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VT07 - Niemandes Welt

VT07 - Niemandes Welt

Titel: VT07 - Niemandes Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Vandis
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begrüßte den Tod.
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    Marie schnappte sich das Schwert und folgte Nooga nach draußen. Mala blieb zurück und verriegelte hinter ihr die Tür, um die Kinder zu schützen.
    Die Szenerie, die Marie auf dem Dorfplatz vorfand, war gespenstisch. Sechs Gruh hatten sich um das Feuer versammelt, wo sie mit gesenkten Häuptern umherschlurften, je nachdem, auf welcher Seite der Flammen sich einer der Wächter aus dem Schatten der Hütten wagte.
    Die Wächter hatten die Gruh eingekreist, und sie waren ihnen an der Zahl dreifach überlegen, sodass kein Zweifel bestehen konnte, dass sie die Auseinandersetzung gewinnen würden.
    Gerade versuchte einer der Gruh einen Ausbruch. Der Wächter, der ihm am nächsten stand, ließ das Schwert kreisen und schlug dem Gruh den linken Arm ab.
    Das Wesen taumelte zurück und ließ ein unwilliges Brummen hören. Zähflüssiges Blut quoll aus der Wunde. Der Gruh drehte sich einmal im Kreis und ging dann wieder auf den Wächter los. Diesmal machte der Mann kurzen Prozess und trennte dem Grauhäutigen den Kopf vom Rumpf. Der Torso des Gruh stürzte ins Feuer.
    Der Wächter wollte auf den nächsten Gruh einschlagen, aber Noogas Ruf hielt ihn zurück. »Halt! Tötet sie nicht!«
    Die Wächter blickten Nooga erstaunt an.
    »Bist du verrückt geworden?«, rief der Mann, der den ersten Gruh erledigt hatte. »Sollen wir diese Mörder etwa am Leben lassen?«
    »Seht sie euch an«, sagte Nooga warnend. »Sie sind Gruh, aber irgendetwas ist anders an ihnen.«
    Jetzt fiel es auch Marie auf: Die Gruh sahen genauso aus wie jene, die an der Andockstation zu Dutzenden aufgetaucht waren – aber hier wirkten sie nicht halb so zielstrebig und aggressiv. Stattdessen taumelten sie scheinbar ziellos über den Platz und wichen ängstlich zurück, wenn sie dem Feuer oder einer der Wachen zu nahe kamen.
    »Irgendetwas stimmt nicht mit ihnen«, flüsterte Nooga.
    »Vielleicht sind sie zur Vernunft gekommen«, sagte Marie wenig hoffnungsvoll.
    Vernunft – allein das Wort im Zusammenhang mit diesen Bestien zu benutzen, erschien ihr paradox.
    Nooga stellte die Probe aufs Exempel, indem er sich einem der Gruh so weit näherte, dass dieser nur den Arm auszustrecken musste, um ihn anzugreifen. Doch der Gruh knurrte nur kurz, stieß ein lang gezogenes, kehliges »Gruuuuh« aus und wich vor Nooga zurück.
    »Sie sind verrückt geworden!«, stieß einer der Wächter fassungslos hervor, hob den Kopf und deutete auf das Gesträuch, aus dem die Gruh gekommen waren. »Da, noch einer!«
    Tatsächlich näherte sich ein weiterer Grauhäutiger dem Feuer, aber im Gegensatz zu den anderen bewegte er sich schneller, zielstrebiger – und sein Ziel waren nicht seine »Kameraden«, die sich um das Feuer versammelt hatten, sondern einer der Wächter. Der trat ihm entgegen, holte aus und wollte das Schwert auf den Gruh niedersausen lassen.
    Der Grauhäutige jedoch reagierte viel schneller, als sie alle es für möglich gehalten hätten: Er tauchte in einer blitzschnellen, ruckhaften Bewegung unter dem Schlag hinweg und warf sich mit vorgestreckten Klauen auf den Mann, der viel zu überrascht war, um den Angriff abzuwehren.
    Die Wucht des Aufpralls riss den Wächter zu Boden. Das Schwert flog ihm aus der Hand.
    Noch bevor Nooga und die anderen bei ihm waren, hatte sich der Gruh in seiner Kehle verbissen und riss ihm mit einer Kopfbewegung ein großes Stück Fleisch aus dem Hals. Aus der zerfetzten Halsschlagader spritzte das Blut. Das Schreien des Wächters verstummte. Er röchelte und strampelte mit den Füßen. Der Gruh hob seinen Kopf an und schmetterte ihn auf einen scharfkantigen Stein, der aus dem Boden ragte.
    Die Bewegungen des Mannes erstarben.
    Das alles war innerhalb von drei, vier Sekunden geschehen.
    Jetzt erst überwanden die anderen Wächter ihre Starre. Einer von ihnen sprang auf den Gruh zu und stieß das Schwert auf ihn hinab.
    Als hätte der Grauhäutige den Angriff vorausgeahnt, warf er sich herum. Die Schneide bohrte sich in die Brust des Leichnams. Noch ehe der Wächter sie wieder herausziehen konnte, hatte der Gruh ihn gepackt. Seine rechte Klaue stieß so schnell zu, dass man die Bewegung kaum nachvollziehen konnte.
    Der Wächter taumelte zurück, die Augen in stummem Entsetzen aufgerissen. In der blutigen Hand des Gruh erblickte er sein eigenes Herz, das soeben zuckend den letzten Schlag vollendete.
    Der Mann stürzte tot zu Boden, und der Gruh widmete sich dem gespaltenen Schädel seines ersten Opfers.

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