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VT10 - Tod im Blut

VT10 - Tod im Blut

Titel: VT10 - Tod im Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern und Stephanie Seidel
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beleidigend sich der iFulentshi durch den Bau der Wolkenstädte den Göttern gegenüber verhielt. Fliegen war ihr Vorrecht, und sie konnten sehr böse werden, wenn man ihnen etwas streitig machte.
    Sicher war das auch der Grund für den Ausbruch des Kilmaaro: Die Feuergeister hatten sich an den Taten des selbst ernannten Kaisers entzündet!
    »Er ist schuld an allem Unglück«, sagte Ngomane. »Er allein! Seht nur, wie er unser Land ausblutet! Er macht den Boden krank mit seiner Gier nach Weizen, und er taucht seine unheimlichen Mückenrüssel in die Erde, um ihr den Atem zu stehlen!«
    Der Banzulu-Fürst kannte keine Begriffe wie Gasleitungen oder Monokultur. Dennoch hatte er Recht mit dem, was er sagte. Ununterbrochener, Jahrzehnte langer Weizenanbau entzog dem Boden einseitig Nährstoffe, ließ ihn anfällig werden für Schädlingserreger und minderte kontinuierlich den Ernteertrag. Woraus der Atem der Erde bestand, den die Mückenrüssel in die Wolkenstädte sogen, wusste Ngomane nicht.
    Wohl aber, dass dieser Atem explosiv war.
    »Sie sammeln ihn in den großen Ballons, an denen die Städte hängen«, sagte Ngomane nachdenklich.
    Mwemesi runzelte die Stirn. »Was nützt uns dieses Wissen?«
    »Viel, mein Bruder!« Ngomane nickte ihm zu. »Stell dir vor, was mit den Ballons – und den Städten! – passieren würde, wenn ein Mückenrüssel Feuer fängt!«
    Mwemesi stutzte. Plötzlich weiteten sich seine Augen, und er rief: »Es würde sie in tausend Fetzen reißen, die der Wind verweht!« Er lachte befreit. »Jetzt weiß ich, was du damit gemeint hast: Du willst nicht, dass das Blut des iFulentshi die Erde besudelt. Wenn die Städte explodieren, kommt es nie am Boden an!«
    »So ist es«, sagte Ngomane.
    »Aber wie sollen wir Feuer legen, ohne dabei umzukommen?«
    »Das besprechen wir, wenn ich zurück bin.« Ngomane erhob sich zum Zeichen, dass die Unterredung vorbei war. Sein Bruder stand ebenfalls auf, allerdings nicht schweigend wie die anderen Männer.
    »Wenn du zurück bist? Wo willst du denn hin?«
    »Nach Kilmalie«, sagte der Banzulu-Fürst. »Ich will genau wissen, was passiert ist, und dazu muss ich es mit eigenen Augen sehen.« Er zeigte auf drei seiner Jäger. »Tenga, Dingiswayo, Mbiti: Ihr begleitet mich! Wir brechen im Morgengrauen auf.«
    Als die Männer gegangen waren, sackte Ngomane in sich zusammen. Erst jetzt, in der Stille und Abgeschiedenheit seiner Hütte, ließ er zu, dass sein Körper den Anstrengungen des Tages Tribut zollte. Er war so erschöpft! Die Wunden, die er beim Kampf mit dem Ulungu davongetragen hatte, hätten längst behandelt werden müssen, und die Sorge um sein Volk lag ihm wie ein Bleigewicht auf der Brust. Irgendwo da draußen, jenseits der Dorfeinfriedung, gingen unheimliche Hirnfresser um. So hatte Adeyemo die Mörder von Kilmalie genannt, und bestimmt nicht ohne Grund.
    Was, wenn diese Teufel schon in der Nähe waren, vielleicht zu später Stunde durch die Palisaden drangen und kwaBulawayo überfielen? Ngomane rieb sich die schmerzende Stirn. Er musste die Wachen verstärken! Und Fackeln! Sie sollten Fackeln anzünden vor den Hütten, damit keiner in der Dunkelheit verloren ging!
    Der Banzulu-Fürst nickte versonnen. Gleich würde er den Befehl dazu geben. Er wollte nur noch einen Moment hier sitzen und ausruhen. Dem Prasseln des Feuers lauschen, die wohltuende Wärme genießen. Ngomane lehnte sich zurück und schloss die Augen. Kurz nur. Ganz kurz…
    »Du hast den Ulungu getötet!«
    »Hmm-m?« Ngomane fuhr hoch, blinzelte. Vor ihm hockte die Geisterfrau. Sie hielt sein Handgelenk und schmierte eine Paste aus Kräutern und Öl auf die Wunden am Arm. Das Feuer hinter ihr umhüllte den Schädel mit rotem Licht. Ihr ohnehin sehr dunkles Gesicht war wie ein schwarzes Loch.
    »Ich sagte: Du hast den Ulungu getötet«, wiederholte sie und fügte hinzu: »Gut gemacht!«
    »Dein Zauber war hilfreich, Mame.« Ngomane sprach die Alte mit Mutter an, als Zeichen des Respekts. Sie lachte geschmeichelt.
    »Ist er das nicht immer?«
    »Doch. Warum bist du hier?«
    »Um dich zu warnen. Du willst ins Dorf der Toten gehen…«
    Ngomane runzelte die Stirn. »Wer hat dir das gesagt?«
    »Oh, die Fledermäuse, der Wind«, meinte Issa Maganga leichthin. Sie winkte fordernd, damit er den anderen Arm ausstreckte.
    Ngomane gehorchte, und sie begann die Paste aufzutragen.
    Er schaute ihr dabei zu. Was für alte Hände sie hatte! Sie waren schon alt gewesen, als sie seine aufgeschlagenen

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