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VT07 - Niemandes Welt

VT07 - Niemandes Welt

Titel: VT07 - Niemandes Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Vandis
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Versorgungsschachtes hinaufsteigen konnte. Der Schacht selbst war mit einer schweren Betonplatte abgedeckt, die mit Eisenketten an der Pyramide befestigt war. Die Ketten liefen über ein Relais zu einem großen Holzrad, das von einer einzigen kräftigen Person bedient werden konnte. Um den Schacht zu öffnen, musste die Verriegelung des Holzrades gelöst werden, und dies war nur mit dem großen eisernen Andockschlüssel möglich, der im Palast von Orleans-à-l'Hauteur aufbewahrt wurde. Jede Wolkenstadt besaß einen solchen Schlüssel, der nur für die Öffnungszeremonie auf die Erde gebracht wurde und danach sofort wieder in die Wolkenstadt zurückkehrte. Auf diese Weise wurde sichergestellt, dass kein Unbefugter den Versorgungsschacht öffnete und durch die Entzündung der vulkanischen Gase ein schreckliches Unglück heraufbeschwor.
    Die beiden Gardisten hatten sich getrennt und umrundeten die Station jeweils von verschiedenen Seiten. Marie lauschte auf ihre Schritte, doch sie vernahm nichts außer dem Zirpen einiger Grillen. Irgendwo schrie ein Nachtvogel.
    Nach einer Minute wurde Marie ungeduldig. Die Pyramide war ungefähr zehn Meter hoch und hatte eine Kantenlänge von zwanzig Metern. Die Gardisten hätten längst zurück sein müssen!
    Sie hielt nach dem Witveer Ausschau. Der Riesenvogel war bereits Hunderte Meter entfernt und kreiste über einer der Ankerstationen. Wenn Gruh an der Rückseite der Pyramide auf die Gardisten gelauert hatten, war sie ganz auf sich allein gestellt…
    Mit dem Säbel in der Rechten und der gespannten Armbrust in der Linken stieg Marie langsam auf die Pyramide. Ein Schweißfilm bildete sich auf ihrer Stirn. Ihre Sinne waren hellwach, ihre Muskeln bereit, auf jeden Angriff sofort zu reagieren.
    Sie erreichte den Rand des Versorgungsschachts und suchte Deckung im Schatten des Holzrads.
    Ein Rascheln, wie Schritte im Gras. Marie drückte sich tiefer hinter das Rad.
    Da zischte etwas über sie hinweg und bohrte sich mit einem harten Tock in das Holz des Schwungrads. Ein eiserner Armbrustpfeil!
    Marie fuhr herum und erkannte im Dunkel vor der Pyramide die Gestalt des Angreifers.
    Ein Gardist! Hastig versuchte er einen zweiten Pfeil in die Armbrust zu spannen.
    Doch wie sah der Mann aus! Die Uniform war zerfetzt, das Gesicht und die Hände von blutigen Kratzern übersät. Er taumelte mehr, als dass er ging, und er hatte alle Mühe, Marie ein zweites Mal anzuvisieren.
    »Waffe runter!«, erschollen die Rufe ihrer beiden Gefolgsleute, die in diesem Augenblick hinter der Pyramide hervortraten. Dann erkannten sie, dass es sich um einen der ihren handelte. Ihre Augen weiteten sich.
    Der schwankende Gardist ließ die Armbrust sinken – allerdings nur so weit, dass er sie trotzdem blitzschnell abfeuern konnte. »Identifiziert euch!«, krächzte er mit heiserer Stimme.
    Marie steckte den Säbel und die Armbrust weg, stieg von der Pyramide herab und ging langsam auf den armen Kerl zu. Als sie nur noch fünf Schritte von ihm entfernt war, trat er zurück und hob nervös die Waffe. »Stehen bleiben!«
    »Er braucht keine Angst zu haben«, sagte sie ruhig. »Ich bin Prinzessin Marie, die Herrscherin von Orleans-à-l’Hauteur.«
    Sie drehte sich, sodass das Mondlicht von der Seite auf ihr Gesicht fiel. Der Gardist, der ohnehin kaum noch aufrecht stehen konnte, ließ die Armbrust fallen. »Ihr seid es… tatsächlich! Verzeiht, Eure Excellenz!«
    »Was ist hier geschehen? Wo sind die anderen Wachen?«
    »Tot… Sie sind alle… tot.«
    »Wurdet ihr überfallen?«
    Er sog heftig die Luft ein und presste sich die Hand auf die Brust. Erst jetzt erkannte Marie, dass sein Oberhemd blutgetränkt war. Zitternd sank er auf die Knie.
    »Ihr müsst fort, Prinzessin… Gefahr… die Gruh…«
    »Haben die Gruh die Station überfallen?«
    »Sie kamen… wie aus dem Nichts… diese Teufel… Haben alle Wachen… getötet.«
    »Wo sind die Leichen?«
    »Mitgenommen…« Seine blutige Hand krallte sich in das Wams der Prinzessin.
    »Wir werden ihn nicht zurücklassen«, sagte sie entschlossen.
    Er schüttelte den Kopf. »Zu spät… werde sterben… aber Ihr… müsst… leben…«
    Kraftlos sackte er zusammen. Die Luft wich aus seiner Lunge wie aus dem erkaltenden Ballon einer Roziere. Er verlor das Bewusstsein und stürzte ins Gras.
    »Helft ihm auf«, befahl Marie. »Wir werden ihn mit dem Witveer zurück nach Orleans bringen.« Als die beiden Gardisten nicht reagieren, hob Marie wütend den Kopf. »Was ist?

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