Voyager 018 - Seven of Nine
jenem Sektor befindet
sich die Heimatwelt der Graa. Keelas Volk.«
»Ich glaube, Sie sollten die Krankenstation aufsuchen.«
»Captain, ich habe es satt, mich dauernd vom Doktor
untersuchen zu lassen«, erwiderte Seven.
Janeways Lippen deuteten ein Lächeln an. »Ich verstehe. Aber
derzeit brauche ich Sie hier nicht.« Sie deutete auf den
Bildschirm. »Ein Fehler von Ihnen könnte katastrophale Folgen
haben. Das dürfte Ihnen klar sein.«
»Ich habe versagt. Es… « Seven suchte nach dem Ausdruck,
den Torres sie gelehrt hatte. »Es tut mir leid.« Sie sprach wie
immer, in einem kühlen Tonfall, obgleich in ihrem Innern
Aufruhr herrschte. Es war ein seltsames, fast überwältigendes
Gefühl.
»Sie sind traumatischen Erlebnissen ausgesetzt, für die bisher
niemand eine Erklärung hat, Seven. Von Versagen in dem Sinne
kann keine Rede sein. Ich schlage vor, Sie gönnen sich ein
wenig Ruhe und kehren für einige Stunden in Ihren Alkoven
zurück. Ich besuche Sie später, um festzustellen, wie es Ihnen
geht.«
Es klang nach einer Empfehlung, aber Seven wusste, dass es
sich in Wirklichkeit um eine Anweisung handelte. Sie nickte
und verließ die astrometrische Abteilung ohne ein weiteres
Wort. Hinter ihr schloss sich das Schott mit einem leisen
Zischen. Die Vögel folgten ihr.
Es lag ihr fern, sich auf eine verbale Auseinandersetzung mit
Janeway einzulassen, und hinzu kam: Der jüngste Zwischenfall
beunruhigte sie. Seven of Nine beabsichtigte, zur Ruhenische
zurückzukehren und sich einige Stunden lang zu regenerieren.
Doch ihre Füße schienen sie ebenso zu verraten wie zuvor die
Finger, als sie in der astrometrischen Abteilung einen ganz
anderen Raumbereich auf den Schirm geholt hatten. Sie schritt
durch die Korridore des Schiffes und folgte den drei schwarzen
Vögeln, die vor ihr flogen.
Schließlich erreichte sie das zweite Holodeck und wählte ein
ganz bestimmtes Programm.
»Simulation aktiviert«, meldete die Sprachprozessorstimme
des Computers, und die Tür öffnete sich.
Es war Morgen in der Toskana. Helles Licht strömte durch die
Fenster von Leonardo da Vincis Arbeitszimmer, und
Staubkörner schwebten in dem goldenen Glanz. Die drei
schwarzen Vögel hatten ganz offensichtlich ihr Ziel erreicht und
wurden ebenso Teil der Umgebung wie die Gemälde,
Skulpturen und Modelle.
Seven blinzelte verwirrt. Warum war sie hierher gekommen?
Sie drehte sich um, betrachtete eins von Janeways Werken und
erinnerte sich daran, eine tönerne Statue mit einer tönernen Nase
ausgestattet zu haben. Weder Interesse noch Gefühle verbanden
sich damit. Es war ein irrelevanter Vorgang, der…
Ein plötzlicher Geruch, der sich sofort wieder verflüchtigte,
nach Fäulnis und Aas…
Etwas stimmte nicht mit diesem Ort. »Es sollte keine Wände geben«, sagte Seven laut, und sofort verschwanden sie. Eine
sanfte, angenehm duftende Brise strich ihr übers Gesicht. »Und das Gras… Es hat nicht die richtige Farbe. Es sollte ein blasses Purpur zeigen.« Und das Gras wechselte die Farbe.
Seven wanderte umher, und ihre Worte verliehen der
Landschaft ein vertrautes Erscheinungsbild. Hier war sie
aufgewachsen. Hier hatte sie einen Partner gewählt, vier Kinder zur Welt gebracht und die Kinder ihrer Kinder gesegnet.
Sie dachte an den richtigen Sitz, und ein entsprechendes Wort
ließ ihn erscheinen. Einen Tonklumpen verwandelte sie in einen rechteckigen gelben Stein, in einen Simmik- Stein , ihr bevorzugtes Medium. Er war härter als Ton und weicher als die
meisten anderen Steine, schien auf ihre Berührung ebenso zu
reagieren wie ein Geliebter. Wie verschämt gab er die Bilder zu erkennen, die in seiner glänzenden Tiefe warteten.
Seven griff nach einem Meißel. Er war nicht das richtige
Werkzeug, aber alles in ihr drängte danach, mit der Arbeit zu
beginnen. Sie blickte auf ihre Hand hinab und schnappte nach
Luft. Ihre Rechte zeigte nicht das übliche Scharlachrot, sondern eine Mischung aus Gelb und Rosarot. Litt sie an einer
Krankheit? Und was war mit den Schwielen, die sie mit Stolz
erfüllten, weil sie an ein Kunst und Kindern gewidmetes Leben
hinwiesen? Ihr Herz schlug schneller, und sie merkte, dass es
sich am falschen Platz befand, in der Brust, nicht im Bauch…
Und die linke Hand! Metall umgab sie. Nun, die Finger ließen
sich bewegen, aber…
Und dann war alles in Ordnung. Bestimmt hatte sie sich nur
eingebildet, junge Hände mit fünf Fingern anstatt mit sieben zu haben.
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