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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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die Kuppel der Bibliothek.
    Die übrigen Lichter wichen der Dunkelheit.
    Lady Käsedick hielt die Kutsche auf der anderen Seite des Platzes an.
    »Was will Es in der Bibliothek?« fragte sie und runzelte die Stirn.
    »Vielleicht möchte es sich informieren.«
    »Sei nicht dumm«, schnaufte Ihre Ladyschaft. »Dort drin gibt es doch bloß Bücher. Was könnte ein Blitz oder so lesen?«
    »Eine
kurze
Kurzgeschichte?«
    »Ich glaube, du solltest ernster werden.«
    Das Licht explodierte, schuf einen hellen, fast zwei Meter breiten Bogen zwischen der Bibliothek und dem Zentrum des Platzes und flirrte in der feuchten Luft.
    Dann wurde es plötzlich zu einer Feuerkugel, die sich rasch ausdehnte, den ganzen Platz umfaßte und jäh verschwand. Unstete violette Schatten blieben zurück.
    Und ein
großer
Drache.

    W er hätte das gedacht? Soviel Macht – und so nahe. Der Drache spürte, wie sich sein innerer Kosmos mit magischer Kraft füllte, ihn immer stärker werden ließ und den langweiligen physikalischen Gesetzen ihre Bedeutung nahm. Dies war nicht die armselige Kost, die man ihm vorher gewährt hatte. Dies war geballte Energie. Mit einer solchen Macht gab es keine Beschränkungen mehr für ihn.
    Doch zuerst mußte er gewissen Menschen einen Besuch abstatten.
    Der Drache schnüffelte, atmete die kühle Luft des frühen Morgens und nahm Witterung auf. Stinkende Gedanken, bornierte Überheblichkeit. Ja…
    Erhabene Drachen haben keine Freunde, höchstens Feinde, die noch leben.

    D ie Luft wurde still, so still, daß man fast das Rieseln von Staub hören konnte. Der Bibliothekar stützte sich immer wieder mit den Fingerknöcheln ab, als er an den endlosen Regalen vorbeiwankte. Die Kuppel der Bibliothek befand sich nach wie vor über ihm. Wie immer.
    Es gab Gänge, in denen sich die Regale an den Außenseiten erstreckten, und daher hielt es der Bibliothekar für logisch, daß auch Gänge zwischen den
Büchern
existierten, geschaffen von Quantenfalten, die auf das enorme Gewicht der vielen Worte zurückgingen. Hier und dort ertönten seltsame Geräusche hinter manchen Wänden, und der Bibliothekar zweifelte kaum daran, daß er andere Bibliotheken unter anderen Himmeln sehen würde, wenn er einige Bücher beiseite rückte.
    Bücher krümmen Zeit und Raum. Einer der Gründe dafür, warum die Eigentümer der bereits erwähnten kleinen Antiquariate so unirdisch und übernatürlich wirken, besteht darin, daß sie wirklich unirdisch und übernatürlich sind. Sie nahmen eine falsche Abzweigung in ihren Buchläden, die zu anderen Welten gehörten.
Dort
gilt es als völlig normal, ständig Pantoffeln zu tragen und das Geschäft nur zu öffnen, wenn man Lust dazu hat.
    Man verirrt sich auf eigene Gefahr in den L-Raum.
    Alte und verdienstvolle Bibliothekare, die sich mit einer kühnen Tat des Bibliothekswesens als würdig erweisen, werden in einen geheimen Orden aufgenommen und lernen dort die einzigartige Kunst des Überlebens Hinter Den Uns Bekannten Regalen. Der Orang-Utan hatte sich längst entsprechende Fähigkeiten angeeignet, doch nun begann er mit einem Wagnis, durch das er nicht nur die Mitgliedschaft im Orden, sondern auch sein Leben verlieren konnte.
    Alle Büchereien aller Welten sind im L-Raum miteinander verbunden.
Alle
Büchereien
aller
Welten. Und der Bibliothekar (er ließ sich von den ins Holz der Regale geschnitzten Zeichen leiten, die von früheren Forschern stammten, von den verschiedenen Gerüchen, sogar vom sirenenhaften Flüstern der Nostalgie) näherte sich zielstrebig einer ganz bestimmten.
    Es gab nur einen Trost: Wenn er die Orientierung verlor, so würde er es nie erfahren.

    A us irgendeinem Grund wirkte der Drache auf dem Boden noch weitaus schlimmer. In der Luft war er eine elementare Erscheinung, selbst dann voller Anmut und Eleganz, wenn er sich anschickte, einem die Stiefel zu verbrennen. Auf dem Boden hingegen stellte er nur ein verdammt großes Tier dar.
    Der riesige Kopf zeichnete sich vor dem ersten Licht des neuen Tages ab und schwang langsam herum.
    Lady Käsedick und Hauptmann Mumm blickten hinter einem Trog hervor. Mumm hielt Errol mit beiden Händen das Maul zu. Der kleine Sumpfdrache wimmerte wie ein getretenes Hündchen und versuchte ständig, sich aus dem Griff zu befreien.
    »Ein wahres Prachtexemplar«, sagte Lady Käsedick. Wenn sie flüsterte, sprach sie so laut wie ein normaler Mensch.
    »Wenn du nur nicht dauernd darauf hinweisen würdest!« erwiderte Mumm.
    Es kratzte und schabte,

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