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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Man baue niemals einen Kerker, den man nicht verlassen kann.
    Der Patrizier nahm den Schlüssel und schlenderte zur Tür. Als sich die stählernen Bärte in gut geölten Rillen drehten, fragte sich Lord Vetinari noch einmal, ob es besser gewesen wäre, Mumm auf den Schlüssel hinzuweisen. Nein, der Mann schien ganz versessen darauf gewesen zu sein, ohne solche Hilfsmittel zu entkommen. Wahrscheinlich hätte es ihn sehr enttäuscht, von dem Schlüssel zu erfahren. Möglicherweise wäre dadurch sein Weltbild verändert worden. Der Patrizier brauchte Mumm und sein Weltbild.
    Lord Vetinari öffnete die Tür und wanderte stumm durch die Ruinen des Palastes.
    Sie erzitterten, als Ankh-Morpork zum zweitenmal innerhalb weniger Minuten erbebte.

    D ie Drachenpferche explodierten. Alle Fenster splitterten. Die Tür flog aus dem Rahmen, segelte auf einer Wolke aus schwarzem Rauch durch die Luft, neigte sich dem Boden entgegen und stürzte in die Rhododendronbüsche.
    Etwas sehr Energetisches und Heißes geschah im Stall. Noch mehr Qualm quoll fett und dick und ölig daraus hervor. Eine Wand faltete sich zusammen, und eine andere fiel träge auf den Rasen.
    Sumpfdrachen sausten mit der Zielstrebigkeit von Champagnerkorken aus den Trümmern und schlugen wie wild mit den Flügeln.
    Nach wie vor wogte Rauch, doch irgendwo darin schimmerte grelles weißes Licht und stieg auf.
    Es passierte ein zerstörtes Fenster und geriet außer Sicht, doch kurz darauf erschien es wieder. Eine Dachpfanne drehte sich auf Errols Kopf, als er aus dem von ihm selbst verursachten Qualm flog und gen Himmel schwebte.
    Sonnenschein glitzerte auf seinen silbernen Schuppen, während er in einer Höhe von etwa dreißig Metern schwebte, sich umwandte und auf der eigenen Flamme ritt…
    Mumm, der auf dem Platz den Tod erwartete, stellte plötzlich fest, daß sein Mund offenstand. Er schloß ihn wieder.
    Die Stadt schwieg, und nur Errols Zischen war zu hören.
    Sie können ihr Verdauungssystem verändern,
erinnerte sich Mumm verwirrt.
Um es den jeweiligen Erfordernissen anzupassen. Bei ihm funktioniert es jetzt genau anders herum: Aber die Dingsda, seine Gene… Sie haben ihn bereits darauf vorbereitet. Kein Wunder, daß der kleine Kerl nur stummelförmige Schwingen hat. Der Körper wußte, daß er gar keine größeren benötigt. Er braucht sie nur zum Steuern.
    Und dann:
Heiliger Himmel! Ich sehe den ersten Drachen, der sein Feuer nach
hinten
spuckt.
    Mumm riskierte einen Blick direkt nach oben. Der große Drache war erstarrt; seine riesigen roten Augen konzentrierten sich auf das winzige Geschöpf.
    Der König von Ankh-Morpork stieß eine herausfordernde Flamme aus, hob die Schwingen und sprang in die Luft. Alle menschlichen und daher eher banalen Angelegenheiten waren vergessen.
    Mumm drehte sich ruckartig zu Lady Käsedick um.
    »Wie kämpfen sie?« fragte er rasch. »Wie kämpfen Drachen?«
    »Ich… Das heißt, nun, sie schlagen sich gegenseitig mit den Flügeln und schleudern Feuer«, antwortete Ihre Ladyschaft. »Das gilt jedenfalls für Sumpfdrachen. Ich meine, wer hat jemals einen der erhabenen Drachen beim Kampf beobachtet?« Sie klopfte auf ihr Nachthemd. »Ich muß mir Notizen machen. Wo ist nur mein Block…?«
    »Trägst du ihn in einer Tasche deines
Nachthemds?«
    »Erstaunlicherweise kommen einem die besten Ideen, wenn man im Bett liegt. Ich bin immer vorbereitet.«
    Flammen prasselten dort, wo eben noch Errol gewesen war, doch er befand sich bereits woanders. Der König versuchte, sich mitten in der Luft um die eigene Achse zu drehen. Der wesentlich kleinere Drache flog im Kreis und ließ dabei mehrere Rauchringe hinter sich zurück, die ein komplexes Gespinst bildeten – in dessen Mitte sich der Herrscher von Ankh-Morpork hilflos hin und her wandte. Längere und heißere Flammenzungen leckten, aber sie verfehlten Errol.
    Die Zuschauer beobachtete das Duell mit lautloser Faszination.
    »Hallo, Hauptmann!« erklang eine schmeichlerische Stimme.
    Mumm senkte den Kopf. Ein kleiner stinkender und als Nobby verkleideter Tümpel grinste ihn an.
    »Ich habe euch für tot gehalten!« platzte es aus Mumm heraus.
    »Wir sind quicklebendig«, erwiderte Nobby.
    »Oh. Gut.« Mehr fiel Mumm nicht ein.
    »Was hältst du von dem Kampf?«
    Mumm sah wieder nach oben. Über den Dächern der Stadt bildeten sich komplizierte Rauchspiralen.
    »Ich fürchte, Errol hat keine Chance«, sagte Lady Käsedick. »Oh. Hallo, Nobby!«
    »Guten Tag, gnä Frau«, grüßte

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