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VT07 - Niemandes Welt

VT07 - Niemandes Welt

Titel: VT07 - Niemandes Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Vandis
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so gut wie nichts über die Gruh. Waren es Menschen? Waren es Tiere? Antoinettes Beteuerungen, dass diese Wesen offenbar selbst bei schlimmen Wunden vollkommen schmerzunempfindlich waren, erschienen ihr sehr fragwürdig. Andererseits wusste sie von ihrem Vater, dass vieles, was zunächst wie ein Werk der Götter oder Teufel erschien, bei näherer Betrachtung eine streng wissenschaftliche Erklärung haben konnte.
    Trotzdem blieb es ein Rätsel, wie die Gruh all die Jahre unter der Erde überlebt hatten. Es musste eine Art Nahrungsreservoir geben – oder jemanden, der die Gruh züchtete und domestiziert hatte.
    Bei diesem Gedanken rann Marie ein kalter Schauer über den Rücken. Sie konzentrierte sich wieder auf die Landschaft, die unter ihnen hinwegfegte. Die Andockstation in der Nähe von Ribe lag nur noch wenige Kilometer entfernt.
    Der Mond zeichnete die Schatten von Bäumen und Hügeln in die Landschaft. Obwohl die Nacht gerade einmal zur Hälfte verstrichen war, reichte das Licht aus, um zu erkennen, dass das Ufer unter ihnen menschenleer war.
    Menschenleer…
    Der Lenker deutete auf ein pyramidenförmiges Gebilde, das einen Kilometer vor ihnen wie eine Art Mini-Vulkan mit einem schwarzen Loch in der Mitte aus der Erde ragte. Um die Pyramide herum war die Steppe weiträumig gerodet worden, sodass man die vier Aufbauten erkennen konnte, die in allen vier Himmelsrichtungen in ungefähr siebenhundert Metern Abstand von der Pyramide angebracht waren. Es handelte sich um die Ankerstationen für die Haltetaue der Wolkenstädte. Natürlich nur für die Städte neuerer Bauweise – die alten mit ihren bis zu hundert Einzelplattformen und Dutzenden Haltetauen konnten nicht bewegt werden.
    Die Pyramide war die Versorgungsstation, an die der Gasschlauch angeschlossen wurde. Sie und die Ankerstationen wurden, wenn sich keine Wolkenstadt in der Nähe befand, von einem Wachbataillon beschützt. Diesem gehörten insgesamt zwölf Männer an. Jeweils zwei von ihnen waren in den Häusern bei den Ankerstationen postiert, die restlichen vier bewachten die Versorgungsstation.
    Allerdings herrschte wegen des Feuer spuckenden Berges und dem Auftauchen der Gruh in dieser Gegend gerade der Ausnahmezustand, deshalb wunderte es Marie nicht, dass sie in der Nähe der Andockstation keine Lichter erblickte. Vielleicht waren die Männer vor dem Feuer geflohen. Vielleicht hatten sie auch von den Überfällen im nahe gelegenen Kilmalie gehört und versucht, den Bewohnern beizustehen.
    Der Lenker steuerte den Witveer geradewegs auf die Versorgungsstation zu. Sanft setzte der Riesenvogel direkt vor der Pyramide im Steppengras auf.
    Bevor die beiden Gardisten auch nur Anstalten machen konnten, abzusteigen, war Marie bereits von dem Witveer gesprungen und schritt mit gezücktem Schwert auf die Pyramide zu.
    Mit ihren geschmeidigen Bewegungen und in ihrer schwarzen Lederkleidung wirkte sie wie eher wie eine Amazone denn wie eine Prinzessin von hohem Geblüt. Natürlich hätte sie niemals zugegeben, dass es auch ihre Abenteurerlust war, die sie mitten in der Nacht aus ihrem sicheren Palast getrieben hatte.
    Die Andockstation lag vollkommen im Dunkeln. Marie vernahm hinter sich die Schritte der Gardisten, die ihr mit gezücktem Säbel folgten. »Ihr solltet lieber hinter uns bleiben, Eure Excellenz«, mahnte einer von ihnen.
    »Turlututu. Wenn sich tatsächlich Gruh in der Nähe aufhalten, werden sie schon nicht aus dem Versorgungsschacht fliegen wie Springteufel aus der Kiste.«
    Die beiden Gardisten warfen sich hilflose Blicke zu. Sie kannten ihre Prinzessin gut genug, um zu wissen, dass sie sich nicht aufhalten ließ, wenn sie sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte. Andererseits dachten sie an ihren Kaiser Pilatre de Rozier, der bestimmt nicht glücklich wäre, wenn er wüsste, dass eine seiner fähigsten Töchter mitten in der Nacht nur mit einem Schwert und einer Armbrust bewaffnet in Gruh-Land umherspazierte.
    »Steht nicht so dumm herum!«, rief Marie ihnen zu. »Umrundet die Pyramide und stellt sicher, dass die Station intakt ist. Vite vite!« Sie wandte sich an den Witveerlenker. »Prüfe er die vier Ankerstationen. Wenn eine von ihnen besetzt ist, will ich umgehend informiert werden.«
    Der Lenker rief dem Witveer einen Befehl zu, und das Tier erhob sich gehorsam in die Luft.
    Marie richtete ihre Blicke wieder auf die Versorgungsstation. Die Pyramide besaß treppenförmige Abstufungen, sodass man bis an den Rand des

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