Wachen! Wachen!
meistens daheim und schlafen.«
»Oh? Oh. Ja.« Mumm nickte langsam. »Allerdings war es kein normales Haus, eher ein geheimer Treffpunkt oder so.« Irgend etwas versuchte, seine Aufmerksamkeit wachzurütteln.
»Ist vielleicht Magie im Spiel?«
»Keine Ahnung«, brummte Mumm. »Wäre möglich. Burschen in Kapuzenmänteln und so.«
Gleich fragt er bestimmt, ob ich es übertrieben habe,
dachte Mumm.
Und die Antwort lautet vermutlich: ja.
»Hör mal«, sagte Wonse freundlich. »Wenn Leute mit Magie herumspielen und nicht wissen, wie man sie kontrolliert – nun, früher oder später jagen sie sich selbst in die Luft und…«
»Sie jagen sich selbst in die Luft?«
»Du hast einige sehr anstrengende Tage hinter dir«, fuhr Wonse in einem verständnisvollen Tonfall fort. »Wenn
mich
ein Drache fast zermalmt und bei lebendigem Leib gebraten hätte, sähe auch
ich
ständig irgendwelche schuppigen Ungeheuer.«
Mumm blickte ihn mit offenem Mund an. Ihm fiel keine Antwort ein. Während der vergangenen Tage hatte ihm dauernde Anspannung Kraft gegeben, doch nun erschlaffte sie wie ein altes Gummiband und hinterließ nur noch Leere.
»Vielleicht hast du ein wenig übertrieben, meinst du nicht?« fügte Wonse hinzu.
Na bitte,
dachte Mumm.
Prächtig.
Er sank nach vorn.
D er Bibliothekar beugte sich vorsichtig über das oberste Regal und streckte einen Arm in die Finsternis.
Dort war es.
Die dicken Fingernägel berührten einen Buchrücken, zogen den Band vorsichtig hervor und hielten in fest. Mit der anderen Hand hob er die Laterne.
Kein Zweifel.
Das Beschwören von Drachen.
Einzige Ausgabe, erste Auflage. Voller
feuriger
Magie.
Der Bibliothekar stellte die Lampe zur Seite, schlug das Buch auf und begann zu lesen.
» M hmmm?« fragte Mumm und erwachte.
»Ich habe dir eine Tasse Tee gebracht, Hauptmann«, sagte Feldwebel Colon. »Und einen Wabbel.«
Mumm blickte verwirrt zu ihm auf.
»Du hast geschlafen«, erklärte Colon hilfreich. »Du warst völlig weggetreten, als dich Karotte hierhertrug.«
Mumm sah sich in dem bereits vertrauten Zimmer um. Das Käsedick-Anwesen in der Pseudopolis-Allee. »Oh«, murmelte er.
»Nobby und ich haben unterdessen ermittelt und aufgespürt«, sagte Colon. »Erinnerst du dich an das niedergeschmolzene Haus? Nun, dort wohnte überhaupt niemand. Es enthielt nur Zimmer, die vermietet wurden. Wir begannen mit der Suche nach dem Vermieter und sprachen mit dem Hausmeister, der jeden abend die Stühle zurechtrückt und abschließt. Du weißt ja, wie Hausmeister sind.«
Der Feldwebel trat zurück und wartete auf den Applaus.
»Gut gemacht«, sagte Mumm pflichtbewußt und tunkte den Wabbel in den Tee.
»Drei Vereine haben ihre Versammlungen in dem Haus abgehalten«, führte Colon aus. Er holte sein Notizbuch hervor. »Und zwar folgende: die Ankh-Morpork-Vereinigung von Liebhabern der Schönen Künste, der – oho! – Tanz- und Volksliedklub von Morpork und die Aufgeklärten Brüder der Völlig Schwarzen Nacht.«
»Warum
oho?«
fragte Mumm.
»Nun, du weißt schon, Schöne
Künste«,
erläuterte Colon im Tonfall des erfahrenen Kenners. »Damit sind Männer gemeint, die nackte Frauen malen. Der Hausmeister hat’s mir erzählt. Manche von ihnen benutzen zwar Pinsel, aber überhaupt keine Farbe. Sollten sich was schämen.«
Es
gibt mindestens eine Million Geschichten in dieser verdammten Stadt,
dachte Mumm.
Warum höre ich immer nur solche?
»Wann haben sie sich dort getroffen?«
»Montags um halb acht, zehn Pence Eintritt«, antwortete Colon sofort. »Was die Tänzer und Volksliedsänger betrifft… Nun, alles in Ordnung. Du hast dich doch immer gefragt, wie Korporal Nobbs seine freien Abende verbringt, nicht wahr?«
Colons Gesicht zeigte ein Wassermelonengrinsen.
»Nein!« entfuhr es Mumm ungläubig. »Soll das heißen, unser Nobby…«
»Ja!« bestätigte Colon, entzückt von der Reaktion des Hauptmanns.
»Was, er springt mit kleinen Glöckchen umher und winkt mit seinem Taschentuch?«
»Er meint, das sei wichtig für die Kulturpflege.«
»Nobby? Herr-Stiefelspitze-in-den-Unterleib? Herr-ich-habe-nur-überprüft-ob-die-Tür-abgeschlossen-ist-sie-ging-ganz-von-allein-auf?«
»Ja! Ist schon eine komische Welt, nicht wahr? Er war deshalb ziemlich verlegen.«
»Lieber Himmel!« ächzte Mumm.
»Es beweist nur, daß es immer wieder Überraschungen gibt«, fuhr Colon fort. »Nun, der Hausmeister sagte, daß die Aufgeklärten Brüder immer ein heilloses Durcheinander
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