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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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meinst.«
    Der Mörtel stellte kaum ein Problem dar, erwies sich als weich und spröde. Aber die Gitterstäbe waren tief im Gestein verankert, und unter den Rostschichten verbarg sich noch immer viel hartes Metall. Es dauerte sicher noch ziemlich lange, bis sich der erste Stab lösen ließ, aber die entsprechenden Bemühungen boten eine Ablenkung und erforderten herrlich wenig Gedankenarbeit. Mumm klammerte sich entschlossen an dieser Aufgabe fest, sah darin eine klar überschaubare Herausforderung. Er wußte ganz genau: Wenn er sich weiterhin Mühe gab, erzielt er irgendwann den erhofften Erfolg.
    Zu denken gab ihm nur das
Irgendwann.
Irgendwann würde Groß-A’Tuin das Ende des Universums erreichen. Irgendwann erloschen die Sterne. Irgendwann beschloß Nobby vielleicht, ein Bad zu nehmen – obgleich diese Möglichkeit nur mit völlig neuen Vorstellungen in Hinsicht auf das Phänomen Zeit in Betracht gezogen werden konnte.
    Mumm hackte erneut auf den Mörtel ein – und hielt jäh inne, als draußen etwas Kleines und Helles am Fenster vorbeisank.
    »Eine Erdnußschale?« murmelte er.
    Das Gesicht des Bibliothekars, umgeben von rotbraunen Haaren, erschien hinter der vergitterten Öffnung. Verkehrt herum gesehen wirkte das breite Grinsen des Affen weniger furchteinflößend.
    »Ugh?«
    Der Orang-Utan sprang zu Boden, griff nach zwei Eisenstäben und zog. Die Muskeln in dem sackförmigen Leib zuckten in einem faszinierend komplexen Muster, und in stummer Konzentration klappte ein mit gelben Zähnen gefüllter Mund auf.
    Es knirschte, und kurz darauf ertönte ein doppeltes
Krack!,
als sich die Stäbe aus dem Gestein lösten. Der Bibliothekar warf sie beiseite und griff in das Loch. Die längsten Arme des Gesetzes packten einen verblüfften Mumm unter den Schultern und zogen ihn durch die Öffnung.

    D ie Wächter prüften ihr Werk.
    »Gut«, sagte Nobby. »Welche Chancen bestehen dafür, die Ämpfindlichkeit eines Drachen zu treffen, wenn der Bogenschütze auf einem Bein steht, den Hut schief auf dem Kopf trägt und ein Taschentuch im Mund hat?«
    »Mmpf«, antwortete Colon.
    »Sie sind ziemlich gering«, meinte Karotte. »Das mit dem Taschentuch erscheint mir allerdings ein wenig übertrieben.«
    Colon spuckte es aus. »Entscheidet euch«, ächzte er. »Mir schläft allmählich das Bein ein.«

    M umm rollte über schmierige Kopfsteine, stemmte sich in die Höhe und starrte den Bibliothekar an. Er hatte gerade etwas erlebt, daß viele Menschen, meist unter weitaus unangenehmeren Umständen, als Schock empfanden – zum Beispiel dann, wenn in der
Geflickten Trommel
eine Rauferei begann und der Affe in aller Ruhe ein Glas Bier trinken wollte. Es lief auf folgendes hinaus: Der Bibliothekar wirkte zwar wie ein ausgestopfter Gummisack, aber das Füllmaterial bestand aus Muskeln.
    »Das war wirklich erstaunlich«, brachte Mumm hervor. Er sah auf das verbogene Metall hinab, und gerechter Zorn quoll in ihm auf, als er nach einem Gitterstab griff. »Du weißt nicht zufällig, wo Wonse steckt, oder?«
    »Iiek!« Der Bibliothekar hielt ihm ein zerknittertes Stück Pergament unter die Nase. »Iiek!«
    Mumm las die Worte.
    Der gepriesene Drache, König der Könige… genau um zwölf Uhr… eine Jungfrau rein, und doch hochgeboren… um zu schließen den Pakt zwischen Herrscher und Untertanen…
    »In meiner Stadt!« knurrte er. »In meiner verdammten Stadt!«
    Er grub die Hände ins Brusthaar des Affen und zog ihn bis auf Augenhöhe hoch.
    »Wie spät ist es?« rief er.
    »Ugh!«
    Ein langer rotbrauner Arm deutete nach oben, und Mumms Blick folgte dem ausgestreckten Zeigefinger. Die Sonne sah ganz wie ein glühender Himmelskörper aus, der fast den höchsten Punkt seiner Bahn erreicht hatte und sich darauf freute, langsam und gemütlich zum Horizont zu gleiten und dort unter die Bettdecke der Abenddämmerung zu kriechen…
    »Ich werde es nicht zulassen, klar?« donnerte Mumm und schüttelte den Affen.
    »Ugh«, erwiderte der Bibliothekar geduldig.
    »Was? Oh. Entschuldige.« Mumm setzte das haarige Geschöpf wieder auf dem Boden ab, und der Bibliothekar verzichtete auf weitere Bemerkungen. Ein Mann, der wütend genug war, um einen dreihundert Pfund schweren Orang-Utan hochzuheben, ohne sich dessen bewußt sein, hatte sicher zu viele andere Dinge im Sinn.
    Mumm sah sich auf dem Hof um.
    »Können wir diesen Ort irgendwie verlassen?« fragte er. »Ohne über die Mauern zu klettern, meine ich.«
    Er wartete keine Antwort ab, eilte

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