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VT07 - Niemandes Welt

VT07 - Niemandes Welt

Titel: VT07 - Niemandes Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Vandis
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Wachen.
    »Gruh!«, scholl ein Warnruf über den Dorfplatz.
    ***
    ***
    ***
    Der Hunger war inzwischen so schlimm geworden, dass er seine Eingeweide zu zerreißen drohte. Er wühlte in seinem Körper, fraß sich durch seine Brust und quälte sich als ein schauerlich gepresstes Heulen die Kehle hinauf.
    Wenigstens hatte der Schmerz in seiner Hand nachgelassen. Das metallische Ding, das ihm der Weiße in die Hand gerammt hatte, störte ihn jetzt nicht mehr. Es war, als hätte irgendjemand die Nerven, die die Schmerzimpulse an sein Gehirn sandten, durchtrennt.
    Hunger!
    Er konnte an nichts anderes mehr denken. Er konnte nichts anderes mehr schmecken, hören oder riechen. Seine Sinne waren auf die Möglichkeit zur Nahrungsaufnahme beschränkt. Wie ein Tier folgte er der Spur, die ihm den Weg zum Futter wies.
    Menschen.
    Er konnte sie riechen. Sie waren hier unten. Hier irgendwo im Labyrinth.
    Auf dem Weg zu ihnen begegnete er einigen Grauhäutigen, die vor ihm Reißaus zu nehmen versuchten. Aber sie waren viel zu langsam, als dass sie ihm hätten entkommen können. Er stürzte sich auf sie, riss sie mit einem Schlag seiner Klauen, schlug ihre Schädel auf die scharfkantigen Felsen und schlürfte die klebrig-gallertartige Masse, die daraus hervorquoll.
    Sie konnte seinen Hunger nicht stillen. Die Grauhäutigen konnten seinen Hunger nicht stillen. Es war, als ob er Wasser schlürfte, wenn er sich ihre Hirne einverleibte. Sie betäubten das Feuer in seinen Eingeweiden höchstens für Sekunden.
    Das Wesen, das einmal Kinga gewesen war, brüllte seinen Zorn hinaus. Die Grauhäutigen nützten ihm nichts. Er musste Menschen finden. Lebende Menschen! Instinktiv spürte er, dass ihre Hirne ihn besser nähren würden.
    Er irrte durch das Labyrinth, fand ihre Spur – und verlor sie wieder. Das Kinga-Ding brüllte vor Schmerz. Es hastete durch die Gänge. Irgendwo hier unten waren sie. Irgendwo hier.
    Und dann fand er sie.
    Nicht nur einen Menschen, sondern gleich eine ganze Gruppe. Männer. Zehn oder mehr waren es. Siebzehn, raunte eine schwache, längst verloren geglaubte Stimme in seinem Hinterkopf, ohne dass er mit diesem Wort etwas anzufangen wusste.
    Er wusste nur, dass es viele waren.
    Genug, um seinen Hunger zu stillen.
    Sie waren direkt vor ihm. Unmittelbar vor ihm.
    Das Einzige, was sie von ihm trennte, war eine Felswand. Sie besaß einen schmalen Spalt, durch die er ihre Stimmen hören konnte. Sie unterhielten sich. Eine der Stimmen kam ihm bekannt vor. Er hatte sie schon einmal gehört, in einem anderen Leben.
    Nabuu.
    Er vergaß Nabuu.
    Er war ihnen nahe – so nahe! –, aber der Spalt war zu schmal, um hindurch zu kriechen. Er versuchte ihn zu verbreitern, riss sich dabei die Fingernägel blutig, ohne auf die Schmerzen zu achten, die durch sein ramponiertes Nervensystem irrlichterten, um irgendwo auf dem Weg ins Rückenmark wie ein verwehendes Echo an einer zerstörten Synapse zu enden.
    Er wollte fressen!
    Er musste fressen, wenn er überleben und nicht selbst von dem brennenden Hunger in seinen Eingeweiden verzehrt werden wollte.
    Das Kinga-Ding brüllte seine Wut hinaus – Hunger; Hunger, Hunger – und rannte weiter. Es suchte nach einem anderen Weg zu den Menschen, fand ihn jedoch nicht. Stattdessen verlor es den Geruch wieder. Erneut kreuzten einige Grauhäutige seinen Weg. Er tötete sie und verschlang ihre Gehirne.
    Und dann fand er den Ausgang.
    Die Luft wurde plötzlich kühler. Nachtwind strich um seine ausgemergelte Gestalt. Er sah den Himmel über sich, sah die Bäume und Gräser der Steppe, hörte das Zirpen der Grillen, das ihn nicht interessierte.
    Er rannte.
    Rannte, weil Bewegung das Einzige war, was ihn von seiner Gier ablenkte – obwohl es gleichzeitig seine Reserven weiter aufzehrte und ihn dem Hungertod wieder ein Stück näher brachte.
    Er wusste nicht mehr, wie lange er schon durch die Steppe streifte. Viel zu lange. Er ahnte, er würde sterben, wenn er nicht bald etwas zu fressen fand.
    Fressen oder sterben, so einfach war das.
    Er wollte nicht sterben.
    Und dann fand er die Lichtung.
    ***
    ***
    ***
    »Halt«, schrie Wabo.
    Das Korps stockte.
    Nabuu starrte auf die spiegelglatte Wasseroberfläche, die sich vor ihnen in der Dunkelheit ausbreitete. Um ein Haar wären sie direkt in den unterirdischen See gestolpert – wenn Wabo sie nicht im letzten Augenblick gewarnt hätte.
    Der Kriegsminister drehte sich um und fixierte Niemand, dessen gebückte Gestalt von der Grubenlampe an Wabos Stirn in

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