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Vulkanpark

Vulkanpark

Titel: Vulkanpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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wenig verwegen. Dass ihr
südländisches Temperament, das sie so lang unter Verschluss gehalten hatte, mit
ihr durchgegangen war, beschämte sie allerdings doch etwas.
    »Du
musst dir nicht so viele Gedanken machen«, sagte er mit dem Mund an ihrem Haar.
Schon wieder begannen seine Hände, ihren Körper zu erforschen. »Genieße
einfach. Es ist gut so, wie es ist.«
    Ihre
Brust hob und senkte sich. Und mit ihr die kleine, verblasste Schlange. Tausend
Fragen, die sie ihm stellen wollte, lagen ihr auf der Zunge. Doch sie hatte die
Befürchtung, durch ihr Reden den Zauber zu zerstören.
    Sie
blieb die ganze Nacht bei ihm. Zum Schlafen kam sie nicht. Und sie wollte auch
nicht über irgendwelche Konsequenzen nachdenken. Irgendwann gegen Morgen merkte
sie, dass Benjamin eingedöst war. Sanft löste sie sich aus seiner Umarmung und
stand auf.
    Sie
suchte ihre Kleidungsstücke zusammen. Während sie sich hastig anzog,
beobachtete sie ihn. Er wachte nicht auf, und sie schlich sich davon.
     
    »Wann bist du denn gestern nach
Hause gekommen?«, fragte Georgina am Frühstückstisch.
    »Sei
nicht so neugierig.« Franca unterdrückte ein Lächeln und beugte sich über eine
Scheibe Toastbrot, die sie mit Butter bestrich.
    »Mama?«
    Franca
sah hoch, ihrer Tochter direkt ins Gesicht.
    »Du
hast ja ganz glänzende Augen.«
    Töchtern
konnte man nichts vormachen, das müsste sie doch längst wissen.
    »Der
neue Nachbar in der Wohnung unten?«, forschte Georgina weiter. »Ist er ein
toller Mann?«
    Franca
schlang hastig ihr Frühstück hinunter. »Darüber reden wir ein andermal, ja?«
    »Wie du
meinst.« Georgina grinste breit.

18
     
    »Was hast du mit dem Jungen
gemacht?« Roger Brock hatte sich drohend vor dem rundlichen Mann mit der
gedrungenen Statur aufgebaut, der schweigend mit hängenden Schultern auf einem
Stuhl saß und sich kaum traute, zu dem polternden Polizisten hochzusehen. »Gib
endlich zu, dass du die erstbeste Gelegenheit genutzt hast, dir ein Kind zu
greifen.«
    Am
Vortag war der neunjährige Timo Sielacks aus Mendig vermisst gemeldet worden.
Er war am Abend vom Kicken auf dem Bolzplatz nicht nach Hause gekommen. Noch in
der Nacht war der Polizei-Apparat in Bewegung gesetzt worden. Seit dem frühen
Morgen durchkämmten Hundertschaften der Bereitschaftspolizei zusammen mit
vielen freiwilligen Helfern die Umgebung.
    Johann
Lomack, dessen Antrag auf Aussetzung der anschließend an seine Strafe
verhängten Sicherungsverwahrung inzwischen durch einen richterlichen Beschluss
stattgegeben worden war, war sofort in Verdacht geraten. Zwar stand er unter
Observation, aber da Beamte überall fehlten und zudem Urlaubszeit war, war eine
lückenlose Bewachung eigentlich unmöglich.
    »Du
weißt doch genau, wo das Kind ist. Wenn du nicht gleich das Maul aufmachst,
quetsch ich dir die Eier.«
    Unter
den auf ihn einprasselnden Anschuldigungen zuckte er erneut zusammen und
krampfte die Hände in seinem Schoß zusammen. Es waren kräftige Hände mit kurz
geschnittenen Fingernägeln. Mit diesen Händen hatte er nachweislich kleine
Mädchen attackiert. Die Strafe für diese Verbrechen hatte er bis auf den
letzten Tag abgesessen.
    Franca
hoffte inständig, dass sich der Verdacht, der sich auch ihr sofort aufgedrängt
hatte, als falsch erwies – die Konsequenzen wären fatal. Doch die Art und Weise
dieses Verhörs gefiel ihr überhaupt nicht.
    »Wie
soll ich denn an ein Kind kommen, wo ihr mir dauernd an den Hacken klebt?«,
wagte Lomack jetzt mit hochgezogenen Schultern zu fragen. Mit jedem Wort wurde
seine Stimme um Nuancen schriller. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    »Hör
mir bloß auf«, herrschte Brock ihn an, »ihr Typen kennt doch sämtliche Schlupflöcher.
Hast dich wohl köstlich amüsiert, als du die doofen Bullen abgehängt hast? Los.
Rede endlich.«
    Franca
hörte sich das alles eine ganze Weile mit einem unguten Gefühl an. Nicht nur,
dass Brock nach Schimanski-Art den Mann auf herablassende Weise behandelte, er
wurde immer ausfallender und schleuderte Lomack seine Wut auf alle
Kinderschänder dieser Welt ins Gesicht.
    Dieses
Verhalten war nicht mehr tragbar. Immerhin hatte Brock, wie alle
Kriminalpolizisten, Schulungen durchlaufen, in denen darauf hingewiesen wurde,
dass bei Vernehmungen moralische Beurteilungen vermieden werden sollten. Seine
Befragung jedoch ließ jegliche Taktik und erkennbare Strategie vermissen.
    Sie
atmete mehrmals tief durch, bis sie schließlich den zeternden Brock mit
scharfen

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