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VT03 - Tod in den Wolken

VT03 - Tod in den Wolken

Titel: VT03 - Tod in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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offensichtlich von menschlichen Gehirnen!«
    Der Wissenschaftler mochte Aksela. Er schätzte ihre Ruhe in brenzligen Situationen. Aber heute hasste er sie beinahe für die Gelassenheit, die sie an den Tag legte. Er leckte sich über die Lippen und wandte sich wieder dem Leichnam zu. Nachdenklich rief er sich ins Gedächtnis, was er über den Gruh bisher wusste: Er kam aus Kilmalie; Kugeln, Messer und Speere hatten es nicht geschafft, ihn zu töten; schlussendlich starb er durch Ertränken. Seine Spezies ernährte sich von noch unbekannten Würmern und menschlichem Hirn… Der Wissenschaftler stutzte.
    »Hat man eine der Leichen gefunden, denen der Gruh das Hirn nahm?«
    »Darüber ist nichts bekannt«, antwortete sein Assistent.
    »Dann finden Sie es heraus!«, knurrte Leguma. Möglicherweise mögen die Gruh auch Menschenfleisch.
    Zögernd schwebten seine Hände über dem geschlossenen Mund des Toten. Es war schon merkwürdig: Hier am Victoriasee trieb eine Bestie als Menschenfresser ihr Unwesen und in Kilmalie diese grauen Kreaturen. Die Welt erschien ihm mit einem Mal schlecht und dunkel. Er verspürte nicht mehr die geringste Lust, Maddy einen Antrag zu machen. Seine Vorfreude war dahin.
    Trotzig öffnete er dem Gruh die Lippen. Die hinteren Zähne bestanden aus hässlichen braunen Stumpen, die vorderen dagegen, ebenso braun, waren mit grobem Werkzeug angespitzt worden.
    Er leuchtete mit einer Lampe in die Mundhöhle. Die Zunge hing tief im Schlund des Toten. Mit einem Spatel versuchte er sie nach vorne zu holen, aber sie klebte am Gaumen fest.
    Leguma öffnete den Mund des Leichnams und klemmte den Spatel dazwischen. Dann ließ er seine Hand in die Mundhöhle des Gruh gleiten und tastete mit Daumen und Zeigefinger nach der Zungenspitze. Mit einem schmatzenden Geräusch löste sie sich vom Gaumen – und eine kleine schwarze Spinne, die sich darunter eingenistet hatte, sprang hervor.
    Leguma fuhr mit einem Aufschrei zurück. Das Insekt krabbelte aus dem Maul des Gruh und sprang vom Rand des Tisches auf den Boden, wo Doktor Akselas Fuß es zertrat.
    »Alles in Ordnung?«, fragte die Kollegin besorgt.
    Leguma nickte, während sich sein rasender Puls wieder normalisierte. Dann aber bemerkte er einen vier Zentimeter langen Riss im Rücken seines Handschuhs, und darunter einen blutigen Kratzer in der Haut. Offensichtlich hatte er sich an den spitz gefeilten Zähnen des Gruh verletzt. Verdammt, das auch noch!
    Leguma streifte den Handschuh ab. Der Kratzer war nur oberflächlich und blutete kaum. »Desinfektionsmittel!«, befahl er.
    ***
    Im Hinterland von Wimereux-à-l’Hauteur
    Wabo Ngaaba saß im Schatten eines Mbuyubaumes und träufelte Maschinenöl in den Abzug seiner Armbrust. Zufrieden betrachtete er die Waffe. Sein Blick glitt über die Führungsrillen zum Sucher: Drei Pfeile aus Aluunium mit Diamantenspitzen lagen in den Rillen. Durch den Sucher peilte Wabo das Küchenzelt an. Ningensi, der dicke Koch des Kaisers, wuselte um die Feuerstelle und warf einige Kräuter in die Töpfe. Er summte ein fröhliches Lied. Tomba, sein Gehilfe, heftete sich an seine Fersen. Wie ein kleiner Hund seinem Herrn, so folgte der Fünfzehnjährige dem Meisterkoch auf Schritt und Tritt.
    Aus der Ferne war das Gelächter der Frauen zu hören: Naakiti, eine Frau des Kaisers, und ihre Zofen. Sie nahmen ein Bad in einem kleinen See keine zweihundert Schritte vom Lager entfernt. Vier Wächter waren bei ihnen.
    Wabo legte die Armbrust neben sich. Er lehnte seinen kahlen Schädel an die warme Baumrinde und schloss die Augen. Das Laub der Baumkronen über ihm raschelte leise im Wind. Ein Löffler zwitscherte und einige Pavan-Affen bellten um die Wette. Feiner Bratenduft strömte in die Nase des stämmigen Mannes. Fast zu friedlich hier, wenn man den Anlass des Ausfluges bedachte: Jagd auf eine Bestie, die inzwischen Geschmack an Menschenfleisch gefunden hatte.
    Wabo erinnerte sich, dass es so etwas schon mal in dieser Gegend gegeben hatte. Aber das war lange her; er war noch ein Junge gewesen. Sein Vater, der tapfere Stammesführer der Masaaii, nahm ihn damals mit auf die Jagd. Es war ein Lepaard, der ein Kind gerissen hatte. Lecken sie einmal das Blut eines Menschen, können sie nicht mehr davon lassen , hatte sein Vater ihm damals erklärt. Als seine Männer die Wildkatze eingekreist hatten, überließ er es Wabo, den Menschenfresser zu töten. Danach galt Wabo als Mann in seinem Stamm. Man vollendete die Tätowierung auf seiner Stirn:

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