Voyager 012 - Der Garten
Revek schüttelte den Kopf und
schmunzelte kurz. »Nach dem Absturz war ich nicht gerade in
bester Verfassung. Die Medo-Automatik behandelte mich, aber
sie war beschädigt worden. Nun, mein Zustand verhinderte
glücklicherweise, daß ich das Schiff verließ und draußen
Nahrungsmittel sammelte. Deshalb hielt es Baumhüter für
angebracht, mich hierherzubringen – um festzustellen, ob ich ein
Tier oder eine Person bin. Um es kurz zu machen: Seitdem halte
ich mich hier auf.«
Damit macht er es sogar sehr kurz, dachte Janeway. Die interessantesten Dinge läßt er aus. So hätte ich zum Beispiel
gern gewußt, wie lange es dauerte, bis er die Gesellschaft der
Kirse verstand. Und außerdem: Weshalb kommt er so gut mit
den Bewohnern dieser Welt zurecht? »Wie lange sind Sie schon hier?«
Revek hob und senkte erneut die Schultern. »Mal sehen… Es
sind vierzehn Jahreszeiten, also etwas weniger als vier planetare
Jahre… Es dürften drei terranische Standardjahre sein,
plusminus einige tausend Stunden.«
Janeway nickte und verbarg den Argwohn, der sich bei diesen
Worten in ihr regte. Ein Mensch und Mitglied des Maquis, ohne
Kontakte zu seinem Volk, engagiert für eine Sache, der er sein
Leben geopfert hätte… Eine solche Person hätte eigentlich
danach fragen sollen, wie es um den Kampf gegen die
Cardassianer stand. Janeways Blick wanderte zu Nachtgeflüster,
der noch immer zuhörte – obwohl der größte Teil seiner
Aufmerksamkeit inzwischen der Gruppe am Tisch galt.
Verzichtete Revek auf eine entsprechende Frage, weil ein Kirse
lauschte? Es ließ sich kaum feststellen. Welche Fragen durften
unter den gegenwärtigen Bedingungen überhaupt gestellt
werden?
»Captain?«
Es war Kims Stimme, und als sich Janeway umdrehte, stand
der junge Fähnrich direkt vor ihr. Er bot ihr einen Teller an, der
goldgelb glänzte und vielleicht sogar aus Gold bestand. Darauf
lagen Fruchtstücke und Gebäck.
»Ich dachte, Sie könnten während Ihres Gesprächs eine kleine
Stärkung vertragen.«
»Danke, Mr. Kim.« Janeway nahm den Teller entgegen und
staunte darüber, mit welcher Freude sie reagierte. Sie griff nach
einem Kuchenteil, biß hinein und schmeckte ein köstliches
Aroma.
Revek räusperte sich. »Ob Sie’s glauben oder nicht: Jener
Käse stammt von einem Baum. Vielleicht haben Sie ihn schon
gesehen: Es handelt sich um eine immergrüne Pflanze, deren
lange Wedel in roten Spitzen enden. Aus dem Saft wird Quark
hergestellt.«
»Schmeckt ausgezeichnet«, sagte Janeway. Der herrliche
Geschmack sorgte dafür, daß Aufmerksamkeit und Argwohn
nachließen. Mit zwei weiteren Bissen verzehrte sie das Gebäck
und hob dann verlegen den Kopf – der eigene Appetit war ihr
plötzlich peinlich. Nachtgeflüster und Unnachgiebig musterten
sie anerkennend.
»Das Essen gehört zu den wichtigsten Kommunikationsformen
der Kirse«, erläuterte Revek. »Man könnte es mit einer Art
Kommunion vergleichen. Es ist der zentrale Kern der hiesigen
Gastfreundschaft, und diese wiederum bildet die Basis für die
Kirse-Kultur.«
Unnachgiebig hatte Kim begleitet und nickte nachdenklich.
Janeway griff nach einem Fruchtstück, biß vorsichtig hinein und
hoffte, ein wenig Zeit zu gewinnen. Diese Absicht vergaß sie
fast, als es an ihrem Gaumen zu einer wahren
Geschmacksexplosion kam. Ganz automatisch versuchte sie,
einzelne Aromen voneinander zu unterscheiden: Melone, Honig,
vielleicht auch ein Hauch Pfefferminz. Sie trachtete danach, sich
von diesem Genuß nicht ablenken zu lassen, sich statt dessen auf
Revek und ihre aktuelle Situation zu besinnen. Die
Schilderungen des Mannes klangen plausibel, aber Janeway
fragte sich, warum er so bereitwillig Auskunft gab. In welcher
Beziehung stand Revek zu den Bewohnern dieses Planeten?
»Sie fragen sich, warum ich Ihnen das alles erzähle«, sagte
Revek.
Janeway nickte.
Der Mann deutete zu Unnachgiebig, dessen Aufmerksamkeit
dem Tisch galt. »Um ganz ehrlich zu sein… Die Kirse haben
mich das ebenfalls gefragt. Sie sind am Handel interessiert, und
es geschieht nicht oft, daß sie dabei auf die Hilfe eines
Dolmetschers zurückgreifen können.« Ein Schatten huschte über
sein Gesicht. »Dabei gehe ich natürlich davon aus, daß ich
bisher alles richtig verstanden habe. Nun, mir gegenüber sind
die Kirse immer offen und konsequent gewesen.«
Janeway nickte erneut und spürte, wie ihr Argwohn nachließ.
Reveks Ausführungen paßten gut in das von
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