Voyager 023 - Endspiel
Gelegentlich sind sogar Tage für
eine gründliche Analyse erforderlich…«
Icheb hörte gar nicht hin und fügte der Struktur einen weiteren
Stab hinzu. Nach nur wenigen Sekunden!
Die Struktur erschimmerte erneut, aber stärker als vorher, und
plötzlich gewann sie eine perfekte symmetrische Form.
»Kal-Toh!«, verkündete Icheb seinen Sieg.
Kim konnte es kaum fassen. »Sie haben ihn geschlagen!«
Unmöglich!
Tuvok kontrollierte seine Reaktion auf eine Weise, von der er
hoffte, dass seine Ahnen stolz darauf sein konnten. Doch der
Schock erschütterte ihn zutiefst und sorgte dafür, dass er kurz
den Atem anhielt.
»Herzlichen Glückwunsch«, brachte er hervor.
Icheb wand sich, als hätte er etwas falsch gemacht. »Bestimmt
war es reines Anfängerglück, Sir. Ich würde Ihnen gern
Revanche anbieten, aber man erwartet mich in der
astronomischen Abteilung…«
»Vielleicht ein anderes Mal.«
Icheb ging rasch fort und schien es sehr eilig damit zu haben,
die Offiziersmesse zu verlassen. Kim zögerte nicht und nahm
seinen Platz ein.
»Ihn ruft die Pflicht«, sagte er. »Aber ich habe dienstfrei und
außerdem das Gefühl, dass heute mein Glückstag ist!« Er rieb
sich die Hände und betrachtete die funkelnde Struktur.
Tuvok zwang sich, wieder normal zu atmen. Die Formation
auf dem Tisch war das Ergebnis eines Zufalls. Es gab keine
andere Erklärung…
Selbsttäuschung.
Er stand ruckartig auf. »Bitte entschuldigen Sie mich,
Fähnrich.«
»Es ist doch nur ein Spiel, Tuvok!«, rief ihm Kim nach, als er
zur Tür schritt.
Der Vulkanier ging geradewegs zur Krankenstation. Die Arme
und Beine fühlten sich steif an und er spürte dumpfen Schmerz
in den Gelenken. Anspannung konnte sich auf diese Weise
auswirken.
»Tuvok?« Der Doktor empfing ihn an der Tür, so als hätte er
ihn erwartet. »Haben Sie eine weitere Selbstdiagnose
durchgeführt?«
»Doktor, Sie müssen mich eher untersuchen als ursprünglich
geplant.«
»Dafür gibt es eigentlich keinen Grund…«
»Ich habe beim Kal-Toh gegen Icheb verloren.«
»Oh. Bitte machen Sie es sich bequem. Ich kümmere mich
sofort um Sie. Icheb ist ein sehr intelligenter junger Mann.
Haben Sie die Möglichkeit berücksichtigt, dass er einfach ein
besserer Spieler sein könnte?«
Der Doktor nahm einen medizinischen Tricorder von der
Aufladestation und begann mit einer Sondierung, noch bevor
sich der Vulkanier ganz auf der Diagnoseliege ausgestreckt
hatte.
»Ich habe aufgrund mangelnder Konzentration verloren«,
erwiderte Tuvok.
Der Tricorder summte an seinem Ohr – das Geräusch schien
einige Dezibel lauter zu sein als sonst. Tuvok führte diesen
Eindruck auf gesteigerte Sensitivität zurück. Die Lautstärke des
Tricorders ließ sich nicht regeln. Das Problem lag also bei ihm
selbst.
»Ich stelle ein geringeres Neuropeptid-Niveau fest«, sagte der
Doktor schließlich.
Tuvok mied den Blick des holographischen Arztes. »Das habe
ich vermutet. Mein Zustand verschlechtert sich.«
»Es ist eine geringfügige Veränderung«, erwiderte der Doktor.
»Wir wussten, dass es dazu kommen würde. Es genügt, die
Dosis der Medikamente zu erhöhen.«
Bei kritischen Problemen neigte der Doktor zu
Untertreibungen. Das war Tuvok klar, aber er wusste auch den
Versuch des Holo-Arztes zu schätzen, ihm Trost zu gewähren.
An den Fakten bestand kein Zweifel. Der Doktor hatte nicht die
Möglichkeit, die neurologische Krankheit eines Vulkaniers
langfristig zu behandeln. Die Medo-Dateien der Voyager
entsprachen dem höchsten Föderationsstandard, aber sie waren
seit sieben Jahren nicht aktualisiert worden. Die Datenbanken
konnten nicht mit neuen, von entsprechenden Fachleuten
stammenden Informationen erweitert werden. Abgesehen von
Daten, die im Delta-Quadranten über neue Lebensformen
gesammelt wurden, befand sich die medizinische Abteilung der
Voyager in einer Art Stasis. Wenn es um Vulkanier ging, war Tuvok die einzige Fallstudie. Der Doktor konnte
Aufzeichnungen über den Verlauf der Krankheit anfertigen und
auf diese Weise vielleicht zukünftigen erkrankten Vulkaniern
helfen, aber an Tuvoks Situation änderte sich dadurch nichts.
Wann war der Punkt erreicht, an dem er keinen Nutzen mehr
für das Schiff hatte? Konnte er die weiteren Veränderungen
richtig einschätzen? War er imstande, Captain Janeway lange
genug zu helfen, um die Zukunft der Crew konstruktiv zu
beeinflussen?
Sollte er damit beginnen, jemand anders mit
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