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VT07 - Niemandes Welt

VT07 - Niemandes Welt

Titel: VT07 - Niemandes Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Vandis
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krallte, zu ignorieren. Er dachte an Tala und tastete abermals nach dem grünen Stein in seiner Tasche. Der Stein war warm, als lebte tatsächlich ein Teil von Tala in ihm. Nabuu stellte sich vor, dass sie hier bei ihm war und ihn beschützte, so wie sie all die Jahre Pilatre de Rozier als Leibwächterin beschützt hatte. Sofort schlug sein Herz etwas ruhiger. Plötzlich stoppte der Tross.
    »Meldung!«, rief Wabo nach vorn.
    »Wir haben eine Weggabelung«, ertönte die Antwort des vordersten Gardisten.
    »Und die Spuren?«
    »Führen nach links.«
    Wabo zögerte nicht lange. »Wir folgen den Spuren.«
    Wenig später verbreiterte sich der Gang zu einer Art Kammer, die von einer drei Meter breiten Erdspalte geteilt wurde, aus dem ein rötlicher Schimmer an die Decke des Gewölbes fiel. Schwefliger Dampf stieg aus dem Spalt auf und verursachte Nabuu ein Kratzen im Hals. Der Boden war von Geröll und Felssplittern bedeckt, zwischen denen die Spuren der Gruh nur undeutlich zu erkennen waren. »Herr Minister!«
    Wabos Blicke richteten sich auf einen der Gardisten, der vor einem mannshohen Felsbrocken stand.
    Nabuu hielt den Atem an. Hinter dem Felsen lagen die Leichen der Gardisten. Ihre Schädel waren aufgebrochen und die Gehirne entfernt worden. Die Gruh hatten sich einfach genommen, wonach es ihnen verlangte, und die schrecklich zugerichteten Körper zurückgelassen. Wabo Ngaaba ballte die Hände zu Fäusten. »Wir werden diese Monstren finden und auslöschen – das schwöre ich, so wahr ich hier stehe!« Er trat an den Abgrund, an dessen Boden es dunkelrot glomm. »Zunächst aber müssen wir diesen Spalt überqueren. Es scheint, als seien die Gruh einfach darüber hinweg gesprungen. Wir werden uns gegenseitig mit den Seilen absichern, damit niemand zu Schaden kommt. Ein Freiwilliger jedoch wird zuerst ohne Sicherung springen müssen.«
    »Ich werde das übernehmen«, sagte Nabuu, einem Impuls folgend.
    Wabo musterte ihn skeptisch. »Du hast Mut, Junge, aber du bist auch sehr jung…«
    »Ich werde springen«, bekräftigte Nabuu. Er legte seine Ausrüstung ab und behielt nur das Messer im Gürtel. Der Spalt war nicht besonders breit, aber der unebene, von Geröll bedeckte Boden erlaubte keinen Anlauf. Nabuu trat an den Rand, wobei er es vermied, in den glühenden Schlund zu blicken, und maß die Entfernung ab.
    »Worauf wartet er noch?«, rief Hauptmann Cris von hinten. »Wenn er noch länger herumtrödelt, werden wir die Gruh niemals einholen.« Nabuu sprang.
    Seine Füße lösten sich vom Boden. Schwefeldampf gloste über seine Haut, drang in seine Nase und brannte in den Augen. Der gegenüberliegende Absatz schien auf einmal unendlich weit entfernt zu sein. Ich werde abstürzen, schoss es Nabuu durch den Kopf. Ich werde in die Glut stürzen und sterben. Instinktiv streckte er die Hände aus.
    Der Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen. Er lag mit dem Oberkörper auf den Steinen, seine Beine und seine Hüfte aber baumelten über dem Abgrund!
    »Zieh dich hoch!«, rief Wabo hinter ihm. »Keine Sorge, du schaffst es!«
    Ich schaffe es, dachte Nabuu und spannte seine Muskeln an.
    Es ging einfacher, als er gedacht hatte. Das Leben als Woormreiter hatte ihn gestählt. Er war schlank und kräftig, und die Kraft seiner Oberarme, mit denen er die Zügel der Maelwoorms zu halten gewohnt war, kam ihm jetzt zugute.
    Nur ein einziger Zug, und er würde mit den Beinen des Absatz erklimmen können. Nur ein einziger Zug…
    »Keine Bewegung«, raunte da eine fistelige Stimme über ihm, »oder ich dich werfen in Glut…«
    ***
    ***
    ***
    Hunger.
    Das war alles, woran er denken konnte.
    Schrecklicher, quälender, brennender, wühlender, bohrender Hunger!
    Sein Blick irrte durch den hell erleuchteten Raum, über den blitzenden Metalltisch mit den zerrissenen Lederschlaufen – hatte er die etwa zerrissen? – und auf das angsterfüllte Gesicht des Mannes im dem fleckigen weißen Kittel, den er an der Kehle gepackt hatte.
    Dokk, dachte er und versuchte sich zu erinnern, was diese Silbe bedeutete.
    Der Mann im weißen Kittel schrie. Kinga grollte und zog die Beine an. Die Lederriemen um seine Fußknöchel rissen mit einem peitschenden Geräusch. Kinga sprang von dem Tisch.
    Der Mann schrie irgendetwas, aber Kinga konnte ihn nicht verstehen. Er konnte sich auch nicht denken, was der Mann schrie, denn sein Kopf war einzig und allein erfüllt von der Gier nach Nahrung. Kinga drückte den Mann auf den Boden und fixierte die

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