Wachgeküßt
ihm ins Bett, dann verschwinde ich, bevor er aufwacht. Gerüchte über mich und Larry kursieren in der Firma. Die Leute sind mißtrauisch, weil Damien und ich uns so hartnäckig aus dem Weg gehen. Und Alex Pinter hat ohne Zweifel auch ein Wörtchen zu sagen über das elende Liebesleben der Alex Gray.
Vielleicht sollte ich mir ein Schriftbanner anfertigen, auf dem in fetten schwarzen Buchstaben steht: »Ich bin keine Schlampe!« und damit vor seinem Büro auf und ab gehen.
Die Jalousien, die Jakes Büro üblicherweise vor neugierigen Blicken schützen, sind heute geöffnet. Durch das Rauchglas kann ich sehen, daß Annabelle Stead aus der Buchhaltung bei ihm ist. Sie sehen einen Computerausdruck durch, der dicker ist als zwei Aktenordner zusammen. Sie beugt sich auf ihrem Stuhl nach vorn, die Bluse geradezu sittenwidrig weit aufgeknöpft. Sie lacht und fährt sich alle fünf Sekunden durch das rotblonde Haar.
Ständig ändert sie ihre Position und kreuzt ihre langen Beine öfter als Sharon Stone in Basic Instinct. Wenn hier schon von Schlampen die Rede ist, also, da sitzt eine! Von wegen Signale geben! Sie gibt mehr Signale als ein Verkehrspolizist mit Zuckungen.
Jetzt steht sie gar von ihrem Stuhl auf und läuft um den Schreibtisch herum, um ihm etwas mit ihrem Stift zu zeigen. Sie beugt sich über ihn und gewährt ihm so den allerschönsten Einblick in ihr von Sommersprossen übersätes Dekolleté.
Ich wechsele flink von meiner faszinierenden Faktenliste zu meiner Reportage für Jake und füge eine neue Überschrift ein: »Das beutegierige Weibchen im Arbeitsalltag – die sexuelle Belästigung«.
Jake wird von der eifersüchtigen Sandra gerettet, die mit zwei Tassen Kaffee hereinplatzt und Annabelle mehr oder weniger auf ihren Stuhl zurückboxt.
Schließlich ergibt sich eine Gelegenheit, im Flur mit ihm zu sprechen, da wir beide im gleichen Moment aus dem Büro geschlüpft sind, um aufs Klo zu gehen.
Unglücklicherweise wählt mein Gehirn den Moment, in dem ich meinen Mund zwecks einer Erklärung aufmachen will, dazu, die Kontrolle über meine Körperfunktionen an meine Libido abzugeben.
Es ist einfach so: Als er stehenbleibt und mich mit diesen seltsamen, intelligenten, blau-grünen Augen ansieht, trifft mich eine geballte Ladung purer Lust direkt ins Gesicht, so als ob mir Mike Tyson wie zu seiner besten Zeit eine überziehen würde.
Das Gefühl, das mich da überwältigt, läßt mich sozusagen zu Boden gehen.
Ich will ihn. Ich meine, ich will ihn wirklich und unbedingt.
Höflich wartet Jake darauf, daß ich den Mund aufmache.
Ich scheitere bei dem Versuch, die Verbindung zwischen Gehirn und Mund wiederherzustellen.
Ich stehe mit offenem Mund vor ihm, hechele wie eine läufige Hündin und glotze dämlich. Es besteht auch nicht die leiseste Chance, daß ich mich aus dieser überaus beschämenden Situation befreie. Da platzt glücklicherweise Sandra wichtigtuerisch dazwischen und ruft ihn ans Telefon.
Den restlichen Tag verbringe ich damit, quer durchs Büro auf Jake zu starren, wie ein Hund, der einen vollen Freßnapf betrachtet, dem aber befohlen wurde, sitz zu machen, liegenzubleiben und »bitte, bitte« zu sagen, bevor er sich draufstürzen darf. Er hat sein Jackett ausgezogen, und ich kann die Konturen seines schönen, muskulösen Rückens unter dem weißen Baumwollstoff seines Hemdes erkennen. In Gedanken gleiten meine Hände wieder über seinen Körper, tasten sich nach unten, während er... Ich muß meine neue Pflanze gar nicht mehr bewässern. Sie ist bis zu den Wurzeln von meinem Sabber durchnäßt.
Ich muß mich wirklich davon freimachen. Schließlich sollte ich mich wie eine eiskalte Überfliegerin verhalten, die sich von den Männern nimmt, was sie will, und sich nicht in Gefühle verstrickt. Ich bin nicht in Jake verliebt. Ich bin nur geil auf einen verdammt guten Fick. O Mann, und er war wirklich ein verdammt guter...
»Alex... Erde an Alex.«
Ich blicke auf und sehe, daß Mary mich von oben angrinst. »Ich habe dich gefragt, ob du einen Kaffee möchtest. Ich wollte nämlich gerade ein paar Bohnen mahlen.«
»Machst du Witze oder was? Was ist aus dem Löslichen geworden, mit dem wir uns bisher zufriedengeben mußten?«
»Jake hat eine Kaffeemaschine gekauft.« Sie strahlt. »Dieser Mann ist einfach so aufmerksam.«
Mr. »Zu gut um wahr zu sein«. Ich beschließe, daß ich ihn eigentlich nicht mag. Es gibt gar keinen Platz mehr für mich, ihn zu mögen. Ausnahmslos alle im Büro
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