Vyleta, Dan
ihr tödlich genug, und selbst wenn sie
eine Pistole gehabt hätte, hätte sie sich nicht getraut, damit auf ihn zu
schießen, wäre die Kugel doch wahrscheinlich von ihm abgeprallt und auf den
Boden zwischen ihnen gefallen. Endlich sprach er.
»Ich frage
mich, warum du mich belogen hast, mein Schatz. Dein Freund Richter ist nicht so
unschuldig, wie es den Anschein hatte. Offenbar hat Boyd ihm doch die Ware
gegeben, was wahrscheinlich auch bedeutet, dass er weiß, dass du Belle bist.
Die Frage ist also, führt er dich an der Nase herum oder du mich?«
Damit
drehte er sich um und sah sie finster über die Schulter hinweg an.
Sonja
reagierte nicht. Wenn er mich umbringt, dachte sie, wird Pavel es nie erfahren.
Was sie
für ihn empfand. Sie gab ihrem Gefühl keine Worte.
Fast
sofort wurde Foskos Blick weicher.
»Nein«,
sagte er und fuhr sich mit der Hand über das Kinn. »Du würdest mich nicht an
der Nase herumführen. Nicht wegen so etwas. Da ist nichts drin für dich. Die
Yankees haben dafür einen Ausdruck: >seeing all
the angles<. Das bist du, mein Schatz. Äußerlich bist du ein
Engel, aber in dir drin ist alles hart und scharf und kantig. Wie ein
zerbrochener Spiegel. Ich frage mich manchmal, war es das Reich oder waren es
die Russen, oder bist du so auf die Welt gekommen?«
Er fing
wieder an zu spielen und trat dabei das Pedal, um die Töne zu dämpfen. Es klang
so, als würgte er den Flügel.
»Mach dir
keine Sorgen, mein Schatz. Ich halte mich an unsere Abmachung. Wenn alles
vorbei ist, bekommst du deinen Pass und das Geld. Ich frage mich allerdings, ob
du damit glücklich werden wirst.«
Er
schüttelte den Kopf und schlug immer wieder das Fis an.
Vorerst
war sie aus der Schusslinie.
Sonja hätte
sich erleichtert fühlen sollen, und doch rann ihr kalter Schweiß aus den
Achseln und den Falten unter ihren Brüsten. Sie sah nach einem Stuhl, um sich
zu setzen, merkte aber, dass sie sich nicht bewegen konnte. Vor allem machte
sie der Gedanke ganz krank, dass Fosko sie anscheinend so gut kannte wie die
Schwielen auf seinen Händen. Es kam ihr ungerecht vor.
Der
Colonel spielte einen letzten Akkord und drehte sich wie ein Schuljunge auf
seinem Hintern zu ihr herum. Er lächelte voller Reue und sprach in einem
anderen Tonfall weiter.
»Aber ich
habe ganz vergessen, was ich dir die ganze Zeit schon sagen wollte. Meine Frau
kommt heute Abend eingeflogen.«
»Deine
Frau?«, platzte es aus ihr heraus. Sie biss sich auf die Lippe. »Ich ... ich
habe gerade an sie gedacht.«
»Hast du
das? Nun, sie kommt zu Weihnachten. Neue Regeln für die Angehörigen der
Offiziere, verstehst du? Sie bringt auch die Kinder mit. Soweit ich weiß, sind
sie schon hier. Ich habe jemanden geschickt, um sie vom Flugplatz abzuholen.«
Er wischte
sich ein paar Flusen von der Uniformhose und benetzte sich die Lippen mit der
riesigen Zunge. »Dem Jungen habe ich einen kleinen Zug gekauft, und das Mädchen
bekommt eine von diesen Matrjoschka-Puppen, die bei den Russen so beliebt
sind. Ein knallbuntes Ding, hohl wie ein Sarg, aber es sind noch mehr Puppen
drin, das macht sie schwer wie einen Ziegel. Man öffnet sie genau in der
Mitte.«
Seine
trotz ihrer Masse geschickten Hände machten die dazu passende Bewegung.
»Die
Psychologie ist etwas platt: Durchbreche die Oberfläche, darunter findest du
eine Puppe genau wie die erste, bis du zu der letzten, winzig kleinen Puppe
kommst, die massiv ist und hart und sich nicht mehr brechen lässt. Ich frage
mich, was Peterson dazu sagen würde. Er liebt das Psychologische. Nicht, was
man darüber so in Büchern liest, er sieht sich die Leute einfach gerne von Kopf
bis Fuß an, wobei, er hat nur ein Auge, und damit sieht er alles etwas flach.«
Er blickte
auf, als wäre er aus einer Träumerei erwacht. »Langweile ich dich?«
Sie
schüttelte den Kopf und fragte sich, was ihn auf das Brechen von Leuten
gebracht hatte. Boyds Leiche tanzte ihr vor Augen, tanzte unbeholfen, wegen der
gebrochenen Beine.
»Als Kind
hatte ich auch so eine Puppe«, sagte sie, nur um etwas zu sagen, obwohl es eine
Lüge war.
Er zuckte
mit den Schultern, als interessiere ihn das nicht, und goss sich noch ein Glas
ein.
»Sie
werden auf jeden Fall ein paar Tage in der Stadt bleiben. Ich habe schon
überlegt, ob ich dich ihnen vorstellen soll, aber das führt zu nichts. Meine
Frau ist nicht gerne mit anderen Frauen zusammen, und ich bezweifle, dass du
die Kinder mögen würdest.«
»Ich
verstehe.«
»Ich
wusste,
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