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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sich mit kaltem Wasser, kramte dann in seiner alten Militärtruhe und holte den für Paraden bestimmten Brustharnisch sowie einen roten Umhang hervor. Nun, er war einmal rot
gewesen,
und an einigen Stellen zeigte sich noch immer etwas von der früheren Farbe. Aber im großen und ganzen wirkte er jetzt wie ein kleines Netz, das sich gut dazu eignete, Motten zu fangen. Außerdem gab es auch noch einen Helm – ohne Federn! –, der schon vor einer Ewigkeit die moleküldicke Schicht aus Blattgold verloren hatte.
    Irgendwann einmal habe ich damit begonnen, für einen neuen Mantel zu sparen,
dachte der Hauptmann.
Was ist aus dem Geld geworden?
    Im Wachraum hielt sich niemand auf. Errol lag in den traurigen Überbleibseln der vierten Obstkiste, die ihm Nobby besorgt hatte. Der Rest schien sich einfach in Luft aufgelöst zu haben.
In brennbare Luft,
fuhr es Mumm durch den Sinn, als er sich an das Verdauungssystem der Sumpfdrachen erinnerte.
    In der warmen Stille klang das Knurren in Errols Mägen erstaunlich laut. Ab und zu wimmerte er leise.
    Mumm kratzte ihn halbherzig hinter den Ohren.
    »Was ist los mit dir, Junge?« fragte er.
    Die Tür öffnete sich mit einem dumpfen Knarren. Karotte trat ein, sah Mumm neben der zerfetzten Kiste und salutierte.
    »Wir haben uns schon Sorgen um ihn gemacht, Hauptmann«, sagte er. »Weil er seine Kohlen nicht gefressen hat. Er liegt nur immer dort, zuckt ab und zu und jammert. Glaubst du, er ist krank?«
    »Vielleicht«, erwiderte Mumm. »Aber Krankheiten sind für einen Drachen ganz normal. Sie kommen immer darüber hinweg. So oder so.«
    Errol bedachte ihn mit einem traurigen Blick und schloß dann wieder die Augen. Mumm zog eine angesengte Decke über ihn.
    Etwas quiekte. Der Hauptmann schob die Hand unter den zitternden Sumpfdrachen, holte ein kleines Gumminilpferd hervor, starrte verblüfft darauf hinab und drückte es versuchsweise.
    »Ich dachte, er würde sich über ein Spielzeug freuen«, sagte Karotte verlegen.
    »Du hast es ihm gekauft?«
    »Ja, Sir.«
    »Wie nett von dir.«
    Mumm hoffte, daß Karotte nicht den flauschigen Ball ganz hinten in der Kiste bemerkte. Er war recht teuer gewesen.
    Er ließ Karotte und Errol im Zimmer zurück und trat in die Welt jenseits der Hausmauern.
    Noch mehr Fahnen und Wimpel hingen über und neben den Straßen. Die ersten Bürger der Stadt bezogen bereits Aufstellung, obwohl es noch Stunden dauerte, bis die Krönung begann. Mumm fand das alles außerordentlich deprimierend.
    Er spürte einen seltsamen Appetit, und diesmal hätten nicht einige Gläser von Jimkin Bärdrückers Whisky genügt, um ihn zu sättigen. Der Hauptmann beschloß, in Hargas Rippenstube zu frühstücken, wie schon seit Jahren. Dort erwartete ihn eine weitere unangenehme Überraschung. Normalerweise bestand der einzige Schmuck aus den vielen Flecken auf Hargas Schürze, und das Essen war genau richtig für einen kühlen Morgen: nur Kalorien und Fett und Protein, vielleicht auch ein Vitamin, das leise schluchzte, weil es ganz allein war. Jetzt hingen handgefertigte Papierschlangen unter der Decke, und die neue Speisekarte enthielt mit Buntstift geschriebene kulinarische Angebote, in denen immer wieder die Worte ›Kröhnung‹ und ›köhniglich‹ auftauchten.
    Mumm deutete auf die Überschrift.
    »Was ist das hier?« fragte er.
    Harga kniff die Augen zusammen und las. Sie waren allein in dem Restaurant, an dessen Wänden sich eine braune Patina mit hohem Fettgehalt gebildet hatte.
    »Da steht ›Im Nahmen des Köhnigs‹, Hauptmann«, verkündete Harga stolz.
    »Und was bedeutet das?«
    Harga kratzte sich mit einem Schöpflöffel am Bart. »Nun«, begann er unsicher, »es bedeutet sicher… Ich meine, wenn der König hierherkommt, dann schmeckt es ihm bestimmt.«
    »Hast du irgend etwas, das auch Nicht-Aristokraten essen können?« fragte Mumm mürrisch. Er entschied sich für plebejisches gebackenes Brot und ein proletarisches Steak. Das Stück Fleisch war so roh und blutig, daß man es fast noch schreien hören konnte. Mumm verspeiste es am Tresen.
    Ein leises Kratzen unterbrach seine Grübeleien. »Was machst du da?«
    Harga sah schuldbewußt von seiner Arbeit auf.
    »Nichts, Hauptmann«, sagte er. Er versuchte, die Beweismittel hinter dem Rücken zu verstecken, als Mumm über die von Messern zerkratzte Holzplatte blickte.
    »Komm schon, Hargi! Kannst es mir doch ruhig zeigen.«
    Hargas breiten Hände kamen zögernd zum Vorschein.
    »Ich habe nur das alte Öl aus der

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