Wach auf, wenn du dich traust
sein eigenes Ding durchziehen, sich um jeden Preis gegen alle durchsetzen, da gibt es tausend Sachen zu bedenken – das ist was, was du eben noch lernen musst.
Ich will nicht behaupten, dass du selbst schuld bist, dass du hier liegst, wirklich nicht. Ja, es tut mir leid, dass das passiert ist. Und vielleicht hätte ich anders mit der Sache umgehen sollen, nachdem du zu mir gekommen bist. Aber wie hätte ich dich beruhigen können? Du hättest ja nicht lockergelassen. Dann hätte ich das gute, sichere Gefühl, das ich bei Markus immer noch habe, ausschalten müssen. Und ich glaube nicht, dass das der richtige Weg gewesen wäre.
Ich höre sie schon, die ganzen selbstgerechten Besserwisser, wie sie herumposaunen, was gut und richtig gewesen wäre. Und was vollkommen falsch gelaufen ist. Das ist wie beim Fußball, wo auch immer alle Bierbäuchigen ganz genau wissen, wie die Spieler den Ball zu schießen zu haben.
Ich werde jedenfalls ein Problem kriegen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Markus irgendwas zu befürchten hat. Der ist ein verdientes Vereinsmitglied, jeder hier kennt ihn. Das soll nichts gegen ihn sein, aber er hat einfach Glück. Ich hingegen habe natürlich einen schwereren Stand.
Denn man wird einen Sündenbock suchen. Dass ich meine Aufsichtspflicht verletzt hätte, wird es heißen. Keine Ahnung, ob ich das widerlegen kann, auch wenn es mitten in der Nacht war.
Ich denke, mir bleibt nicht anderes übrig, als hier wegzuziehen. Wer wird mir hier noch sein Kind anvertrauen? Vielleicht baue ich mir woanders was Neues auf. Ein Strafverfahren wird es wohl geben, das müssen sie machen, denke ich. Was mit Silvio passiert, weiß ich nicht. Wahrscheinlich gar nichts, er ist ja noch nicht strafmündig.
Was Markus betrifft, ihm kann man nichts anlasten. Was ihr da zu Beginn getuschelt habt, dass Markus ein Nazi ist, das ist völliger Schwachsinn. Diese Pauline, die ist ein armes, verblendetes Ding. Markus wusste ja sogar, dass das manche von ihm denken. Aber er hat darüber nur gelacht und gesagt: Sobald einer ein Händchen fürs Führen hat, dann riecht man gleich den Nazi. Und dass Werte wie Disziplin, Unterordnung und die Einschränkung des eigenen Willens zugunsten eines gemeinsamen Ziels wegen dieser unseligen deutschen Vergangenheit in Verruf geraten seien. Zu Unrecht.
Er hat immer zu mir gesagt, ihm ist die Hautfarbe, Religion oder was auch immer völlig egal, solange einer seine Leistung bringt und Teamgeist beweist. Und das hat er auch durchgezogen.
Dass er es gewesen sein soll, der »angeordnet« hat, dass sie dich so zurichten, das ist doch lächerlich! Das kann ich mir bei ihm einfach nicht vorstellen. Schließlich war es Silvio, von dem das vor allem ausging. Da sind sich alle einig, er hat es ja sogar selbst zugegeben. Und mal ehrlich: Silvio ist ja nun wirklich kein Unschuldsengel. Traue ich ihm durchaus zu, so eine Aktion. Da braucht der doch nur jemanden, der ihn anstachelt. Der kann sich ja kaum kontrollieren, wenn ihn einer provoziert. Vielleicht wollte er es nicht mal so weit kommen lassen, aber es ist ihm dann irgendwie eine Sicherung durchgebrannt.
Und du kannst Markus nur dankbar sein. Selbst in der Situation, als wir dich im Wald gefunden haben, hatte er alles erstaunlich gut unter Kontrolle. Das hätte ja leicht eskalieren können, gerade die Mädchen waren kurz vor der Hysterie.
Jenny, wie sehr ich dir auch wünsche, dass du wieder aufwachst – es gibt eine Sache, die macht mir Sorgen. Wenn du aufwachst, werden sie dich befragen. Und du wirst natürlich sagen, dass du dich mir vorher anvertraut hast.
Deine Eltern werden sagen: Die hat es zugelassen, dass unsere Tochter auf der Intensivstation gelandet ist! Die hätte es verhindern können. Aber das hätte ich nicht, denn tatsächlich ist doch bis zum Vorfall im Wald nichts passiert. Nichts, was mich alarmiert hätte.
Wie sehr ich mir auch wünsche, dass du wieder aufwachst… ich meine, wie könnte ich mir je wieder in die Augen sehen?
Was ist, wenn dann alle mit dem Finger auf mich zeigen?
Wie hätte ich denn wissen sollen, dass es so weit kommt?
Jenny
Sie gingen eine ganze Weile durch den Wald und versuchten, sich mit den ungewohnten Klamotten einen Weg zu bahnen.
»Da!«, schrie Pauline plötzlich. »Da ist was!«
Jenny und die anderen folgten ihr und dann standen sie vor einem aus Steinen gelegten Symbol.
»Was soll denn das sein?«, fragte Deborah. »Sieht aus wie… ein Buchstabe. Ein R oder so.«
»Das ist
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