VT03 - Tod in den Wolken
können. Sie war aus einem Material, das Nabuu am Otomobil und in der Roziere schon aufgefallen war: Es sah aus wie Metall, schimmerte aber heller. Vorsichtig berührte er die Miniatur. Sie fühlte sich nicht so kalt wie Eisen an und gab auf Druck ein wenig nach.
»Aluunium nennt man das«, erklärte eine helle Stimme hinter ihm.
Nabuu zog schnell die Hand von der Miniatur und drehte sich um. Vor ihm stand das schönste Mädchen, das er je gesehen hatte!
***
Sie hatte die Augen eines Gepaads, grün und mandelförmig. Von den Augenwinkeln führten schwarze Lidstriche bis zur Nasenwurzel. Dunkle gekräuselte Locken umrahmten ihr ebenmäßiges Gesicht und fielen weich auf ihre schmalen Schultern. Ein rötlicher Glanz lag auf ihnen. Ihr schlanker Körper steckte in einem durchgehenden Anzug aus schwarzem Wakuda-Leder. Die Haut ihrer nackten Arme und Füße erinnerte ihn an die braune Schokolade, die es immer am Geburtstag seiner Großmutter gegeben hatte. Sie war etwas kleiner als Nabuu und mochte ein bis zwei Jahre jünger sein.
Nabuus Augen wanderten wieder von den Füßen des Mädchens hinauf zu der violetten Tätowierung auf ihrer Stirn. Es war eine Katzenpranke. In Kilmalie trugen nur Frauen, die einen Stamm führten oder Heilerinnen waren, eine Tätowierung. War sie eine Heilerin?
Ein unsanfter Stoß in seine Seite riss ihn aus seinen Gedanken. »Was ist los mit dir? Gibt es in eurem Dorf keine Frauen?«, raunte Rönee ihm zu.
Nabuu wurde bewusst, dass er länger als es sich gehörte die junge Frau angestarrt hatte. Sie hatte ihre Fäuste in die Seiten gestemmt. Ein spöttischer Zug lag um ihren Mund.
»Darf ich vorstellen: Das ist Tala, die Leibwächterin des Kaisers.« Rönee verbeugte sich mit einer verschnörkelten Bewegung seiner Arme.
Nabuu starrte sie schon wieder an. »Ich bin Nabuu, ein… äh, Triping aus Kilmalie«, stammelte er.
»Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit! Komm schon, Bunaaga will dich sehen!« Die Schöne kehrte ihnen den Rücken zu und durchquerte den Saal.
Nabuu wäre am liebsten im Boden versunken. Er biss die Zähne zusammen.
»Ach, Rönee! Dein Onkel wartet auf dich im Gästehaus!«, rief Tala dem jungen Gardisten zu, bevor sie hinter einer Säule verschwand.
Schweigend folgte Nabuu der Schönen durch ein Labyrinth aus Gängen und Treppenfluchten. Tala lief barfuß wie er selbst, und ihre Bewegungen erinnerten ihn an die einer Wildkatze. Vor einer großen Tür aus dunklem Holz drehte Tala sich abrupt um. Nabuu wäre beinahe gegen sie geprallt. Ihre grünen Augen waren nur wenige Zentimeter von seiner Nase entfernt. Sie roch nach Vanille. Der Krieger trat einen Schritt zurück.
Wieder dieser spöttische Zug um ihren Mund. »Gut, Triping aus Kilmalie! Hör mir gut zu, was ich dir jetzt sage: Da drinnen erwartet dich der Berater des Kaisers. Halte deinen Kopf gesenkt und rede nur, wenn man dir eine Frage stellt! Hast du das verstanden?«
Eine heiße Welle des Ärgers füllte Nabuus Magengrube. Was glaubte sie, wen sie vor sich hatte? Zugegeben, sie war atemberaubend schön. Trotzdem kein Grund, mit ihm umzugehen wie mit einem Lakaien. Und überhaupt, glaubte sie, er sei zum Vergnügen hier? Nabuu reckte das Kinn und verschränkte die Arme vor seiner breiten Brust. »Ich bin nicht hier, um mit irgendeinem Berater zu sprechen, sondern mit dem Kaiser! Wo ist er?« Zufrieden bemerkte er, wie sich Talas Wangen dunkel verfärbten. Ihre Augen wurden groß und funkelten ihn wütend an.
»Was erlaubt er sich? Er hat hier nichts zu wollen und hört besser darauf, was wir ihm sagen!«
Bei Ngaai! Jetzt fing sie mit dem albernen Hofgeplapper an! Nabuu beschloss nicht darauf einzugehen. »Mehr hast du nicht zu sagen, Leibwächterin? Vermutlich weißt du nicht einmal, wo dein Kaiser steckt!«
»Er ist auf der Jagd!«
»Ach, und dich hat er hier gelassen? Na ja, vermutlich findest du dich bei Hofe besser zurecht als in der Wildnis!« Jetzt hatte er ins Schwarze getroffen. Tala zuckte zusammen, als hätte er sie bei etwas Verbotenem ertappt. Sie schnappte nach Luft. Aber Nabuus innerer Triumph hielt nicht lange an. Als er sah, wie ihre Augen sich mit Tränen füllten, fühlte er sich plötzlich elend. Hilflos ließ er die Arme sinken und suchte nach Worten, um das Gesagte wieder zurück zu nehmen.
Tala gab ihm keine Gelegenheit dazu. Sie kehrte ihm den Rücken und riss die schweren Flügeltüren auf. »Der Bauernsohn aus Kilmalie ist da!«, rief sie mit fester Stimme. Ihr Zorn war nicht
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