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Wach auf, wenn du dich traust

Wach auf, wenn du dich traust

Titel: Wach auf, wenn du dich traust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Mohr
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konnte, hatte sie das Gefühl, gegen etwas ankämpfen zu müssen. Als ob zusammen mit der Verkleidung etwas Fremdes von ihr Besitz ergriff.
    Die Kelten stellten sich auf. Sabrina hatte nach wie vor Karte und Kompass in der Hand.
    »Kennst du dich damit eigentlich aus?«, fragte Jenny sie.
    »Glaub schon. Wir haben so was schon mal gemacht, in Erdkunde.«
    Auf Beates Zeichen hin gab Markus den Startschuss und sie setzten sich in Bewegung. Sie stiegen über ein paar umgefallene Baumstämme. Der Wald dämpfte alle Geräusche und innerhalb kürzester Zeit hörten sie nichts mehr außer ihren eigenen Schritten und das Atmen der anderen. Niemand sagte etwas. Sie waren allein im Wald.

Beate
    Denise ist ein nettes Mädchen, nicht? Ich habe sie gerade noch kurz gesehen, als sie gegangen ist.
    Wenn nur alle so wären. Dann wären wir jetzt nicht hier.
    Ich habe mich auch auf Luzias Liste geschrieben. Ich finde, es gehört ja irgendwie zu meiner Pflicht, jetzt da zu sein. Nicht so sehr, weil ich glaube, dass dir das tatsächlich hilft. Die Jugendlichen sind da ein bisschen naiv. Aber es tut ihnen sicher gut, sich um dich zu kümmern. Das ist eine Aufgabe, die sie jetzt brauchen. Deshalb bin ich auch hier: um ihnen zur Seite zu stehen. Die sollen wissen, dass sie nicht alleine sind. Dass wir nach wie vor für sie da sind. Gerade jetzt, wo natürlich Fragen auftauchen.
    Klar, wenn so ein junges Mädchen daliegt und so schwer verletzt ist, da tauchen immer Fragen auf. Da glauben ja dann alle gleich zu wissen, was richtig und was falsch war. Himmel, ja, im Nachhinein kann man viel daherreden. Da ist man immer schlauer. Auch die Eltern, die gucken mich jetzt an, als sei ich eine Verbrecherin. Dabei habe ich meine Pflichten und Aufgaben erfüllt.
    Eigentlich glaube ich, dass Markus noch viel zu nett war. Das hätte ich vorher nicht gesagt, er konnte ja auch sehr streng sein und hat euch alle die Konsequenzen eurer Handlungen spüren lassen. Das finde ich gut. Aber es hat wohl nicht gereicht. Denn dann wäre das alles nicht passiert.
    Ich habe im Grunde eine Heidenangst vor Gewalt und Aggression.
    Das habe ich sogar mal zu Markus gesagt.
    Er hat mich gefragt, warum ich dann ausgerechnet Sozialpädagogin geworden bin. Und ich habe nicht mal eine richtige Antwort darauf finden können. Meine Güte, was man im Studium lernt, das ist doch alles Theorie. Und durch das Praktikum kann man sich ja auch noch irgendwie durchmogeln. Er hat es geschafft, dass ich mich wirklich gefragt habe, was ich eigentlich will. Und was eigentlich wichtig ist bei unserer Arbeit. Früher dachte ich, wenn einer was Schlimmes tut, dann weil er nicht genügend Zuneigung, Zuwendung, Liebe, was weiß ich bekommen hat. Dachte ich tatsächlich. Und ich wollte diejenige sein, die denen dann diese Liebe und Zuneigung gibt. So eine Art Übermami. Peinlich, oder?
    Aber davon hat er mich schnell kuriert.
    Was den Jugendlichen heute am meisten fehlt, sagte er, sei nicht Liebe, sondern Disziplin. Und dass es ein Skandal sei, dass Disziplin und Autorität und Macht ja beinahe schon Schimpfworte seien. Dass die Jugendlichen aber geradezu danach lechzten. Ich war natürlich skeptisch am Anfang, das klingt ja schon ganz schön… Na ja. So was will man ja nicht hören, wenn man wie ich so rosarote Vorstellungen hatte.
    Die Jugendlichen heutzutage sind aber genau so, wie er sagt. Völlig ohne Kontrolle. Die ballern ja sogar rum, wenn es sein muss, weil sie nichts anderes kennen aus dem Fernsehen und von ihren Computerspielen. Dagegen hat sich Markus von Anfang an gestellt. Deshalb hat er auch die Handys einsammeln lassen. Also ich finde ja nach wie vor, er hat da richtig gute Ideen im Kopf.
    Es war doch auch alles perfekt am Anfang. Ich habe ja praktisch vom ersten Tag an gesehen, dass es funktionierte, was er tat. Markus war immer Herr der Lage. Er hatte alles unter Kontrolle. Und man hat gemerkt, dass er einen richtigen Bezug zu euch hatte. Er hat euch angesteckt. Begeistert. Sobald er den ersten Fuß im Bus hatte. Ihr wolltet mitmachen und dabei sein. Ihm gefallen. Das Punktesystem, das wir uns ausgedacht hatten, das war gar nicht das Wichtigste. Er war wichtig, ihm wolltet ihr gefallen. Die Handys zum Beispiel, die waren euch plötzlich scheißegal. Da würde sich doch heute jeder Lehrer die Finger danach lecken, wenn er solche Jugendlichen vor sich hätte!
    Vielleicht hat sich alles ein bisschen zu sehr auf ihn konzentriert. Aber was soll ich so einem wie ihm da schon

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