Wach auf, wenn du dich traust
Luft an und pustete dann den Rauch wieder aus. »Ich hab’s geschafft«, sagte er und deutete auf einen Rauchkringel, der vor ihm in der Luft hing und sich langsam auflöste. Er schien völlig ungerührt. Dann wandte er sich an Pauline. Er hielt ihr den Joint hin und sah sie an. »Ich bin Kroate«, sagte er. »Slawisches Volk. Untermenschen. Willst du noch an derselben Tüte mit mir ziehen, Frau Herrenrasse?«
Pauline antwortete nicht. Miro nahm den Joint, zog noch einmal daran und reichte ihn dann an Jenny weiter.
»Also, Markus ist kein Nazi und damit fertig«, versuchte Silvio, das Thema zu beenden.
»Ihr seid echt blind«, spuckte Pauline aus und erhob sich. Frederik pfiff durch die Zähne und nahm dann einen kräftigen Zug aus seiner Bierflasche. Langsam bekam Jenny das unbehagliche Gefühl, dass er das ganze Schauspiel außerordentlich genoss.
»Warum glaubst du denn, dass er ein Nazi ist?«, fragte sie und erwartete halb, Pauline fauche sie jetzt ebenfalls an. Doch erstaunlicherweise blieb die ganz ruhig.
»Denk doch mal nach«, erwiderte Pauline. »Kampfgeist, was beweisen – in der Natur beweisen, meine ich, ein Besuch bei der Thingstätte. Der kennt sich mit so was aus! Markus will nicht, dass wir herumlungern.«
»Schon. Aber hat das wirklich was damit zu tun?«, fragte Saskia vorsichtig.
»Na klar«, behauptete Pauline.
»Du spinnst ja«, mischte Debbie sich nun auch in die Diskussion.
»Wieso?«, fragte Pauline.
»Weil Markus so was niemals machen würde! Er will, dass wir was beweisen. Also, ihm beweisen. Damit er sieht, dass er mit uns ein Jugendzentrum aufbauen kann. Und er will nicht, dass wir immer nur abhängen und so. Wir sollen stolz auf uns sein können.«
»Klingt doch nach einem passablen Führer«, sagte Frederik.
Für Jenny war es schwierig herauszuhören, ob er meinte, was er sagte. Oder ob er einfach nur gerne provozierte.
»Ihr seid voll krank«, sagte Debbie.
»Und mit einem Typen rumzuknutschen, der noch nicht mal was von dir will, ist nicht krank, oder was?«, sagte Pauline bissig. »Was glaubst du, wie viele der schon hatte!«
»Halt du dich da raus!«, schrie Debbie.
»Hey Mädels«, versuchte Silvio zu beschwichtigen, »jetzt kommt mal wieder runter.«
Debbie rückte ein wenig von ihm ab und starrte ihn wütend an. »Soll ich mir vielleicht von der Durchgeknallten sagen lassen, mit wem ich knutschen darf, oder was? Nur weil sie keinen abkriegt?«
»Ich nehm’ nur arische Männer, danke schön«, sagte Pauline giftig.
»Dann schmeiß dich doch Markus an den Hals! Wo er ja so ein toller Nazi ist!«, ätzte Deborah. »Aber sei nicht traurig, wenn er dich nicht nimmt!«
»Besser, als mit einem rumzumachen, der sich nicht an richtige Frauen rantraut!«, keifte Pauline zurück. »Dein Silvio nimmt dich doch nur, weil du leichte Beute bist! An was anderes traut der sich doch nicht ran! Aber du bist echt zu blöd, das zu kapieren!« Sie drehte sich um. »Da passt ihr ja alle schön zusammen«, sagte sie noch, bevor sie sich umdrehte und davonging.
Ben lachte ungläubig.
Miro pustete Luft aus. »Wow«, sagte er, »krasser Abgang.«
Debbie war von Silvio abgerückt und stand auf. Sie atmete heftig. »Ich glaub, ich muss mich gleich fürchterlich aufregen«, sagte sie.
»Also, ich find dich genug richtige Frau«, sagte Max.
Deborah gab ihm einen Schlag auf die Mütze. »Halt doch einfach mal den Mund, Max«, schimpfte sie. Trotzdem schien sie etwas besänftigt.
»Lass die reden«, sagte Silvio, »das muss man doch nicht ernst nehmen.«
»Denkt ihr, Markus ist wirklich ein Nazi?«, fragte Saskia.
»Sei nicht albern«, sagte Silvio, »Markus macht einfach eine super Freizeit. Da gibt’s immer jemanden, der einem was anhängen will. Das ist der pure Neid. An den Quatsch mit dem Nazi glaub ich nicht.«
»Hat uns Markus deshalb so gehetzt?« Tino kratzte sich am Kopf. »Beim Kanufahren, meine ich? Wir waren doch schon alle klatschnass!«
»Dass der Regen so schnell kommt, konnte er auch nicht wissen«, warf Ben ein.
»Und dass wir so lange gebraucht haben, lag ohnehin nur an den Losern«, sagte Silvio. »Die nicht aufpassen konnten. Sonst wären wir doch längst rechtzeitig angekommen.«
Frederik schnalzte mit der Zunge. »Loser bleibt Loser«, sagte er und warf einen Tannenzapfen ins Gebüsch jenseits des Lichtkegels, »da kann man machen, was man will.«
»Vielleicht sollten wir denen eine Lektion erteilen«, sagte Tino. »Damit die uns nicht noch mal so ’ne
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