Wachgeküßt
ins Bett gehen, Alex?« Emma schüttelt verzweifelt den Kopf.
»Wie kannst du mit jemandem ins Bett gehen, der Skidmark heißt? Allein der Name verdirbt einem ja schon die Lust«, kontere ich.
»Er sieht unglaublich gut aus.«
»Ich bin überrascht, daß du das sagen kannst. Alles, was ich gesehen habe, war eine Menge wirres Haar.«
»Ach, aber wir sind besonders stolz auf unsere eigene Eroberung von letzter Nacht, stimmt’s?« fragt Emma sarkastisch. »Meiner war wenigstens jung genug, um noch seine volle Haarpracht zu haben.«
»Reife Männer sind doch gar nicht so verkehrt«, verteidige ich mich und versuche zu verdrängen, daß es eine ganze Menge Dinge an dem Lüsternen Larry gibt, die mehr als verkehrt sind.
»Nein, nur bestimmte reife Männer«, sagt Emma, so als ob sie meine Gedanken lesen könnte.
Laut lachend klappt Serena eine der Küchenschranlctüren auf. An der Innenseite sind eine Kinderschiefertafel und ein Stück Kreide an einer Kordel befestigt. Auf die linke Seite der Tafel hat Serena fein säuberlich unsere Namen geschrieben: Ems, Ren, Lex.
»Schaut mal, was wir da haben.« Sie grinst. »Ich dachte, wir könnten sie benutzen, um Buch zu führen.«
»Können wir den Punktestand bitte an der Küchentür haben, Miss Simmons?« sagt Emma mit der gepflegten Stimme eines Showmasters im Fernsehen. »Für dich bedeutet das viel mehr als nur eine Gelegenheit, meine liebe Alex, trotz der unglücklichen Partnerwahl, also solltest du den Vortritt haben.«
»Ich weiß nicht, ob es zählt«, sage ich kleinlaut. »Erstens kann ich mich – Gott sei Dank – an nichts erinnern, und zweitens besagen die Regeln ja ganz klar, daß wir diejenigen sind, die jemanden aufreißen. Ich habe aber den schrecklichen Verdacht, daß ich diejenige war, die sich an der Nase hat herumführen lassen wie ein Lamm auf dem Weg zur Schlachtbank.«
»Du solltest nie zuviel durcheinander trinken, genauso, wie du nie Metaphern durcheinanderbringen solltest.« Serena kichert. »Was meinst du, Ems? Soll sie ihn haben oder nicht?«
»Ich sehe nicht, was dagegen spricht«, stimmt Emma großmütig zu. »Schließlich machen wir alle mal einen Fehler, oder?«
Serena macht einen Strich neben meinem Namen, einen neben ihrem und einen neben Emmas. »Einer für jeden«, verkündet sie. »Gleichstand. Bisher also unentschieden, Mädels. Jetzt kanns nur noch vorwärts und ständig aufwärts gehen.«
»Sollte das nicht eher vorwärts und auf recht heißen?« Emma grinst breit.
Der Kater dauert bis Sonntag abend, aber das Gefühl der Erniedrigung bleibt noch eine ganze Weile länger. Am Montag morgen kehre ich an die Arbeit zurück und schleiche durch die Büroräume
von Sunday Best wie ein illegaler Einwanderer, der darauf wartet, geschnappt zu werden. Und wenn ich es einmal wage, in die äußeren Bezirke und den Rest des Gebäudes, wo die Schreiberlinge für die eigentliche Zeitung arbeiten, vorzudringen, dann fange ich an, mich wie Tom Cruise in Mission Impossible zu verhalten – ich schlüpfe von Türrahmen zu Türrahmen und nutze jede dunkle Ecke aus. Glücklicherweise kommt Larry nicht besonders häufig in das Gebäude. Gegen Ende der Woche läßt der Alptraum langsam nach, ich fange an, mich ein wenig zu entspannen. In der morgendlichen Kaffeepause beschließe ich, mir zum Kaffee eine Portion Maßlosigkeit zu gönnen. Also marschiere ich in Richtung Kantine, um meine Cholesterinwerte aufzufrischen.
Gerade begutachte ich die Reihen voller kalorien- und fetthaltiger Gebäckstücke und versuche mit einer Zange, einen besonders widerspenstigen Doughnut einzufangen, als mich eine Stimme von hinten anspricht.
»Hi, Sexy Lexy.«
Ich zucke zusammen. Larry steht so dicht hinter mir, daß ich seinen warmen Atem beim Sprechen im Nacken spüren kann.
»Du solltest so was nicht essen. Das ruiniert die Figur, und du würdest doch nie etwas tun, das etwas so Wunderbares zerstören würde, oder?« Zärtlich fährt er mit einer Hand über meinen Arsch, was mich erneut zusammenzucken läßt. Der Doughnut, den ich gerade erfolgreich mit der Plastikzange erfaßt habe, schießt aus der Umklammerung und landet auf dem Boden. Durch die Marmelade, die aus den aufgeplatzten Seiten hervorquillt, erinnert das Ganze an einen Selbstmörder.
»Ach du lieber Himmel«, schnurrt Larry. »Jetzt sieh dir nur an, was wir da angerichtet haben. Aber mach dir nichts daraus, es wird schon jemand wegwischen. Wann soll ich dich heute abend abholen?«
»Wie
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