglich war –, und dann machte ich mich auf den
Weg nach Hause.«
Janeway versuchte, ihre Enttäuschung nicht zu deutlich zu
zeigen. Erst jetzt wurde ihr klar, wie sehr sie gehofft hatte, daß
Revek nicht auf die gleiche Weise wie die Voyager in den Delta-Quadranten gelangt war. Doch bei der ›Raumstation‹ handelte es
sich zweifellos um die Phalanx des Beschützers, die inzwischen
nicht mehr existierte – und damit blieb jene Tür geschlossen, die
direkt in den Alpha-Quadranten führte.
»Dies hier ist wohl kaum Ihr Zuhause«, erwiderte Janeway
schärfer als beabsichtigt. Sie hörte ein ledriges Knistern, als
Nachtgeflüster die Schwingen ein wenig mehr hob. Revek lachte
nur.
»O ja, da haben Sie recht. Ich kam hierher, weil ich von den
Bewohnern eines anderen Planeten die Auskunft erhielt, dies sei
eine tote Welt. Angeblich sollte es hier nur Maschinen geben,
die sich selbst erhalten. Ich hoffte, moderne Technik zu finden,
um damit die Bordsysteme meines Schiffes zu verbessern und
die Leistungsfähigkeit des Triebwerks zu erhöhen – Sie wissen
selbst, wie lang die Heimreise ist. Allerdings wählte ich einen
schlechten Zeitpunkt für meine Ankunft: Es fand gerade ein
Angriff der Andirrim statt. Es nützte nichts, sie auf meine
Neutralität hinzuweisen: Sie schossen mich auf der anderen
Seite des Planeten ab. Die Kirse schickten Nachtgeflüster…
Nein, halt, sie schickten Baumhüter, nicht wahr?«
Nachtgeflüster schob sich ein wenig näher und nickte steif.
»Ja.«
Revek nickte ebenfalls. »Als sie Baumhüter schickten, um
festzustellen, welches Durcheinander ich in ihrem Irri’a’a -
Garten angerichtet hatte…«
Der geflügelte Kirse pfiff leise, und Janeway richtete einen
überraschten Blick auf ihn. Revek schnitt eine Grimasse.
»Nachtgeflüster verabscheut meinen Akzent.«
»Ich finde ihn komisch«, widersprach Nachtgeflüster, und
Janeway begriff, daß er gelacht hatte.
»Wie dem auch sei…«
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