Voyager 018 - Seven of Nine
ihnen zu
helfen. Als er sich anschickte, die Gruppe zum Frachtraum Eins
zu führen, glaubte er, den Geruch frischer Mangos
wahrzunehmen.
Jähe Müdigkeit erfasste Seven of Nine. Sie wankte und
blinzelte. Wo befand sie sich? Dies war weder ihr Alkoven im
Frachtraum Zwei noch das vertraute, sterile Ambiente der
Krankenstation, in der sie immer mehr Zeit verbrachte.
Es blieb nur das Holodeck. Aber welches Programm lief? Es
gab keine Ähnlichkeit mit den Simulationen, die sie in
Begleitung von Janeway und Harry Kim gesehen hatte, und sie
war nie dazu gekommen, ein eigenes Programm zu erstellen.
Vor ihr stand…
Besorgnis regte sich in Seven. Vor ihr stand die drei Meter
hohe Skulptur eines weiblichen, humanoiden Wesens. Sie
erkannte Spezies 407. Mit Worten, die ihr schon einmal Ruhe
gebracht hatten, kämpfte sie gegen die in ihr zitternde Panik an:
Spezies 407. Hoch entwickelte Technik, aber ein Volk mit
unverhältnismäßigem Interesse an Kultur und Kunst, zum
Nachteil der Wissenschaft. Der Widerstand war gering. Die
biologischen und technischen Merkmale wurden…
Die Worte verblassten in ihrem Bewusstsein, als sie die
Skulptur betrachtete. Das Bildnis zeigte eine ältere Frau mit
knorrigen Händen, die sieben Finger aufwiesen. Eine Hand hielt
eine vereinfachte Darstellung der Sonne, die andere ein Symbol
des Mondes. Das Gesicht zeigte etwas, das Menschen
›Charakter‹ nannten. Es wirkte ausdrucksstark und gleichzeitig
sanft.
Seven kannte es. Sie sah ihr eigenes Gesicht.
»Nein«, hauchte sie. Sie blickte auf ihre Hände hinab, sah fünf
Finger und Implantate, erkannte sich als eine andere Frau.
Druana, flüsterte es hinter ihrer Stirn. Und doch…
Sie sank zu Boden, als die Beine unter ihr nachgaben, rollte
sich zu einer fötalen Position zusammen. Die vier schwarzen
Vögel leisteten ihr auch weiterhin Gesellschaft, obgleich sie
versuchte, ihnen keine Beachtung zu schenken.
Eine der größten Ängste der Menschen bestand darin, verrückt
zu werden. Sie sprachen in diesem Zusammenhang davon, den
›Verstand zu verlieren‹, als sei der Verstand ein Objekt, das man
irgendwo hinlegte und dann vergaß. Die Medizin des
vierundzwanzigsten Jahrhunderts konnte den meisten
Erkrankungen des Gehirns vorbeugen oder sie erfolgreich
behandeln. Die Gefahr, dem ›Wahnsinn‹ zu erliegen, war nicht
mehr annähernd so groß wie früher, aber es blieb eine
Möglichkeit, die sich nie ganz ausschließen ließ.
Seven dachte über die jüngsten Ereignisse nach und gelangte
dabei zu dem Schluss, dass ihr ein solches Schicksal drohte. Für
ihre ›Visionen‹ schien es überhaupt keinen Grund zu geben. Es
war kein Signal von den Borg eingetroffen; es gab keinen
Auslöser für verdrängte Erinnerungen. Außerdem erlebte sie
Dinge, die nicht aus ihrer eigenen Erfahrungswelt stammten,
keine echte Beziehung zu ihr aufwiesen. Für kurze Zeit schien
Seven zu einer anderen Person zu werden, ein fremdes Leben zu
leben, an den Träumen und Ängsten der Betreffenden
teilzuhaben, ihre Kreativität zu spüren.
Einmal mehr fühlte sie Tränen in sich aufsteigen und allein das
genügte als Hinweis darauf, dass etwas Bedeutendes geschah –
unter gewöhnlichen Umständen weinte Seven of Nine nicht. Sie
versuchte sich zu entspannen, hob zitternde Finger zum
Insignienkommunikator und aktivierte das kleine Kom-Gerät.
»Seven of Nine an Krankenstation.« Die Worte kratzten in
ihrem Hals.
»Hier spricht der Doktor. Was ist los, Seven?«
Die Sorge in seiner Stimme brachte weitere Tränen. Erneut
betrachtete Seven die Skulptur, das meisterhafte Selbstporträt
einer anderen Personen, geschaffen von Händen, denen Talent
und Ausbildung fehlten.
»Doktor… « Sie befeuchtete sich die Lippen und versuchte es
noch einmal. »Doktor, ich fürchte… ich fürchte, ich verliere den
Verstand.«
5
»Alle erheben sich für Seine Höchst Exzellente Ehrenhaftigkeit
Imperator Beytek Nak-Sur den Siebten!«
Die dreizehn Mitglieder der Iora, des imperialen
Beraterkonzils, standen auf, als der Herrscher Einzug hielt in
den großen, üppig geschmückten Raum. Das Oberhaupt der
Iora, Xanarit Ilt la, beobachtete die anderen aus den
Augenwinkeln. Einige Konzilsmitglieder wirkten recht lässig
und machten keine Anstalten, Haltung anzunehmen. Ein solches
Verhalten war ungehörig.
Beytek kam auf die übliche Weise herein: in einer offenen
Sänfte, getragen von vier kräftig gebauten imperialen
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