Wach nicht auf!: Roman (German Edition)
dass sie Roxy gerettet hatte, aber sie strahlte ein neues Selbstbewusstsein aus.
Tausend Fragen gingen Anne durch den Kopf, und sie hatte den ganzen Vormittag darüber nachgegrübelt, wie sie sie stellen sollte. Schließlich brachte sie eine vor.
»Ich will ja nicht neugierig sein, aber was ist eigentlich zwischen Ihnen und Jackson vorgefallen, nachdem ich mit dem Hund ins Haus gegangen bin?«
Sam blickte von dem weißen Stricktop auf, das sie vor sich hielt. »Zwischen Jackson und mir?«, fragte sie, schüttelte den Kopf und hängte das Top wieder weg.
Anne nickte.
»Nicht viel«, antwortete Sam und begutachtete eine marineblaue Bluse. »Er war einverstanden, dass ich Roxy behalte.« Sie verzog das Gesicht. »Aber wahrscheinlich bekomme ich heute einen Anruf von meinem Vater.«
Anne überlegte, wie glücklich Sam wirkte, wenn sie mit dem Tier zusammen war. »Sie lassen es sich aber nicht von Ihrem Vater ausreden, die Hündin zu adoptieren, oder?«
»Garantiert nicht«, erklärte Sam heftig. »Sie ist vielleicht nicht der Designer-Hund, den ich seiner Meinung nach haben sollte, aber das ist mir egal. Sie gehört zu mir.«
»Hm …«, begann Anne. »Warum wollten Sie sie eigentlich vor unserer Einkaufstour bei Greg vorbeibringen?«
Sam ging zum nächsten Blusenständer. »Ich bin mir sicher, dass Jackson und Roxy gut miteinander zurechtgekommen wären«, sagte sie eilig, »aber sie haben gestern Abend nicht gerade freundschaftliche Bande geknüpft. Roxy war in seiner Nähe wirklich nervös. Außerdem kann sie bei Greg mit Molly spielen.« Sie strich mit der Hand über eines der Tops.
»Was wollen Sie unternehmen, wenn sich das nicht ändert?«
»Es wird sich ändern. Sie werden sich schließlich aneinander gewöhnen, und ich bin mir sicher, dass Jackson sie lieb gewinnen wird, aber vorläufig …« Ihre Stimme erstarb.
Anne war sich da nicht so sicher, aber sie behielt ihre Meinung für sich und begutachtete ein Preisschildchen. Diese Kleider waren nichts besonders Edles, aber sie konnte sie sich trotzdem nicht leisten. Also ließ sie das Preisschildchen los und ging zum nächsten Ständer. Sie konnte sich gar nicht erinnern, wann sie zum letzten Mal etwas für sich selbst gekauft hatte. Immer gab es Notwendigkeiten, die Vorrang vor ihren Wünschen hatten, aber eines Tages …
Sam drehte sich plötzlich um und unterbrach ihre Gedanken. »Hier finde ich auch nichts.«
Anne neigte den Kopf und seufzte. »Der einzige Laden, der jetzt noch übrig bleibt, handelt mit gebrauchten Kleidern.«
Sam wurde munter. »Vintage?«
»Ich weiß nicht, ob man das Vintage nennen kann«, erwiderte Anne lachend. »Aber es ist der einzige Laden, der noch übrig ist.«
Fünf Minuten später begutachteten Anne und Sam im Secondhand-Laden den Ständer mit den Kleidern.
Sam nahm ein Kleid und hielt es an sich. Der hell lavendelblaue Stoff war mit dunkelvioletten Blumen gemustert und hatte ein eng anliegendes Oberteil und einen Rock, der bis zum Knie reichte.
»Was halten Sie davon?«
Anne blickte auf ihre Shorts und ihr T-Shirt hinunter. »Ich bin nicht gerade ein Modenarr – Sie sollten wohl besser eine der Verkäuferinnen nach ihrer Meinung fragen.«
»Groß genug sind Sie jedenfalls, um modisch zu sein«, antwortete Sam lächelnd. »Sie hätten Model werden können.«
Anne spürte, wie sie erbleichte, und wandte sich ab. »Oh, schauen Sie doch nur die hier«, wechselte sie rasch das Thema. Sie nahm ein purpurrotes Schultertuch zur Hand, das neben den Kleidern auf einem Tisch lag. »Wie das wohl zu dem Kleid passen würde?«
Sam nahm das Tuch entgegen. »Großartig. Das nehme ich.« Sie wollte schon Richtung Kasse gehen, hielt aber noch einmal inne, trat zu einem Ständer mit Tops, suchte eine eisblaue Tunika heraus und hielt sie Anne an. »Das hier passt großartig zu Ihrem blonden Haar und den blauen Augen. Sie sollten es nehmen.«
»Was? Nein«, erwiderte Anne mit einem Kopfschütteln und nahm Sam den Kleiderbügel ab, um ihn wieder auf den Ständer zu hängen. Dann hielt sie inne, und ihre Finger strichen über den glatten Stoff. Seide, es musste Seide sein. Sie streichelte den Stoff sehnsüchtig. Sie hatte noch nie etwas so Schönes besessen.
Sam blickte auf das Preisschildchen. »Es ist ein echtes Schnäppchen – nur fünfundsiebzig.«
»Fünfundsiebzig Dollar ?« Anne wollte die Tunika rasch wieder auf den Ständer hängen. »Das sind etwa fünfundsiebzig Dollar mehr, als ich für etwas ausgeben kann, was
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