Voyager 023 - Endspiel
sie die Picknickdecke auf dem Boden ausbreitete,
zeichneten sich ihre Bewegungen durch eine geradezu
atemberaubende erotische Ausstrahlungskraft aus. Chakotay
verharrte in der Tür und bewunderte die bildhauerischen
Fähigkeiten der Natur.
Nach einigen Sekunden zwang er sich, den Raum zu betreten.
Wenn Seven bemerkte, dass er sie beobachtete… Sie verstand
so etwas nicht. Diese Frau war nicht in einer üblichen
Umgebung aufgewachsen und wusste bestimmte Blicke, die
Männer ihr zuwarfen, einfach nicht zu deuten. Ihr fehlte der
soziale Hintergrund, um Dinge wie individuelles Aussehen zu
beurteilen, und deshalb hatte sie keine Ahnung, dass ihr
Erscheinungsbild alles andere als durchschnittlich war.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Chakotay.
Seven sah kurz zu ihm auf und öffnete dann einen
Kunststoffbehälter mit Nahrungsmitteln. »Dies ist ein Picknick.
Bei meinen Nachforschungen hat sich ergeben, dass sich so
etwas für die dritte Verabredung eignet.«
»Sie hätten sich nicht solche Mühe machen müssen…«
»Ich könnte ein weniger elaboriertes Essen vorbereiten, wenn
es Ihnen lieber ist.«
»Nein – verändern Sie nichts. Dies ist perfekt.«
Chakotay nahm im Schneidersitz auf der Decke Platz. Das
matte Licht strich über Sevens blondes Haar, an einigen Stellen
schien es zu glühen. Ihre großen Augen waren wie
Kaktusblumen auf einer Düne, wirkten ernst und geheimnisvoll.
Einige wenige Borg-Implantate säumten sie.
Manche Leute hätten es vermutlich für seltsam gehalten, dass
Chakotay sich auf eine Beziehung einlassen wollte, noch dazu
mit dieser Frau. Janeway mochte der Ansicht sein, dass es in
dieser Hinsicht besser war, einen gewissen Abstand zu wahren
und vor allem an die Pflicht zu denken, aber Chakotay hatte
entschieden, dass er sich nicht mehr damit zufrieden geben
wollte. Er schickte sich an, mehr als nur Freundschaft zu suchen,
und damit befand er sich in guter Gesellschaft. Die
Besatzungsmitglieder der Voyager beschränkten sich längst nicht mehr darauf, nur zusammenzuarbeiten. Inzwischen hatten
sich viele Paare gebildet.
Chakotay glaubte, in Seven etwas zu erkennen, trotz ihrer
monotonen Ausdrucksweise und einer eher mechanischen
Herangehensweise an die Routinen des täglichen Lebens –
Überbleibsel ihrer Existenz als Borg-Drohne. Sie war nicht die
einzige Drohne, die man aus dem Kollektiv befreit hatte, aber
Chakotay spürte, dass Seven nie vollständig assimiliert gewesen
war. Irgendwie hatte ihr menschlicher Geist in einer kalten Welt
überlebt und sich einen Teil der Individualität bewahrt.
Vermutlich war sie sich der eigenen inneren Kraft gar nicht
bewusst: Trotz der langen Assimilierung hatte das menschliche
Ich sich nicht etwa aufgelöst, sondern in einem dunklen Winkel
ausgeharrt und darauf gewartet, sich wieder entfalten zu können.
Chakotay bezweifelte, ob er imstande gewesen wäre, so lange
durchzuhalten.
Das Picknick war perfekt. Bei ihren »Nachforschungen« hatte Seven festgestellt, welche Komponenten zu einem typischen,
traditionellen Picknick gehörten. Es gab sogar Sodawasser in
replizierten Flaschen und Fleischscheiben in Sandwichgröße.
Dünne, knusprige Kartoffelchips bildeten den krönenden
Abschluss.
»Woher haben Sie die Nahrungsmittel? Chell herrscht mit
eiserner Hand in der Messe, obgleich er manchmal mit
ironischen Bemerkungen darüber hinwegzutäuschen versucht.
Ich fürchte, er wird nie ein so guter Moraloffizier wie Neelix.«
»Er hat mit Neelix via Fernbereichkommunikation
gesprochen. Ihm gefällt die Idee, ein ›Ehestifter‹ zu sein.«
Chakotay musterte Seven. »Sie wissen nicht, was das bedeutet,
oder?«
»Richtig«, antwortete sie und beließ es dabei.
»Haben Sie mit Neelix geredet?«
»An jedem dritten Tag stellen wir eine Kom-Verbindung her
und spielen Kadis-Kot. Dabei bleibt es, bis die Voyager außer Reichweite gerät.«
Chakotay senkte traurig den Kopf. »So problematisch jener
Tag auch sein wird – wir alle hoffen, dass er bald kommt.
Manchmal glaube ich, dass wir eigentlich gar nicht wissen, was
wir wollen. Wenn Captain Janeway nicht fähig wäre, die ganze
Zeit über an einer Vision und ihrer Entschlossenheit
festzuhalten… Ich schätze, dann wären wir längst verstreut und
in mindestens sechzig verschiedene Richtungen aufgebrochen,
um nach irgendeiner Art von Erfüllung zu suchen. Stattdessen
haben wir Picknicke, Spiele, Essen… und Babys von
Schiffskameraden. Das
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