Voyager 023 - Endspiel
verletzt,
schafft es aber zurück an Bord der Voyager und stirbt in den Armen ihres Mannes.«
»Ihre Mannes?«
»Chakotay.«
Janeways innere Welt geriet in Aufruhr. Erfand die Admiralin
dies alles, um sie umzustimmen? Diese Frau war gerissen – das
wusste sie nur zu gut.
Doch ein besonderer Glanz in den Augen der älteren Janeway
wies darauf hin, dass sie die Wahrheit sagte. »Er wird nie über
Sevens Tod hinwegkommen. Und du auch nicht.«
Janeway versuchte, diese Hinweise zu verarbeiten. Sie war
verpflichtet, ihren Eid zu achten: Das Leben eines einzelnen
Besatzungsmitglieds musste der primären Mission des Schiffes
untergeordnet bleiben. Es ging darum, Leben und Frieden zu
schützen, Stabilität in einem viel größeren Maßstab zu sichern.
»Wenn ich weiß, was passieren wird…«, sagte sie langsam.
»Dann kann ich dafür sorgen, dass es nicht dazu kommt.«
»Seven ist nicht das einzige Opfer«, konterte die Admiralin.
»Von heute an bis zur Rückkehr in den Alpha-Quadranten habe
ich zweiundzwanzig Besatzungsmitglieder verloren. Und dann
ist da noch Tuvok.«
»Was ist mit ihm?«, fragte Janeway besorgt.
Die Admiralin verlagerte ihr Gewicht vom einen Bein aufs
andere. »Du vergisst die Temporale Erste Direktive…«
»Zum Teufel damit!«
»Na schön. Tuvok leidet an einer degenerativen
neurologischen Krankheit, von der er dir noch nichts erzählt
hat.«
Wie viele Tiefschläge konnte man einstecken?
»Im Alpha-Quadranten ist eine Heilung möglich«, fuhr die
Admiralin fort. »Selbst wenn du den Kurs der Voyager änderst und die Kontakte mit fremden Spezies auf ein Minimum
beschränkst – du wirst Besatzungsmitglieder verlieren. Aber ich
biete dir die Möglichkeit, sie alle sicher heimzubringen – noch
heute! Willst du wirklich auf eine solche Chance verzichten?«
15
»Ich weiß Ihre Besorgnis zu schätzen, Captain, aber sie kommt
zu früh. Erst in einigen Jahren werden die Symptome
bedrohlich. Bis dahin kann der Doktor meinen Zustand mit Hilfe
spezieller Medikamente stabilisieren.«
Kathryn Janeway vernahm Tuvoks höfliche Worte und blieb
skeptisch. Der Vulkanier neigte nicht zu irgendwelchen
Täuschungsmanövern, aber es kam schon einer Art Lüge gleich,
dass er seine Krankheit vor ihr verborgen hatte. Janeway wusste,
dass er dabei in erster Linie an sie dachte, nicht an sich selbst.
Immerhin konnte sie ihn wohl kaum aus medizinischen Gründen
in den vorzeitigen Ruhestand versetzen.
»Hat die Admiralin Recht?«, fragte sie. »Ist im Alpha-
Quadranten die Heilung möglich?«
Es schien Tuvok nicht zu behagen, dass Janeway darüber
Bescheid wusste. »Man nennt den Vorgang Fal-tor-voh. Und er erfordert die Mentalverschmelzung mit einem anderen
Vulkanier.«
»Was ist mit den anderen Vulkaniern an Bord der Voyager?«
Janeway stellte diese Frage, obwohl sie sich eigentlich erübrigte.
Tuvok hatte bestimmt an diese Möglichkeit gedacht.
»Keiner von ihnen ist kompatibel«, erwiderte er.
»Im Gegensatz zu Angehörigen Ihrer Familie«, sagte Janeway.
»Wenn Sie wissen, dass Ihnen nur die Rückkehr in den Alpha-
Quadranten eine Aussicht auf Heilung bietet – warum haben Sie
dann keine Einwände erhoben, als ich Sie aufforderte, nach
einer Möglichkeit für die Zerstörung des Transwarp-Zentrums
zu suchen?«
Es kam fast einer Beleidigung gleich, ihn so etwas zu fragen.
Im Gegensatz zu Admiral Janeway war Tuvok noch immer an
erster Stelle Starfleet-Offizier und erst danach Mitglied einer
Adoptivfamilie.
»Meine Logik ist noch nicht beeinträchtigt«, sagte er. Offenbar
hatte er sein eigenes Wohlergehen nie dem Leben unschuldiger
Borg-Opfer gegenübergestellt – und das war auch richtig so.
»Wenn wir Erfolg haben, retten wir Milliarden von Personen
das Leben.«
Für einige Sekunden dachte Janeway nicht an das Schiff, die
Crew und den Rest des Universums. »Was ist mit Ihrem
Leben?«
Tuvok wählte eine besonders ehrenvolle Antwort. »Um
Botschafter Spock zu zitieren: ›Das Wohl der Vielen hat
Vorrang vor dem Wohl der Wenigen.‹«
Dies war eine wichtige Lektion, die Janeway fast vergessen
hätte. Ja, im Alpha-Quadranten gab es große Verlockungen,
früher oder später, aber sie waren keine Kinder, die sich im
Wald verloren hatten und nur an sich selbst denken durften.
Plötzlich schämte sie sich für Admiral Janeway und bedauerte,
dass die Crew jene Frau kennen gelernt hatte, zu der sie
geworden war.
Zu der sie geworden wäre. Sie konnte
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