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Wach auf, wenn du dich traust

Wach auf, wenn du dich traust

Titel: Wach auf, wenn du dich traust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Mohr
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ertragen, dass ich der Grund bin, warum er es nicht tut.
    Ich hab versucht, mich loszumachen von ihm, so gut es eben ging. Denn du warst ja auch da. Aber blöd, wie ich bin, hab ich dann natürlich bei dir dasselbe gemacht. Da hing ich dann an dir dran statt an ihm. Ganz toll.
    Und alles nur, weil ich dachte, dass ich nicht mutig sein kann. Weil ich dachte, man dürfe keine Angst haben. Und weil ich so voll bin von Angst, dachte ich, ich könne niemandem helfen.
    Vielleicht wollte mir Miriam auch was ganz anderes sagen: dass es nicht genügt zu sagen, ich traue mich nicht. Eigentlich geht es vielleicht darum zu sagen: Ich traue mich nicht, aber ich tue es trotzdem. Vielleicht wäre es ja genauso gekommen. Aber dann wärst du wenigstens nicht so schrecklich alleine gewesen.
    Vielleicht hätte selbst ich ausgereicht, dass alles anders gekommen wäre.
    Wenn es stimmt, was Miriam sagt, dann könnte das sein.
    Dann hätte ich es vielleicht sogar verhindern können. Selbst ich.

Jenny
    Am nächsten Morgen wachte Jenny mit schwerem Kopf auf. Nachdem sie gestern Abend in den Schlafsack gekrochen war, hatte ein heftiger Regen aufs Zeltdach geprasselt. Sie hatte kein Auge zubekommen und war erst Stunden später eingeschlafen.
    Jenny packte ihren Waschbeutel und ging zu den Toiletten, wo sie den Kopf unter kaltes Wasser hielt.
    Als sie aufsah, stand Debbie neben ihr. Sie hatte völlig verquollene Augen.
    Schweigend zog Jenny sich an.
    Als sie sich umdrehte und zur Tür ging, hielt Deborah sie am Arm fest. »Sorry«, sagte sie leise und Jenny konnte sehen, dass es sie einiges an Überwindung kostete. »War schräg drauf gestern. Vergessen wir’s?«
    Jenny nickte. »Klar«, sagte sie, doch es hörte sich seltsam an, wie weit entfernt. Etwas war am gestrigen Abend passiert, das sie nicht einfach so wegwischen konnte.
    Sie versuchte, Debbie beruhigend zuzulächeln, war sich jedoch nicht sicher, ob es ihr gelang. Debbie schien es jedenfalls zu genügen, denn sie atmete auf und entspannte sichtlich. Dann betrachtete sie sich wieder im Spiegel. »Ich sehe scheußlich aus«, sagte sie.
    Jenny lächelte. »Ja«, erwiderte sie und verließ den Waschraum.
    Von der ausgelassenen Vorfreude auf den Tag, die das letzte Frühstück bestimmt hatte, war heute nichts mehr zu spüren. Die meisten schienen ihren Gedanken nachzuhängen oder die Nachwirkungen des vergangenen Abends zu bekämpfen. Einzig Luzia und Greta waren wie immer in ein Gespräch über Pferde vertieft. Es war das einzige Thema, das die beiden wirklich zu interessieren schien. Jenny fragte sich, warum sie nicht auf eine Reiterfreizeit gegangen waren.
    Sie griff nach einer Schale, nahm sich Cornflakes und übergoss sie lustlos mit Milch. Sie verspürte keinen besonderen Hunger.
    Ohne sich hinzusetzen, schlürfte sie die Milch vom Löffel.
    Nach dem Frühstück stand Markus auf, um die Aktivitäten für den Tag anzukündigen.
    »So, meine Herrschaften«, begann er, »wir haben unseren zweiten Tag. Seid ihr fit?«
    Er musste sich mit einem wenig überzeugenden Gemurmel als Antwort begnügen.
    Markus lächelte schweigend, während sein Blick auf der Wiese zu seinen Füßen ruhte.
    Dann sah er plötzlich auf. »Nach der letzten Nacht kann ich mir das nicht vorstellen.« In seiner Stimme lag etwas Bedrohliches, das Jenny die Luft anhalten ließ. Sie kam sich albern vor, als ihr Herzklopfen schneller wurde. Verstohlen sah sie zu Deborah, Silvio und den anderen hinüber. Silvio blickte lässig in die Runde, als ginge ihn das alles nichts an, während Debbie auf ihrer Backe herumkaute, wie immer, wenn sie nervös war.
    »Worum geht es denn hier, worum ging es gestern bei der Kanutour«, fragte Markus. »Hat jemand eine Idee?«
    Keiner sagte etwas.
    »In unserer Gesellschaft scheinen bestimmte Dinge selbstverständlich zu sein«, sprach Markus weiter, als habe er keine Antwort erwartet. »Egoismus und Disziplinlosigkeit zum Beispiel. Man denkt nur an sich und nicht an die Gemeinschaft.« Er drückte seine Schuhspitze ins Gras.
    »Wir wollen hier deswegen auf andere Dinge setzen. Dazu gehört es, Körper und Geist klar und fit zu halten.«
    Er machte eine Pause und sah in die Runde. »Glaubt ihr, das Richtige dafür sind – Drogen?«
    Er sprach das Wort mit Abscheu aus.
    Einige hielten die Luft an. Jenny wagte es nicht, zu Deborah und Silvio hinüberzuschauen.
    Die meisten sahen auf den Boden vor sich und studierten das platt getretene Gras. Nur Frederik sah Markus unverwandt an. Luzia,

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