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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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vergangenen Abend hatte er mit Hilfe einer geschickt geführten ökumenischen Diskussion und anschließend der sorgfältig abgewogenen Verwendung eines dicken Knüppels (mit Nägeln drin) die Erlaubnis bekommen, den König höchstpersönlich zu krönen – stand auf seinem Podium und traf gerade die letzten Vorbereitungen. Neben dem tragbaren Opferaltar wartete ein gemütlich wiederkäuender Ziegenbock und dachte wahrscheinlich auf Ziegisch: Was bin ich für ein glücklicher Ziegenbock, daß man mir eine so gute Aussicht gewährt; heute findet etwas statt, von dem man noch den Enkeln erzählen kann.
    Mumm beobachtete die sich ungenau abzeichnenden Konturen der nächsten Gebäude.
    Ferner Jubel deutete darauf hin, daß die feierliche Prozession unterwegs war.
    Auf dem Podium brach hektische Aktivität aus, als Lupin Wonse einige Diener antrieb, die einen roten Teppich auf den Stufen ausrollten.
    Auf der anderen Seite des Platzes saß Lady Käsedick inmitten der metaphorisch verstaubten Aristokratie von Ankh-Morpork und sah ebenfalls nach oben.
    Am Thron – man hatte ihn hastig aus Holz und Goldfolie improvisiert – nahmen einige nicht ganz so ranghohe Priester Haltung an. Mehrere von ihnen wiesen leichte Kopfwunden auf.
    Mumm rutschte unruhig hin und her, lauschte dem Pochen des eigenen Herzschlags, starrte in den Dunst über dem Fluß…
    … und sah die Schwingen.

    L
iebe Mutter und lieber Vater
(schrieb Karotte, wenn er einmal nicht pflichtbewußt in den Nebel spähte),
die Stadt ist für die Krönung bereit. Sie
scheint weitaus komplizierter zu sein als bei uns zu Hause. Heute bin ich auch am Tag im Dienst. Das ist schade, denn ich wollte mir die Krönung mit Reet ansehen, aber es gehört sich nicht, darüber zu klagen. Ich muß diesen Brief jetzt beenden, weil wir praktisch jeden Augenblick damit rechnen, daß ein Drache erscheint, obwohl er eigentlich überhaupt nicht existiert. – Euer Euch liebender Sohn.
    PS. Habt ihr in der letzten Zeit etwas von Minty gehört?

    » D u Idiot!«
    »Entschuldigung«, sagte Mumm. »Entschuldigung.«
    Die Leute nahmen wieder Platz, und viele von ihnen warfen ihm bitterböse Blicke zu. In dem Gesicht des Sekretärs Lupin Wonse glühte weiße Wut.
    »Wie konntest du nur so
dumm
sein?« zischte er.
    Mumm blickte auf seine Finger.
    »Ich habe die Schwingen ganz deutlich gesehen…
«,
begann er.
    »Es war ein
Rabe!
Du weißt doch, was Raben sind, oder? In dieser Stadt gibt es sicher Hunderte von ihnen!«
    »Im Nebel ist es nicht leicht, die Größe abzuschätzen«, verteidigte sich Mumm.
    »Und der arme Rektor Auweh… Du hättest wissen sollen, wie laute Geräusche auf ihn wirken!« Das Oberhaupt der Lehrergilde wurde von einigen hilfsbereiten Bürgern fortgeführt.
    »So zu schreien!« fuhr Wonse fort.
    »Meine Güte, es tut mir leid! Es war ein Versehen!«
    »Ich mußte sogar die Prozession anhalten!«
    Mumm schwieg und spürte viele amüsierte oder ärgerliche Blicke auf sich ruhen.
    »Nun«, murmelte er, »ich sollte jetzt besser zum neuen Wachhaus zurückkehren…«
    Wonse kniff die Augen zusammen. »Nein!« erwiderte er scharf. »Aber du kannst nach Hause gehen, wenn du möchtest. Oder irgendwohin. Gib mir deine Dienstmarke.«
    »Was?«
    Wonse streckte die Hand aus.
    »Deine Dienstmarke«, wiederholte er.
    »Meine Dienstmarke?«
    »Genau das habe ich gemeint. Ich möchte dich vor weiteren Schwierigkeiten bewahren.«
    Mumm sah den Sekretär verblüfft an. »Aber es ist meine
Dienstmarke!«
    »Und du wirst sie mir geben«, sagte Wonse grimmig. »So befiehlt es der König!«
    »Was soll das heißen? Er weiß doch überhaupt nichts davon!« Mumm hörte das Jammern in seiner Stimme.
    Wonse schnitt eine finstere Miene. »Bald wird er Bescheid wissen«, entgegnete er. »Und ich bezweifle, ob er einen Nachfolger bestimmt.«
    Mumm nahm die Kupferscheibe ab – sie hatte Grünspan angesetzt –, wog sie in der Hand und warf sie Wonse zu, ohne einen Ton von sich zu geben.
    Einige Sekunden lang spielte er mit dem Gedanken, an das Mitgefühl des Sekretärs zu appellieren, doch irgend etwas in ihm protestierte dagegen. Er drehte sich um und marschierte durch die Menge davon.
    Das war’s also.
    Ganz einfach. Nach einem halben Leben im Dienst. Keine Stadtwache mehr. Hm. Mumm trat nach dem Pflaster. Stadtwache? Es dauerte sicher nicht mehr lange, bis sie Königliche Wache hieß.
    Und dann trugen die Wächter Federn an den Helmen…
    Nun, ihm reichte es. Es war ohnehin kein richtiges

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