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Wach (German Edition)

Wach (German Edition)

Titel: Wach (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albrecht Selge
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nicht schlafen kann: wahrhaft berechtigt, sich rumzutreiben.
    Eine Bahntrasse verläuft quer über den Fluss, eine lange Reihe erleuchteter Fenster zieht vorüber, verfliegendes Geratter. Nicht mehr Flüsse gliedern die Stadt, nicht mehr Bäche und Kanäle, sondern Gleisstränge und Eisenbahnringe; die Stadt liegt an keinem Fluss mehr, sondern an der Stadtbahntrasse. An ihrem Pfeiler, auf einer Uferbank, bemerkt August einen Haufen aus dicken Bündeln, Kleidern und Tüten. Allmählich erkennt er einen schlafenden Menschen darin, einen trotz der Wärme dick eingemummelten Mann, der sein Lager am Fluss hat. Jeden Morgen wacht der Mann auf, denkt August, und sieht aufs Wasser hinaus und weiß sich umgeben von den Dingen, die er besitzt: ein paar Tüten, ein großer Rucksack, ein Einkaufswagen.

    In der Straßenbahn sitzend, marode vom nächtlichen Rumgehen, denkt August, es ist abwegig, dass es die Welt gibt, aber mehr noch, dass er Teil von ihr ist. Trotzdem macht er sich Sorgen, die Welt könnte, wenn er die Augen schließt oder zur Seite schaut, plötzlich verschwunden sein. Später, beim Mittagessen im Jamaika/Bangkok, verhält er sich still und beachtet die plaudernde Peggy nicht, sondern lässt seine Blicke unauffällig über die Essenden schweifen. Zwei verschnupfte Sachbearbeiterinnen kauen asynchron. Der Vermietungsmanager beißt lange auf einem zähen Stück Fleisch herum, August wartet gespannt darauf, dass er es runterschluckt. Als es endlich so weit ist, ist August von dem Vorgang halb befremdet, halb beglückt, er findet den schluckenden Vermietungsmanager bizarr und zugleich rührend. Eine Praktikantin bewegt mit ihren Händen Messer und Gabel und scheint sich gar nicht darüber zu wundern.
LustschlösschenCenter Aktuell  – Juni
Editorial
Entdecken Sie die Lust der Juno!
Liebe Leserin, lieber Leser ,
unvergleichliche Schönheit des Monats, den die Alten Brachet nannten, Brachmonat : Dreißig Tage zählt der sechste Monat, als einziger Monat größer zwei ist die Zahl seiner Tage durch seine Position im Jahreslauf teilbar. Heute nennen wir ihn nach Juno , weiblicher Entsprechung des Genius, Schutzgeist der Frauen.
Faszinierende Warenwelten erwarten Sie. Auf zwei von zahllosen Juni-Highlights möchte ich Sie persönlich aufmerksam machen:
«Besteck neu erleben» – das können Sie während der Internationalen Besteck-Wochen in den Französischen Kochkunst-Passagen . «Zeitgemäße Besteck-Philosophie liegt in der Verbindung von puristischem und sinnlichem Flair, konform zum aktuell gültigen Wohn-Ambiente.»
Und wie wär’s mit einem Lust-Bummel im Gastro-Walk? In der Confiserie Dolce Vita erwartet Sie in der neueröffneten Orientalischen Naschkammer ein Gaumenkitzel der besonderen Art.
PreisClou des Monats ® in unseren Verbrauchermärkten: grüner Spargel aus dynamischem Anbau und Grillkohle aus Premium-Buchenholz.
Ceterum censeo: Unterhaltungs-Elektronik war noch nie so günstig wie heute.
Herzlichst, Xerxes
    Auf einmal bemerkt er, dass der Mann mit dem Didgeridoo barfuß ist. Seine Füße sind furchtbar schmutzig. August schaut seine eigenen glänzenden Lederschuhe an, beim Gedanken, hier barfuß zu sein, ekelt es ihn. Zugleich erinnert er sich an die Indianerbücher seiner Kindheit, ein Blackfoot in der U-Bahn, denkt er und spürt alle Traurigkeit von Indianergeschichten; vielleicht stellt der Blackfoot sich vor, die Pfeile aus seinem Köcher zu nehmen und, einen nach dem anderen, die Fahrgäste zu töten, die seine Erde zerstört haben, Häuser und Straßen darauf gebaut und Schächte und Tunnel hineingegraben; wie fremd und allein er ist, barfuß in der U-Bahn, August kann sich in diesem Moment keine stärkere Verneinung der Stadt vorstellen. Treten Sie kürzer, hat Xerxes gesagt, bauen Sie Überstunden ab, und August hat am frühen Nachmittag das Büro verlassen. Es war fast ein Rausschmiss, August kommt immer früh und arbeitet oft, erhitzt von Commitment, bis tief in die Nacht, wenn Multiplex und Entertainment-Center schon geschlossen sind und nur noch Xerxes da ist, der nie zu gehen scheint. Sicher könnte August öfter halbe und ganze Tage wegbleiben, aber das tut er nicht, aus Scheu vor dem Leben, das so beginnen könnte, als Stadtstreicher ohne Rückkehrmöglichkeit. Doch heute genießt er es, er fährt mit der U-Bahn in eine Zufallsrichtung und kehrt an einem unbekannten Bahnhof an die Oberfläche zurück: ein angenehmer Sommertag, nicht heiß, der Himmel freundlich bedeckt.
    Er geht

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