Voyager 023 - Endspiel
finde ich ganz und gar nicht schlecht.«
Seven versuchte zu verstehen, aber Chakotay wusste, dass
seine Worte ohne echte Bedeutung für sie blieben. Sie kannte
nur zwei Arten von Leben: das Borg-Kollektiv und die Voyager.
»In diesem Licht sind Sie sehr hübsch«, sagte Chakotay.
»Danke«, erwiderte Seven und reichte ihm einen Plastikteller.
»Auch Sie sind sehr hübsch.«
»Oh… danke. Meine Mutter hat das ebenfalls von mir gesagt.«
»Das war mir nicht klar.« Seven ordnete die einzelnen Speisen
in einem Muster aus rechten Winkeln an, nahm dann neben
Chakotay Platz und saß kerzengerade.
»Was war Ihnen nicht klar?«, fragte er.
»Meine Ähnlichkeit mit Ihrer Mutter. Ich nehme Ihren
Hinweis als Kompliment. Die meisten Personen begegnen ihrer
Mutter mit einer positiven Einstellung.«
»Kommt ganz auf die Mutter an«, sagte Chakotay. »Ich
mochte meine.« Er griff nach einer Flasche und hoffte, dass sie
nicht nur gefärbtes Wasser enthielt. »Eigentlich erinnern Sie
mich gar nicht an meine Mutter. Sie haben nur dafür gesorgt,
dass ich kurz an sie dachte.«
Seven hob den Kopf. »Wo ist da der Unterschied?«
Chakotay trank einen Schluck. Kalt, aber keine Kohlensäure.
Nur halb richtig. »Ich weiß nicht… Sie unterscheiden sich in
vielerlei Hinsicht von ihr. Nun, Sie sind sogar völlig anders.
Aber meine Mutter begegnete den Dingen um sie herum mit
Neugier. Die Neugier haben Sie mit ihr gemein. Außerdem war
meine Mutter eine starke Person und das gilt auch für Sie.«
Seven hob die Hand und ballte sie zur Faust.
Chakotay lächelte. »Ich meine nicht diese Art von Stärke.«
»Gibt es eine andere? Meinen Sie vielleicht einen starken
Geruch?«
Der Erste Offizier lachte. »Wissen Sie, Seven, Sie sind viel
lustiger, als die meisten Leute glauben.«
Sie richtete einen verwunderten Blick auf ihn. »Es lag nicht in
meiner Absicht zu scherzen.«
Chakotay nickte und stützte sich auf den Ellenbogen. »Das ist
die beste Art von Humor, Seven. Bitte geben Sie mir ein
Sandwich.«
Commander Tuvok saß am Kal-Toh- Tisch der Offiziersmesse
und auf der anderen Seite hatte Icheb Platz genommen. Tuvok
gewöhnte sich an die Präsenz befreiter Borg an Bord des
Schiffes, und zwar eher, als er es erwartet hatte. Icheb war am
Zug.
Die Positionen der glitzernden kleinen Stäbe auf dem Tisch
wiesen darauf hin, dass das Spiel schon seit einer Stunde
dauerte. Die Struktur wirkte chaotisch, aber es verbarg sich eine
komplexe Ordnung in ihr. Tuvok konzentrierte sein
vulkanisches geistiges Potenzial darauf, berechnete die
speziellen Belastungspunkte und schuf im Geiste ein
multidimensionales Abbild der Formation, fügte ihm
versuchsweise weitere Stäbe hinzu und prüfte ihre
Auswirkungen.
Icheb schien gar nicht imstande zu sein, solche Berechnungen
vorzunehmen. Er zögerte, mit einem Stab in der Hand, setzte
dann zu seinem Zug an.
Jemand hustete und lenkte Icheb ab. Kim stand wenige
Schritte entfernt und heuchelte Desinteresse. Icheb ließ sich
beeinflussen, änderte seine Strategie und brachte den Stab in
eine neue Position.
Tuvok bedachte Kim mit einem missbilligenden Blick, bevor
er sich an Icheb wandte. »Um des Fairplays willen möchte ich
darauf hinweisen, dass mich Mr. Kim noch nie beim Kal-Toh
geschlagen hat.«
Icheb zögerte erneut, dachte über die neue Information nach
und beschloss einmal mehr, seine Strategie zu ändern. Er
brachte den Stab zur ursprünglichen Position zurück und fügte
ihn dort der Formation hinzu.
Kim seufzte. »Sie hätten auf mich hören sollen.«
Icheb schwieg, doch seine Miene zeigte deutlichen Zweifel.
Erstaunlich, dass sich ein früherer Borg, der Teil einer
geordneten Struktur gewesen war, so leicht verunsichern ließ.
Eine einfache Drohne verfügte natürlich nur über ein begrenztes,
zweckbestimmtes Programm und sollte keine unabhängigen
Aktivitäten entwickeln. Für Icheb stellte selbst ein schlichtes
Spiel eine enorme Herausforderung dar, mit der er kaum fertig
werden konnte.
Harry Kims Fuß stieß gegen ein Bein des Stuhls, auf dem
Tuvok saß. Der Vulkanier blinzelte, analysierte die veränderte
Formation, traf eine Entscheidung und fügte seinen Stab dem
oberen Bereich hinzu. Die Struktur erschimmerte und veränderte
sich, passte sich damit der neuen Komponente an.
»Beim Kal-Toh kommt es auf Geduld und Logik an«, erklärte Tuvok. »Ein erfahrener Spieler denkt manchmal stundenlang
über seinen nächsten Zug nach.
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