Wach nicht auf!: Roman (German Edition)
auf.
»Lassen Sie die Musik doch laufen. Sie ist wunderschön, aber ich erkenne den Komponisten nicht. Wer ist es?«
Fritz legte die Hand aufs Herz und verbeugte sich. »Ich.«
Sam riss die Augen auf. »Sie haben das komponiert?«
»Ja«, antwortete er mit erfreuter Miene. »Für diese Reaktion auf meine Musik haben Sie mehr als nur einen Kaffee verdient. Eine Bloody Mary vielleicht?«
»Nein, danke«, erwiderte Sam abwinkend. »Für mich ist es dazu noch zu früh, aber lassen Sie sich nicht abhalten.«
»Wir werden beide Kaffee trinken«, antwortete er augenzwinkernd und ging zum Schrank. Er hatte gerade zwei Tassen und Untertassen herausgeholt und begonnen, den Kaffee einzuschenken, als ein Klopfen ihn unterbrach. »Hoppla, heute habe ich aber viel Besuch.«
Fritz ging zur Tür und machte auf. Auf der anderen Seite der Schwelle stand Edward Dunlap.
Fritz ergriff ihn beim Arm und zog ihn herein. »Edward, trink doch einen Kaffee mit uns«, sagte er und führte ihn in die Küche.
Als Edward Sam erblickte, zögerte er. »Ich kann später wiederkommen.«
»Unsinn.« Fritz ließ Edwards Arm los, schenkte rasch ein und reichte Edward die Tasse.
Edward starrte die volle Tasse an, als wisse er nicht, was er damit anfangen solle. Er stellte sie auf die Theke und blickte auf Roxy hinunter, die zusammengerollt zu Sams Füßen lag. »Ich habe gehört, dass Sie einen von Gregs herrenlosen Hunden adoptiert haben.«
Sam lächelte auf die Hündin hinunter. »Ja, sie ist eine großartige Gefährtin geworden.«
»Ich hätte immer gerne einen Hund gehabt«, meinte Edward bedauernd, »aber Mutter ist allergisch dagegen.«
»Das ist wirklich schade.«
Edwards Aufmerksamkeit schweifte ab, und er hob den Kopf, als hörte er erst jetzt die Musik. Er legte die unverletzte Hand auf die Theke, und seine Finger begannen, mit dem unsichtbaren Pianisten mitzuspielen. Seine Augen nahmen einen träumerischen Ausdruck an, und seine Lippen verzogen sich zur Andeutung eines Lächelns.
»Edward, sind Sie …«, begann Sam, brach aber ab, als Fritz an ihr vorbeihastete.
Er eilte zur Stereoanlage und schaltete sie mit einer einzigen, schnellen, verärgerten Handbewegung aus.
Wie von der plötzlichen Stille überrumpelt, schüttelte Edward benommen den Kopf. Sein Blick schoss zu Fritz, der noch immer bei der Stereoanlage stand.
»Ich … ich … muss gehen. Entschuldigen Sie mich.« Edward fuhr herum und ging zur Tür.
»Edward, warte«, rief Fritz ihm nach, aber Edward blieb nicht stehen. »Edward, es tut mir leid. Ich dachte …«
Das Zukrachen der Tür schnitt ihm das Wort ab.
Fritz senkte einen Augenblick den Kopf und trat dann zu Sam an die Küchentheke.
»Sie hätten bestimmt gerne eine Erklärung«, meinte er grimmig.
»Nur, wenn Sie mir eine geben wollen«, erwiderte Sam leise.
Fritz holte tief Luft und atmete langsam aus. »Früher war Edward einer meiner Schüler, und dies hier war eines seiner Lieblingsstücke.« Er schlug die Hand krachend auf die Theke, so dass Roxy zusammenfuhr. »Verdammt, ich hätte die Musik sofort ausschalten sollen, als ich ihn in der Tür stehen sah.«
Sam berührte sanft seine Hand. »Fritz …«
»Nein, sagen Sie nichts. Es ist unentschuldbar, dass ich diesen armen Jungen unabsichtlich an das erinnert habe, was er verloren hat.«
»Seien Sie nicht so streng gegen sich selbst. Sie konnten ja nicht wissen, dass Edward hereinschauen würde.« Sam stockte. »Ich weiß, dass Edward einen Unfall gehabt hat, aber keiner hat mir gesagt, was damals eigentlich passiert ist.«
»Ein Autounfall«, antwortete Fritz knapp.
»Und dabei wurde sein Arm verletzt?«
»Ja, die Schulter. Allein spätnachts auf einer Schotterstraße – Edward hat ein Stoppschild überfahren und wurde seitlich gerammt. Von der Wucht des Aufpralls wurde sein Wagen in den Graben geschleudert.« Fritz trat einen Schritt zurück und lehnte sich gegen die Theke. »Seinen Arm kann er seitdem nicht mehr benutzen. Die Verletzung hat zu einem Syndrom geführt, das seine Nerven in Mitleidenschaft zieht und ihm ständige Schmerzen verursacht.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen medizinischen Hintergrund, verstehe also nicht, was seine Krankheit alles mit sich bringt, aber ich weiß, dass er seitdem unausgesetzte Qualen leidet.«
Sam dachte an ihre eigenen gesundheitlichen Probleme, die im Vergleich zu Edwards vernachlässigenswert waren. Sie hatte tatsächlich Glück. Sie wusste, dass ihre Wiederherstellung möglich war.
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