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Wachgeküßt

Wachgeküßt

Titel: Wachgeküßt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Harvey
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persönlich nimmst.« Mein Bruder schüttelt den Kopf. »Ich hab halt eine große Klappe.«
    »Vermutlich war ich auch keine große Hilfe.« Statt an ihrer Serviette zu zerren, verzerrt Erica jetzt ihren Mund zu einem zynischen Lächeln. »Ich glaube, ich war auch kein gutes Vorbild.«
    »Soll das etwa bedeuten, daß du Larry nicht wiedersehen wirst?« frage ich hoffnungsvoll.
    »Das würde dir so passen.« Sie lacht trocken.
    »Wie würdest du dann diese Art Beispiel nennen?« frage ich übellaunig.
    »Ein gutes Beispiel nenne ich, wenn man darüber entscheidet, was man will, und es dann auch tut.« Erica gibt dem Ober ein Zeichen, der in unserer Nähe mit ausgefahrenen Ohrmuscheln rumlungert. »Und genau so ein Beispiel wirst du auch von mir bekommen, Schwesterherz.«
     
    Nach dem Mittagessen schleift sie mich zu einem wahren Einkaufsrausch mit nach Knightsbridge. Was Larry betrifft, habe ich widerstrebend in einen Waffenstillstand eingewilligt – ein überaus großmütiger Akt meinerseits -, und jetzt findet sie es in Ordnung, mich in die Aufregung über ihre heutige Verabredung einzuspannen, mich durch unzählige Edelboutiquen zu schleifen und nach einem Kleid Ausschau zu halten, das für die Oper mit anschließendem Snack im Luxustempel La Scala geeignet ist. Als ob sie nicht schon genug aus New York mitgebracht hätte!
    Nachdem wir zwei Stunden lang sämtliche Topadressen abgeklappert haben, zückt Erica schließlich ihre Visa Gold, so als würde heute deren Gültigkeit ablaufen. Dann folge ich ihr noch in die Haushaltsabteilung von Harrods. Dort sucht sie mit schlechtem Gewissen nach einem Geschenk für unsere Mutter, die sie noch nicht besucht hat. Ich bin mit ihren Einkaufstaschen beladen wie ein Lasten-Yak im Himalaja. Da sehe ich sie.

    Max und Madeleine.
    Oder sollte ich besser sagen, das doppelte Lottchen?
    Da stehen sie, in Lebensgröße, tragen beide Tommy-Hilfiger-Jacken – für »Sie« und »Ihn«, dazu Levi’s und Timberland Boots und sehen aus wie die niedlichen Zwillinge einer übereifrigen Mama.
    Ein echt komisches Gefühl, sie zusammen zu sehen. Max allein zu treffen wäre schon schlimm genug, aber Max und Madeleine, Hand in Hand, genau vor mir... Himmel! Ich will jetzt keinen falschen Eindruck erwecken, ich bin nicht eifersüchtig oder so was. Das Ganze erinnert mehr an ein Bewerbungsgespräch, bei dem man unbedingt genommen werden will. Der altbekannte Ablauf – Schmetterlinge im Bauch und ein plötzliches Bewußtsein für das eigene Gesicht, so daß jeder Ausdruck, den man auf setzt, verkrampft und falsch wirkt.
    Da ich keine Hand frei habe, zupfe ich mit den Zähnen an Ericas Ärmel. Mit einem Kopfnicken und einem Fluch, der durch die Schurwolle gedämpft wird, die ich im Mund habe, mache ich sie auf Max aufmerksam.
    Sie entdeckt ihn sofort und fixiert dann Madeleine mit kritischem Blick. »Ist sie das?« fragt sie ungläubig.
    »Mm. Widerlich, oder?« antworte ich fasernspuckend.
    »Sie sieht aus wie Barbie«, schnauzt Erica verächtlich.
    »Ist das so was Schlechtes?«
    Erica rollt die Ärmel ihrer Ralph-Lauren-Jacke hoch und macht sich zum Angriff bereit.
    »Da wir ja geradezu mit der Nase auf sie gestoßen sind, kann ich die Gelegenheit nutzen und unserem tollen Max Montcrief mal sagen, was ich von ihm und seinem Verhalten dir gegenüber halte...«
    Ich lasse ein paar Dolce&Gabbana-Tüten fallen, schnappe nach der Schulterkette ihrer Chanel-Handtasche und reiße sie zurück.
    »Paß auf«, zische ich, »wir schleichen uns still und leise an ihnen
vorbei, okay? Ich will ihn weder sehen noch mit ihm sprechen oder die gleiche Luft atmen wie er. Verstanden?«
    Aber es ist zu spät. Während ich noch auf sie einrede, erkenne ich mit Schrecken, daß auch wir entdeckt wurden.
    »Alex! Hey! Hier drüben!«
    Ich versuche, mich hinter einem Kosmetikregal von Lalique zu verstecken, aber es hat keinen Zweck. Max hat angebissen und geht auf Kollisionskurs.
    »Ach du meine Güte, wenn das nicht Erica ist!« Er zoomt nach vorn, um ein angedeutetes Bussi auf jede ihrer Wangen zu hauchen. Meine Schwester kann sich vor Wut kaum noch halten und wird knallrot. »Dich habe ich ja seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Du siehst einfach wundervoll aus. Madeleine hast du noch nicht kennengelernt, oder? Maddy, das ist Alex’ große Schwester.«
    Er tut so, als müßten »Maddy« und ich uns prächtig verstehen. Die Tatsache, daß sie bei unserem letzten Treffen nackt war, beide Beine in die Luft gereckt

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